Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 17.04.2024 (XI R 13/21) entschieden, dass die Landeszuweisung, die eine Gemeinde für die Errichtung einer Anlegebrücke erhalten hat, umsatzsteuerrechtlich kein Entgelt von dritter Seite darstellt.
Zuweisungen für Anlegebrücke umsatzsteuerpflichtig?
Eine Gemeinde erhielt eine Landeszuweisung für die Errichtung einer Anlegebrücke, die sie anschließend an ein Fährunternehmen verpachtete. Zusätzlich bekam die Gemeinde eine Kreiszuweisung für die Errichtung der Anlegebrücke. Das Finanzamt behandelte beide Zuweisungen als umsatzsteuerpflichtige Entgelte, wogegen die Gemeinde Klage erhob.
Der BFH bestätigte zunächst die Auffassung des Finanzgerichts (Vorinstanz: FG Schleswig-Holstein vom 24.11.2020, 4 K 32/18), dass die Gemeinde als Unternehmerin im Sinne des Umsatzsteuergesetzes tätig war und steuerbare Umsätze ausgeführt hat. Dazu gehörten die Verpachtung der Anlegebrücke an ein Fährunternehmen sowie die Errichtung der Anlegebrücke zum Zweck der Vermietung, wofür die Gemeinde eine Kreiszuweisung als Gegenleistung erhalten hatte.
Bedeutung und Arten von Zuschüssen
Nicht jede Zahlung, die Zuschuss, Zuwendung, Beihilfe oder Prämie genannt wird, gilt umsatzsteuerrechtlich als Zuschuss. Diese Zahlungen sind in folgende drei Gruppen zu untergliedern:
- Entgelt für eine Leistung an den Zuschussgeber
- (Zusätzliches) Entgelt eines Dritten
- Echter Zuschuss
Ein Zuschuss ist ein Vermögensvorteil, den ein Zuschussgeber dem Zuschussempfänger zur Förderung eines – zumindest auch – in seinem Interesse liegenden Zwecks zuwendet. Ein sog. echter Zuschuss liegt vor, wenn die Zahlung nicht auf einem Leistungsaustauschverhältnis beruht. Dies ist der Fall, wenn die Zahlung unabhängig von einer bestimmten Leistung gewährt wird, etwa um den Empfänger allgemein zu fördern oder ihm die Erfüllung seiner Aufgaben zu ermöglichen. Echte Zuschüsse werden oft aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder allgemeinpolitischen Gründen gewährt. Sie knüpfen nicht an bestimmte Umsätze an und dienen nicht der Subventionierung von Preisen zugunsten von Abnehmern. Typische Beispiele sind Förderungen in der Landwirtschaft, Zuschüsse zu Löhnen oder Ausbildungsvergütungen sowie Zuwendungen aus öffentlichen Kassen, die ausschließlich auf Grundlage des Haushaltsrechts vergeben werden. Entscheidend für die Einordnung als echter Zuschuss ist, dass der Zahlungsempfänger keine spezifische Gegenleistung erbringt und die Zahlung primär seiner eigenen Förderung dient.
Im Gegensatz dazu, wird ein sog. unechter Zuschuss angenommen, wenn ein tatsächlicher Leistungsaustausch besteht. Der Zahlende ist Leistungsempfänger, wenn er für seine Zahlung eine Leistung vom Zahlungsempfänger erhält. Folglich wird die Zahlung für eine bestimmte Gegenleistung erbracht und stellt somit Entgelt für die Leistung eines Zuschussgebers dar (A 10.2 Abs. 1 Nr. 1 UStAE). Im Gegensatz zu echten Zuschüssen sind unechte Zuschüsse grundsätzlich umsatzsteuerbar.
Ein Entgelt eines Dritten liegt vor, wenn der leistende Unternehmer (Zahlungsempfänger) von einem anderen als dem Leistungsempfänger eine Zahlung für die Lieferung oder sonstige Leistung erhält. Dies ist typischerweise der Fall, wenn kein unmittelbarer Leistungsaustausch zwischen dem Zahlungsempfänger und dem zahlenden Dritten besteht.
