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Wie können sich Vereinsvorstände vor Abberufungen schützen?

Wie können sich Vereinsvorstände vor Abberufungen schützen?

Eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) verdeutlicht erneut, wie einfach die vorzeitige Abberufung eines Vereinsvorstandes ist, wenn die Satzung keine vom Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) abweichende Regelung enthält. Denn laut BGB ist eine Abberufung jederzeit ohne besondere Gründe möglich.

Unzufriedene Mitglieder möchten sich vom Vorstand trennen

In dem Fall vor dem BGH ging es um einen Vereinsvorstand, der sich gegen seine Abberufung durch die Mitgliederversammlung wehren wollte. Der Vorstand lag bereits seit einiger Zeit mit seinen Mitgliedern im Clinch: So verweigerte er etwa die Einberufung einer Mitgliederversammlung, auf der er abberufen werden sollte, obwohl die Mehrheit der Mitglieder dies gefordert hatte. Die Mitglieder ließen sich dieses Vorgehen nicht gefallen und wendeten sich ans Amtsgericht, das sie nach § 37 Abs. 2 BGB dazu ermächtigte, selbst eine Mitgliederversammlung einzuberufen. 

Zwei parallele Mitgliederversammlungen 

Der Vorstand versuchte dieses Vorhaben zu untergraben, indem er eine parallele Mitgliederversammlung einberief, auf der die „rebellierenden“ Mitglieder aus dem Verein ausgeschlossen wurden. Gleichzeitig stimmten jedoch die unzufriedenen Mitglieder auf der von ihnen selbst einberufenen Mitgliederversammlung für die Abberufung des Vorstandes. Aus Sicht der Mitglieder war dieses Vorgehen zulässig, da die entsprechende Satzungsregelung an § 27 Abs. 2 BGB orientiert war, wonach die vorzeitige Abberufung des Vorstands jederzeit mit einer einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen möglich ist. Der Vorstand wollte seine Abberufung jedoch nicht akzeptieren und wies darauf hin, dass der Abberufungsbeschluss nichtig sei, da die Mitglieder bereits vorher aus dem Verein ausgeschlossen wurden.

Kein Erfolg für den Vorstand vor den Gerichten 

Die Gerichte mussten nun klären, welcher Beschluss wirksam war und welcher nicht. Sie entschieden, dass der Vorstand wirksam abberufen wurde und er somit seinen Posten räumen müsse. Der Grund: Der Beschluss, wonach die unzufriedenen Mitglieder aus dem Verein ausgeschlossen werden sollten, sei nichtig. Denn der Vorstand habe bei der Einberufung dieser Versammlung die nach der Satzung notwendige Einberufungsfrist nicht eingehalten. Dagegen haben die unzufriedenen Mitglieder alle nötigen Satzungsregelungen und Formvorschriften beachtet, sodass ihr Beschluss wirksam sei. Die Abberufung des Vorstands war nach der gesetzlichen Regelung jederzeit möglich, ohne dass ein wichtiger Grund für die Abberufung, wie z.B. eine grobe Pflichtverletzung oder die Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung, hätte vorliegen müssen.

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Fehler des Vereinsvorstands hat teure Folgen

Wir halten die Entscheidung des BGH für richtig. Er hat zu Recht entschieden, dass die Abberufung des Vorstands satzungsgemäß erfolgt und der Beschluss über den Ausschluss der unzufriedenen Mitglieder nichtig ist. Indem der Vereinsvorstand die notwendige Einberufungsfrist laut der Satzung nicht einhielt, hat er einen fundamentalen Fehler begangen, der ihm nun – zu Recht – teuer zu stehen kommt. Bei Einhaltung der Formvorschriften wäre der Fall allerdings noch interessanter geworden: Hätte der Vorstand dann tatsächlich die ihm unliebsamen Mitglieder aus dem Verein ausschließen können, ehe diese den Vorstand abberufen konnten?

 

Rechtssichere und einwandfrei gestaltete Satzung essenziell

Dieser Fall zeigt erneut wie wichtig eine rechtssichere und einwandfrei gestaltete Satzung ist. Für eine erfolgreiche Vereinsarbeit reicht es nicht aus, lediglich die gesetzlichen Regelungen zu übernehmen bzw. mangels abweichender Regelung gelten zu lassen, sondern es bedarf einer Satzung, die individuell auf die Bedürfnisse des Vereins und seiner Organe abgestimmt ist. Auf den ersten Blick liegt es nahe, eine Satzungsregelung aufzunehmen, die eine Abberufung nur aus wichtigem Grund zulässt. Davon würde jedoch nur der Vereinsvorstand profitieren, der sich seiner Position sicher sein kann, während sich die Mitglieder mit solch einer Satzungsregelung nur in seltenen Fällen von einem unqualifizierten Vorstand trennen können. 

Andererseits werden es Vereine, die sich am BGB orientieren, sehr schwierig haben, qualifizierte Vereinsvorstände für sich gewinnen zu können. Denn jeder gute Vereinsvorstand wird ein gewisses Maß an Sicherheit verlangen – insbesondere, wenn das Amt vergütet wird. Eine gute Satzung muss daher in der Lage sein, den unterschiedlichen Interessen des Vorstandes und der Mitglieder gleichermaßen gerecht zu werden. Als Lösung bietet es sich etwa an, eine Satzungsregelung aufzunehmen, wonach eine vorzeitige Abberufung des Vorstands ohne wichtigen Grund nur mit einer qualifizierten Mehrheit möglich ist. Dadurch wird einerseits die Hürde für die vorzeitige Abberufung des Vorstandes erhöht, was das Sicherheitsbedürfnis des Vorstands befriedigt, andererseits behält der Verein ein gewisses Maß an Flexibilität, um sich im Zweifel schnell von einem unpassenden Vereinsvorstand trennen zu können.

BGH, Beschluss v. 11.05.2021 – II ZB 32/20

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Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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