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Grenzüberschreitende Spaltung und Formwechsel sind nun innerhalb der EU und EFTA möglich

Grenzüberschreitende Spaltung und Formwechsel sind nun innerhalb der EU und EFTA möglich

Der deutsche Gesetzgeber hat mit Wirkung zum 01.03.2023 das deutsche Umwandlungsgesetz (UmwG) um neue Regelungen zur grenzüberschreitenden Spaltung (§§ 320–332 UmwG) und zum grenzüberschreitenden Formwechsel (§§ 333–345 UmwG) ergänzt.

Damit wurde die sogenannte Umwandlungsrichtlinie der EU (Richtlinie (EU) 2019/2121) im deutschen Recht umgesetzt. Dies ist ein Element, um die in den EU-Verträgen garantierte Niederlassungsfreiheit für EU-Kapitalgesellschaften rechtlich zu verankern.

Grenzüberschreitende Verschmelzung gibt es schon seit 2007

Bereits seit 2007 gibt es im deutschen Recht Regelungen über die grenzüberschreitende Verschmelzung. Danach kann z.B. eine deutsche Kapitalgesellschaft (GmbH; AG) auf eine österreichische GmbH verschmolzen werden, sodass die deutsche Kapitalgesellschaft erlischt und sämtliche Vermögensgegenstände und Arbeitnehmer der deutschen Kapitalgesellschaft im Wege der sogenannten „Gesamtrechtsnachfolge“ auf die österreichische GmbH übergehen.

Als Gegenleistung erhalten die Gesellschafter der deutschen Kapitalgesellschaft Anteile an der österreichischen GmbH. So kann z.B. der gesamte Geschäftsbetrieb einer deutschen GmbH auf eine Schwestergesellschaft in einem anderen EU-Staat übertragen werden und diese Schwestergesellschaft führt dann das Geschäft der deutschen Gesellschaft fort.

Was ist die Gesamtrechtsnachfolge?

Gesamtrechtsnachfolge bedeutet, dass sämtliche Vermögensgegenstände als Gesamtheit übergehen und anders als z.B. bei der Übertragung von einzelnen Vermögensgegenständen per Einzelrechtsnachfolge (wie z.B. beim Erwerb eines Unternehmens per „Asset Deal“, also Kauf der Wirtschaftsgüter). Das hat aus Sicht der beteiligten Gesellschaften insbesondere den Vorteil, dass die Übertragung von Verträgen (und damit auch Kundenbeziehungen oder Arbeitsverhältnisse) ohne Zustimmung der anderen Vertragsparteien (also auch ohne Zustimmung der Kunden oder Arbeitnehmer) möglich ist.

Die Regelungen über die grenzüberschreitende Verschmelzung waren bisher in §§ 112a–122m UmwG enthalten. Nun sind sie mit einigen Änderungen in den neuen §§ 305–319 UmwG übernommen worden.

Bisher gab es gesetzliche Regelungen nur zur innerdeutschen Spaltung (z.B. aus einer deutschen GmbH entstehen durch Spaltung zwei deutsche GmbHs) und zum innerdeutschen Formwechsel (z.B. deutsche GmbH wird durch Formwechsel in deutsche AG umgewandelt).

Neu ist die grenzüberschreitende Spaltung

Neu ist nun, dass auch eine grenzüberschreitende Spaltung zur Neugründung neuer Gesellschaften (und mit Einschränkungen auch zur Aufnahme durch bestehende Gesellschaften) nach den §§ 320–332 UmwG möglich ist. Es ist also z.B. möglich, einen Teil des Vermögens einer deutschen GmbH oder Aktiengesellschaft, z.B. einen kompletten Geschäftsbereich u.a. mit allen Verträgen und Arbeitnehmern, auf eine dadurch neu entstehende Gesellschaft im EU-Ausland gegen Anteile an dieser Gesellschaft zu übertragen. Auch hierbei findet hinsichtlich des übertragenen Vermögensteils, also z.B. des übertragenen Geschäftsbereichs, eine Gesamtrechtnachfolge mit den o.g. Vorteilen statt. Auch die grenzüberschreitende Spaltung kann so erfolgen, dass sämtliche Vermögensteile der übertragenden Gesellschaft auf mehrere Gesellschaften übertragen werden und die übertragende Gesellschaft erlischt (Aufspaltung) oder so, dass die übertragende Gesellschaft mit dem verbleibenden Vermögensteil fortbesteht (Abspaltung und Ausgliederung). Es ist auch eine Spaltung auf mehrere Gesellschaften, auch in verschiedenen EU-Ländern, möglich.

