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Weisungsbefugnis der Mitgliederversammlung gegenüber dem Vorstand

Die Welt des Fußballs hat auch eine sehr rechtliche Seite: Bei Hannover 96 stellte sich kürzlich die Frage, ob die Mitgliederversammlung den Vorstand davon abhalten kann, bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) eine Abweichung von der sog. 50+1 Regel für seine Profiabteilung zu beantragen. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle musste nun anhand der Satzung entscheiden, ob sich der Vorstand dem Willen der Mitglieder beugen muss.

Profi-Fußball in Wirtschaftsform

Viele der in der Fußball-Bundesliga vertretenen Mannschaften sind nicht in Vereinsform organisiert, sondern halten als Kapitalgesellschaften eine Lizenz der DFL. Beispielhaft seien etwa die FC Bayern München AG oder die Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA genannt, die jeweils (wie auch die meisten anderen Bundesligamannschaften) aus ihren Vereinen ausgegliedert wurden. Notwendig ist dies unter anderem deswegen, weil ein Verein keine wirtschaftliche Haupttätigkeit entfalten darf, Profiabteilungen jedoch in hohem Maße wirtschaftlicher Natur sind (vgl. z.B. den kürzlich erfolgten 222-Millionen-Transfer des Spielers Neymar von Barcelona zu Paris Saint-Germain).

50+1 Regel der DFL

Die Ausgliederung einer Profiabteilung erfolgt durch den Verein selbst, so dass dieser Anteile am entstandenen Fußball-Unternehmen erhält. Es ist hierbei auch möglich, andere Gesellschafter als den Verein zu beteiligen, etwa um die Finanzkraft der Profiabteilung zu erhöhen. Um den Einfluss der Sportvereine im deutschen Fußballbetrieb zu erhalten, verlangt die DFL in ihrer „50+1 Regel“ jedoch, dass der ausgliedernde Verein die Stimmenmehrheit an der Gesellschaft hält, also 50 Prozent + 1 Stimme. Hiervon kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn ein einzelner Investor den Mutterverein seit mehr als 20 Jahren ununterbrochen und erheblich gefördert hat. Diese Ausnahmeregelung wird derzeit auf einzelne Mannschaften wie etwa Bayer 04 Leverkusen angewandt.

Ausnahmeregelung (auch) für Hannover 96?

Bei Hannover 96 wurde die Profiabteilung ebenfalls ausgelagert. Der Hannoversche Sportverein von 1896 e.V. (so der exakte Vereinsname) hält 100% der Anteile an der Hannover 96 Management GmbH, die ihrerseits persönlich haftende Gesellschafterin einer GmbH & Co. KGaA ist. Diese wiederum ist Lizenznehmerin der DFL und verantwortet sowohl die Lizenzspielerabteilung als auch das Nachwuchsleistungszentrum. Anteile an der KGaA sollen nun an einen langjährigen Förderer von Hannover 96 verkauft werden, der hierdurch die Stimmmehrheit erhalten würde. Der Vorstand wollte hierfür die Prüfung der erforderlichen Ausnahmeregelung bei der DFL beantragen.

Unterbindung durch Mitgliederversammlung?

Hiergegen formierte sich jedoch Widerstand unter den Vereinsmitgliedern. Da die Vereinssatzung sämtliche sportlichen und wirtschaftlichen Fragen dem Vorstand zuwies, sollte eine entsprechende Satzungsänderung beschlossen werden. Diese scheiterte jedoch an der erforderlichen 2/3 Mehrheit. Anschließend wurde in der Mitgliederversammlung wirksam der Beschluss gefasst, der Vorstand dürfe einen Antrag auf die Anwendung der Ausnahmeregel nur unter bestimmten (weiter bezeichneten) Bedingungen stellen. Entgegen dieses Beschlusses entschied der Vorstand im Nachgang, den Verkauf der Anteile weiter voranzutreiben und den entsprechenden Antrag bei der DFL zu stellen.

Satzungsregelung für Entscheidungsbefugnis bedeutsam!

Das OLG Celle musste nun im einstweiligen Rechtsschutz prüfen, ob dem Vorstand entsprechende Handlungen aufgrund eines Verstoßes gegen den Beschluss der Mitgliederversammlung untersagt werden können. Aufgrund der klaren Satzungsregelung entschied es jedoch gegen das klagende Mitglied. Laut Satzung entscheidet der Vorstand über alle „ideellen, sportlichen, wirtschaftlichen und strategischen Belange“. Der Antrag auf Anwendung der Ausnahmeregelung sei hiervon erfasst. Die Mitgliederversammlung sei für solche Angelegenheiten daher nicht zuständig; sie könne dem Vorstand mithin auch keine Weisungen in diesen Bereichen erteilen.

Vereinsrecht anzuwenden

Bei aller gesellschaftlichen Bedeutsamkeit des Fußballsports und der zunehmenden Einflussnahme auf den Fußball durch wirtschaftliche Interessen sollte nicht aus dem Blick geraten, dass es sich zumindest bei den eigentlichen Kernorganisationen weiterhin um Vereine handelt, auf die das reguläre Vereinsrecht anzuwenden ist. Dies erkannten auch die Mitglieder von Hannover 96 und versuchten, die ihnen verbleibenden Mittel gegen den wachsenden Einfluss von Investoren einzusetzen. Doch ist, wie bei allen Vereinen, die Satzung das maßgebende Regelwerk. Soweit sie dem Vorstand Angelegenheiten zur alleinigen Entscheidung überträgt, können die Mitglieder hiergegen nichts aussetzen.

Sie haben Fragen zum Thema wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Verein? Unsere spezialisierten Anwälte beraten Sie gern.

OLG Celle, Beschluss v. 28.08.2017, Az. 20 W 18/17

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Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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