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Wahlfehler vermeiden: Was Vereine aus der Wahl in Berlin lernen können

Wahlfehler vermeiden: Was Vereine aus der Wahl in Berlin lernen können

Stundenlanges Anstehen, zu wenig Wahlzettel und außerplanmäßige Öffnungszeiten der Wahllokale: Diese Schlagzeilen erreichten uns im September 2021 über die Wahl in Berlin. Nun hat der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin (VerfGH) die Wahl für ungültig erklärt. Welche Wahlfehler der VerfGH festgestellt hat und was Vereine aus diesen Fehlern lernen können, erfahren Sie in diesem Text.

Welche Wahlen sind betroffen?

Für ungültig erklärt hat der VerfGH die Wahl vom 26.09.2021 zum 19. Berliner Abgeordnetenhaus und zu den zwölf Berliner Bezirksverordnetenversammlungen. Bei den Wahlen zu diesen Gremien sei in mehrfacher Hinsicht gegen die in der Berliner Verfassung niedergelegten Wahlgrundsätze verstoßen worden. Die zeitgleich stattfindende Bundestagswahl in Berlin kann nicht durch den VerfGH in Berlin überprüft werden. Es findet diesbezügliche eine gesonderte Prüfung in einem eigenen Verfahren auf Bundesebene statt.

Die Entscheidung des VerfGH beruht auf der Anfechtung der Wahl durch verschiedene Akteure – unter ihnen die Landeswahlleitung, die Senatsverwaltung für Inneres, Digitalisierung und Sport sowie der Parteien AfD und Die Partei. Die Akteure hatten die Wahl jeweils in unterschiedlichem Umfang angefochten. Der VerfGH kam aber zur Überzeugung, dass die Wahl in ihrer Gesamtheit für ungültig erklärt werden müsse, um den verfassungsrechtlichen Standards gerecht zu werden.

Fehler in der Vorbereitung

Als Ursache weiterer Fehler wertete der VerfGH Fehler in der Vorbereitung der Wahl. So wurde statt mit durchschnittlich 1.085 Wahlberechtigten pro Wahllokal nur mit durchschnittlich 472 Wahlberechtigten in Präsenz kalkuliert. Dies führte zu der Überfüllung von Wahllokalen und letztendlich auch dazu, dass eine ordnungsgemäße Wahl nicht mehr gewährleistet werden konnte. Damit hätten nur 40% der Wahlberechtigten die Möglichkeit gehabt, in Präsenz zu wählen. Auf die Wahl in Präsenz habe aber jeder Wahlberechtigte einen verfassungsmäßigen Anspruch.

Unterschied zu Wahlen im Verein

Hier liegt ein großer Unterschied zu Wahlen im Verein. Wie die Wahlen durchgeführt werden, richtet sich nach der Vereinssatzung. Ein Anspruch auf eine Wahl in Präsenz besteht nur dann, wenn diese als einzige Wahl Form in der Satzung festgehalten ist.

Achtung: Die Durchführung einer virtuellen Versammlung ist derzeit nur mit einer entsprechenden Satzungsregel möglich. Die Ausnahmeregelung, welche über die Zeit der Coronapandemie eine virtuelle Versammlung ohne Satzungsregel ermöglicht hat, ist am 31.08.2022 ausgelaufen. Ein Gesetz zur Verstetigung der virtuellen Mitgliederversammlung ist zwar in Planung, aber noch nicht beschlossen.

Vertauschte Stimmzettel

Zudem wurden im Vorfeld der Wahl Stimmzettel vertauscht, sodass in verschiedenen Wahllokalen Stimmzettel von anderen Wahllokalen ausgehändigt wurden. Die auf diesen Stimmzetteln abgegebenen Stimmen sind laut dem VerfGH ungültig. Die Wähler, welche auf diesen Stimmzetteln gewählt haben, sind also faktisch von der Wahl ausgeschlossen worden.

Dieser Fehler sollte auch bei einer Vereinswahl nicht passieren. So sollte sichergestellt werden, dass die richtigen Stimmzettel ausgegeben werden. Bei Wahlen im virtuellen Raum lassen sich Verwirrungen dieser Art durch passende Tools verhindern.

Wahl nach 18 Uhr

Ein weiterer Fehler lag in der Öffnung der Wahllokale nach 18 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt habe es bereits erste Hochrechnungen auf Grundlage von Nachwahlbefragungen gegeben und ein Kopf an Kopf Rennen habe sich abgezeichnet. Durch die Wahl nach den Prognosen seien die Bürger und Bürgerinnen in ihren verfassungsrechtlich garantierten Rechten zur Teilnahme am demokratischen Willensbildungsprozess verletzt.

Dieser Wahlfehler lässt sich nicht eins zu eins auf eine Wahl im Verein übertragen. Grundsätzlich sind Vereinswahlen nicht geheim. Das heißt, es kann zum Beispiel durch Handzeichen abgestimmt werden. Dabei kann der einzelne Wahlberechtigte sehen, wie die anderen abstimmen. Diese Situation ist auch bei offenen, virtuellen Abstimmungen herzustellen. Wenn in der Satzung eine geheime Wahl vorgesehen ist oder eine solche beantragt und angenommen wird, dann ist bei frühzeitigen Hochrechnungen Vorsicht walten zu lassen. Insbesondere sollte der Versammlungsleiter das Ende der Abstimmung festlegen und durchsetzen. Dies gilt gerade dann, wenn vorher auch schriftlich abgestimmt werden konnte.

Gute Vorbereitung ist das A und O

Wahlen im Verein sollten zur Vermeidung von Wahlfehlern gut vorbereitet werden. Verlassen Sie sich dabei auf unsere Experten im Vereinsrecht und profitieren Sie von unserem Rund-um-sorglos Paket für Mitgliederversammlungen.

VerfGH Berlin, Urteil v. 16.11.2022, VerfGH 154/2

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Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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