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Vereinsreform: Wird der wirtschaftliche Verein überhaupt gebraucht?

Das derzeit laufende Gesetzgebungsverfahren „zur Erleichterung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement“ erfährt weitere Kritik von Anwälten und Notaren. Auch die BGH-Entscheidung vom 16.05.2017 in Sachen Kita-Vereine wird sich auf das weitere Verfahren auswirken.

Entwurf der Rechtsfähigkeitsverleihungsverordnung (RVV)

Wesentlicher Reformpunkt im Vereinsrecht ist die Ermächtigung des Justizministeriums, durch Erlass einer Verordnung Voraussetzungen zu schaffen, unter denen ein Verein mit wirtschaftlichem Hauptzweck die Rechtsfähigkeit durch die zuständige Landesbehörde verliehen bekommen soll (vgl. § 22 II BGB-E). Mittlerweile liegt ein Entwurf der entsprechenden RVV vor und bietet Gelegenheit, sich ein genaueres Bild über die mögliche Reichweite der Gesetzesänderung zu machen. Im Kern sieht die Verordnung eine Verleihung dann vor, wenn sich die Tätigkeit des fraglichen Vereins auf einen Landkreis oder eine Gemeinde beschränkt und der Verein keinen höheren jährlichen Umsatz als 600.000 Euro bzw. einen Gewinn von nicht mehr als 60.000 Euro erzielt.

Kritik an der RVV

Neben den allgemeinen Bedenken zum Gesetzesentwurf (vgl. hierzu Fein/Vielwerth, ZStV 2017, 81) bietet vor allem die entworfene RVV Grund für Kritik. So vermissen sowohl der Deutsche Anwaltverein als auch der Deutsche Notarverein Publizitätspflichten, wie sie nicht nur bei Handels- und Kapitalgesellschaften, sondern in Form des Vereinsregisters sogar beim eingetragenen Verein üblich sind. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege bemängelt zudem das in der RVV enthaltene Kriterium, dass ein der Vereinstätigkeit entsprechendes erwerbswirtschaftliches Angebot vor Ort nicht in ausreichendem Umfang bestehen dürfe; so würden etwa über den Bedarf hinausgehende, aber mit besonderer pädagogischer Ausrichtung agierende Kindertagesstätten verhindert werden.

Der Deutsche Anwaltverein bezweifelt daneben insgesamt, dass es überhaupt der Neuregelung des wirtschaftlichen Vereins bedarf. So könne die wirtschaftliche Betätigung z.B. auch durch eine GmbH erfolgen, deren Anteile durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gehalten werden. In dieser seien auch Mitgliederwechsel unkompliziert möglich.

Einfluss der BGH-Entscheidung

Während der öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses im Bundestag wurden Bedenken hinsichtlich der Wechselwirkung der anstehenden BGH-Entscheidung in Sachen Berliner Kita-Vereine und einer gesetzgeberischen Neuregelung des wirtschaftlichen Vereins erhoben. So äußerte Professor Lars Leuschner Zweifel, ob denn die geplante Reform neben Dorfläden auch Kindertagesstätten helfen würde. Durch die gleich am Folgetag ergangene BGH-Entscheidung sind diese Bedenken allerdings vorerst zerstreut. Es zeichnet sich nun eher das Bild ab, dass gemeinnützige Vereine ihrer Wirtschaftstätigkeit nahezu immer in der Rechtsform des eingetragenen Vereins nachgehen können, wenn der Gesetzgeber sich nicht noch gegen den BGH stellt. Vor allem (lokal) tätige nicht-gemeinnützige Vereine (z.B. Dorfläden) mit tatsächlich wirtschaftlichem Zweck werden dann die „neue“ Rechtsform des wirtschaftlichen Vereins wählen müssen.

Nach den Beratungen der betreffenden Ausschüsse wird das Gesetzgebungsverfahren anschließend, ggf. mit Änderungen, erneut im Bundestag diskutiert werden. Nach der Vorstellung der Bundesregierung soll das Gesetzgebungsverfahren noch in dieser Legislaturperiode abgeschlossen werden.

Entwurf einer Rechtsfähigkeitsverleihungsverordnung (RVV) vom 15.03.2017
Stellungnahme des DAV vom 26.04.2017, Nr. 36/2017
Stellungnahme des DNotV vom 28.04.2017
Stellungnahme der BAGFW vom 27.04.2017
Stellungnahme Prof. Lars Leuschner vom 12.05.2017

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Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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