Nun auch grenzüberschreitender Formwechsel möglich

Die andere neue Umwandlungsvariante ist der grenzüberschreitende Formwechsel nach den §§ 333–345 UmwG. Danach kann eine deutsche Kapitalgesellschaft (GmbH, AG oder KGaA) in eine ausländische Kapitalgesellschaft „formgewechselt“ werden. Dabei wird z.B. aus einer deutschen GmbH unter Wahrung der rechtlichen Identität eine niederländische NV (Aktiengesellschaft). Es findet also keine Vermögensübertragung statt, sondern die juristische Person wechselt quasi nur ihr gesellschaftsrechtliches Kleid.

Mit dem Formwechsel kann auch der Umzug des tatsächlichen Sitzes der Gesellschaft in das Land der neuen Gesellschaftsform einhergehen, dieser kann aber auch in dem bisherigen Land verbleiben. Es kann also bei dem Formwechsel von Deutschland ins EU-Ausland zukünftig die ausländische Rechtsform für eine Tätigkeit mit Verwaltungssitz und operativen Sitz in Deutschland verwendet werden, also lediglich der gesellschaftsrechtliche Sitz (sog. „Satzungssitz“) wandert in das EU-Ausland.

Die möglichen Motive für die Durchführung einer grenzüberschreitenden Verschmelzung, Spaltung oder eines grenzüberschreitenden Formwechsels können vielfältig sein. Sie können

  • der Vereinheitlichung der Konzernstruktur,
  • dem Rückzug aus einem Markt oder der Neuerschließung eine Marktes,
  • einem ausländischen Börsengang,
  • dem besseren Zugang zu ausländischen Investoren,
  • der Trennung von Gesellschaftergruppen oder
  • der Wahl einer vorteilhafteren Rechtsordnung

dienen. Grund kann auch die Konzernrestrukturierung zur Vorbereitung oder im Nachgang einer M&A-Transaktion sein.

Grenzüberschreitende Umwandlungen sind aus Deutschland heraus und nach Deutschland herein möglich

Die vorgenannten Vorgänge sind nach der Gesetzesänderung auch in entgegengesetzter Richtung möglich, es ist

  • eine Hereinverschmelzung,
  • die Spaltung einer ausländischen Gesellschaft zur Gründung einer deutschen Gesellschaft möglich oder
  • der „Hereinformwechsel“ einer ausländischen Kapitalgesellschaft in eine deutsche Kapitalgesellschaft.

Zum Beispiel kann eine dänische ApS (dänische Gesellschaftsform vergleichbar mit der deutschen GmbH) ihren Satzungs- und Verwaltungssitz von Dänemark nach Deutschland verlegen und identitätswahrend in eine deutsche GmbH umgewandelt werden.

Deutsches Umwandlungsgesetz nur für deutsche Gesellschaften

Die vorgenannten (neuen) Regelungen des deutschen Umwandlungsgesetzes gelten für die deutschen Gesellschaften, die an grenzüberschreitenden Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechseln beteiligt sind. Für die beteiligten ausländischen Gesellschaften gelten die korrespondierenden Regelungen des anwendbaren ausländischen Rechts. Denn bei grenzüberschreitenden Umwandlungsvorgängen finden immer die Rechte der beteiligten EU-Länder parallel Anwendung.

Das heißt, für die neu eingeführte grenzüberschreitende Spaltung und den Formwechsel ist es erforderlich, dass die anderen involvierten EU-Länder ebenfalls bereits die Regelungen der Umwandlungsrichtlinie umgesetzt haben. Ohne klare Rechtsregelungen geht es nicht.

Genauso wie Deutschland mit der Implementierung der Umwandlungsrichtlinie in deutsches Recht das dafür gesetzte Fristende am 31.01.2023 etwas überschritten hat, haben auch manch andere EU-Länder die Umwandlungsrichtlinie noch nicht in ihr nationales Recht umgesetzt.

Die vorgenannten Ausführungen beziehen sich der Einfachheit halber auf die EU-Länder. Die genannten grenzüberschreitenden Umwandlungen sind jedoch auch unter Beteiligung der EFTA-Staaten (Island, Liechtenstein und Norwegen) möglich, für die die genannten Regelungen auch gelten.

Wir beraten Unternehmen bei grenzüberschreitenden Formwechseln und Spaltungen

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Internationales Wirtschaftsrecht

Phillipp von Raven

Rechtsanwalt Phillipp von Raven ist auf die Bereiche Gesellschaftsrecht und M&A/Unternehmenskauf sowie internationales Wirtschaftsrecht und allgemeines, insbesondere auch grenzüberschreitendes Handelsrecht spezialisiert.

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