Ein zusätzliches Entgelt wird angenommen, wenn der Leistungsempfänger einen Rechtsanspruch auf die Zahlung hat oder diese im Interesse des Leistungsempfängers gewährt wird. Entscheidend ist, dass der Zuschuss dem Abnehmer zugutekommt, für eine bestimmte Leistung gezahlt wird und mit dem Recht des Zahlungsempfängers auf Auszahlung bei Bewirken eines steuerbaren Umsatzes einhergeht (A 10.2 Abs. 3 UStAE). Solche Zahlungen gehören zum steuerpflichtigen Entgelt, auch wenn sie als „Zuschuss“ bezeichnet werden. Bei der Würdigung ist zu prüfen, ob die Zahlung preisauffüllenden Charakter hat, also das Entgelt auf die erforderliche Höhe bringt und dadurch den Leistungsaustausch sichert oder erleichtert.
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Entgelte von Dritten liegen auch vor, wenn der Zahlungsempfänger pauschaliert das erhalten soll, was ihm vom Leistungsempfänger zustünde, wobei eine vollständige Kostendeckung nicht erforderlich ist (A 10.2 Abs. 5 UStAE). Die umsatzsteuerliche Behandlung solcher Zahlungen als Teil des steuerpflichtigen Entgelts dient der korrekten Erfassung des Wertes der Leistung und der Sicherstellung der Besteuerung des tatsächlichen wirtschaftlichen Vorgangs.
Landeszuweisungen kein Entgelt
Hinsichtlich der Landeszuweisung kam der BFH jedoch zu dem Schluss, dass diese kein Entgelt für eine Leistung der Gemeinde darstellte. Der BFH begründete dies damit, dass die landeseigene Gesellschaft, die die Zuweisung gewährte, keine Leistung von der Gemeinde bezogen hatte. Sie war insbesondere nicht Aufgabenträgerin des öffentlichen Personennahverkehrs und hatte der Gemeinde keine Aufgabe übertragen.
Auch als Entgelt von dritter Seite für eine Leistung der Gemeinde an den Kreis qualifizierte der BFH die Landeszuweisung nicht. Er verwies darauf, dass die Zuweisung vorrangig der allgemeinen Förderung aus strukturpolitischen Gründen diente und die Verbindung zwischen der Errichtung der Anlegebrücke und der Zahlung lediglich eine technische Anknüpfung darstellte. Die landeseigene Gesellschaft fungierte dabei als Institution, die zweckgebundene Haushaltsmittel durchleitete, ohne ein wesentliches eigenes Interesse zu verfolgen oder vorrangig die Förderung des Kreises zu bezwecken.
Somit würdigte der BFH die Landeszuweisung umsatzsteuerrechtlich als echten, nicht steuerbaren Zuschuss und nicht als Entgelt für eine Leistung der Gemeinde.
Vorsteuerabzug nur bei steuerpflichtigen Umsätzen
Bei der Umsatzsteuer soll der Endverbraucher besteuert werden und damit grundsätzlich nicht die (Zwischen-)Unternehmer. Daher bekommt der Unternehmer die ihm von Lieferanten und Dienstleistern in Rechnung gestellte Umsatzsteuer (sog. Vorsteuer) vom Finanzamt erstattet, soweit er selber steuerbare und steuerpflichtige Leistungen an seine Kunden erbringt.
Der Vorsteueranspruch wird aber versagt, wenn der Unternehmer die Leistung für nicht steuerbare oder steuerfreie Ausgangsumsätze verwendet, da der Unternehmer dann insoweit als Endverbraucher gewertet wird.
BFH bestätigt vollen Vorsteuerabzug der Baukosten der Brücke
Der BFH führte weiter aus, dass der dauerdefizitäre Betrieb der Brücke nichts daran ändere, dass die Gemeinde im gegebenen Fall als Unternehmerin tätig geworden sei. Für den Abzug der Vorsteuer sei auch unschädlich, dass die Anlegerbrücke kostenlos durch die Bürger der Gemeinde betreten werden konnten. Es handele sich dabei um einen bloßen möglichen Vorteil für die Allgemeinheit. Als solcher sei er für den Vorsteuerabzug praktisch bedeutungslos. Der Gemeinde stehe somit der volle Vorsteuerabzug zu.
Nicht steuerbare Zuschüsse beeinflussen die Vorsteuerabzugsquote nicht
Der Umstand, dass die Gemeinde den Bau der Anlegerbrücke teilweise durch Zuschüsse finanziert hat, sei für den Vorsteuerabzug vorliegend nicht bedeutsam. Der Grund dafür sei, dass bei Eingangsleistungen, die ausschließlich in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen stehen, die Art der Finanzierung, durch Einnahmen oder durch Zuschüsse ohne Bedeutung für das Recht auf Vorsteuerabzug sei.
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BFH, Urteil v. 17.04.2024, XI R 13/21
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