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Auch für Vereinsmitglieder AÜG-Erlaubnis erforderlich

Vereine müssen selbst dann eine Erlaubnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) haben, wenn sie keine Arbeitnehmer, sondern nur Vereinsmitglieder an Dritte überlassen – vorausgesetzt, die Vereinsmitgliedertätigkeit ist der von Arbeitnehmern ähnlich. Unwissenheit oder bewusstes Ignorieren der AÜG-Vorschriften können für Vereine und deren Verantwortliche schwerwiegende Konsequenzen haben.

Arbeitnehmerstatus nicht entscheidend

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden, dass Vereine einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung auch dann bedürfen, wenn sie einem Dritten Vereinsmitglieder überlassen. Der Status von Vereinsmitgliedern als Nicht-Arbeitnehmer sei für sich genommen nicht entscheidend dafür, ob das AÜG Anwendung finde. Laut dem EuGH schützt die EU-Richtlinie, auf die das AÜG zurückgeht, nicht nur Arbeitnehmer, sondern alle Personen im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses. Geschützt ist demnach jede Person, die eine Arbeitsleistung erbringt, d.h. jede Person, die während einer bestimmten Zeit für eine andere Person nach deren Weisung Leistungen tätigt, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält, und die aufgrund dieser Arbeitsleistung in dem betreffenden Mitgliedstaat geschützt ist.

Auf die rechtliche Einordnung des Beschäftigungsverhältnisses nach nationalem Recht komme es hingegen nicht an. Die Art der zwischen den beiden Personen bestehenden Rechtsbeziehung, also die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis besteht, und die Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses seien unerheblich. Daher könne auch eine reine Vereinsmitgliedertätigkeit vom AÜG erfasst sein.

Arbeitsleistung muss „geschützt“ sein

Unklar ist allerdings, was der EuGH unter einer „geschützten“ Arbeitsleistung versteht. Einerseits ist denkbar, dass er damit die typischen Arbeitnehmerschutzvorschriften vor Augen hat, wie beispielsweise das Bundesurlaubsgesetz oder das Arbeitszeitgesetz. Wenn Arbeitnehmerschutzvorschriften Anwendung finden, wäre danach der Anwendungsbereich der Richtlinie eröffnet. Das Problem dabei: Diese Vorschriften gelten zum Großteil nur für Arbeitnehmer.

Der EuGH würde bei dieser Auslegung also einem Zirkelschluss erliegen, wenn einerseits die Arbeitnehmereigenschaft für die Anwendung des AÜG nicht maßgeblich sein soll, aber andererseits eine geschützte Arbeitsleistung nur dann vorliegen soll, wenn der Beschäftigte Arbeitnehmer ist. Das kann der EuGH so nicht gemeint haben. Schließlich hat der EuGH selbst erkannt, dass die Vereinsmitglieder vorliegend gerade keine Arbeitnehmer waren. Auch eher unwahrscheinlich ist es, dass der EuGH unter einer „geschützten“ Arbeitsleistung eine Beziehung versteht, in der die Verpflichtungen zwischen Vereinsmitglied und Verein rechtlich durchsetzbar sind. Denn in jedem Rechtsstaat ist jeder Anspruch (von wenigen Ausnahmen abgesehen) rechtlich durchsetzbar. Vielmehr dürfte es dem EuGH wohl darauf ankommen, dass die Beschäftigten im Wesentlichen mit „echten“ Arbeitnehmern vergleichbar sein müssen. Es reicht dementsprechend aus, dass einige Arbeitnehmer(schutz)vorschriften auf sie Anwendung finden. Wie viele es sein müssen oder welcher Qualität sie sein müssen, ließ der EuGH freilich offen.

Beschäftigte waren Vereinsmitglieder ohne Arbeitsvertrag

Im vorliegenden Fall handelte es sich um Schwestern eines Vereins, der Mitglied im Verband der Schwesternschaften vom Deutschen Roten Kreuz e.V. ist. Die Schwestern waren wie Arbeitnehmer tätig und hatten vergleichbare Rechte, also beispielsweise einen Urlaubsanspruch, Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung bei Krankheit oder Unfall und erhielten eine Anwartschaft auf ein zusätzliches Ruhegeld. Für ihre Tätigkeit erhielten sie eine monatliche Vergütung. Allerdings hatten sie keinen Arbeitsvertrag, sondern waren allein aufgrund ihrer vereinsrechtlichen Verpflichtungen tätig geworden. Der EuGH überließ die Beantwortung der Frage, ob ihre Arbeitsleistung „geschützt“ ist, dem Bundesarbeitsgericht. Die Annahme, dass die Schwestern eine geschützte Arbeitsleistung erbrachten, lag für den EuGH allerdings nahe.

Verstöße gegen AÜG-Vorschriften sind kein Kavaliersdelikt

Das Recht der Arbeitnehmerüberlassung ist mittlerweile ein Dauerbrenner im Nonprofit-Sektor. Betroffene Körperschaften sollten daher unbedingt darauf achten, dass sie im Besitz einer AÜG-Erlaubnis sind, bevor sie Vereinsmitglieder einem Dritten überlassen. Dies gilt erst Recht, wenn sie „echte“ Arbeitnehmer überlassen. Verstöße gegen AÜG-Vorschriften sind kein Kavaliersdelikt. Das AÜG selbst und die zuständigen Behörden nehmen keine Rücksicht darauf, ob es sich um große Unternehmen handelt, die Arbeitnehmer verleihen, oder um (gemeinnützige) Vereine oder sonstige Nonprofit-Organisationen.

NPOs – sowie auch alle anderen Arbeitgeber – müssen ferner beachten, dass derzeit viele wichtige Änderungen im AÜG-Recht anstehen. Ab dem 01.04.2017 tritt eine Gesetzesänderung in Kraft, mit deren Hilfe der Gesetzgeber den Missbrauch bei Leiharbeitsverträgen eindämmen möchte. Sie wird beispielsweise die Höchstverleihzeit grundsätzlich auf 18 Monate begrenzen. Allerdings lässt das Gesetz kollektive Ausnahmeregelungen zu. Des Weiteren soll der Equal-Pay-Grundsatz weiter ausgebaut werden. Auch Scheinwerkverträgen will der Gesetzgeber einen Riegel vorschieben. Arbeitgeber sollten zügig reagieren und ihre Arbeitnehmermodelle überprüfen, um nach dem 01.04.2017 keine bösen Überraschungen zu erleben.

Unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht beraten Sie gerne umfassend zur Überlassung von Vereinsmitgliedern und weiteren arbeitsrechtlichen Themen. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!

EuGH, Urteil vom 17.11.2016, Az. C-216/15

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Arbeitnehmerüberlassung: Hohe Risiken für Gemeinnützige
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Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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