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Verein als Alleinerbe: Kein Verstoß gegen Hessisches Gesetz über Betreuung und Pflege

Verein als Alleinerbe: Kein Verstoß gegen Hessisches Gesetz über Betreuung und Pflege

Eine in einer katholischen Pflegeeinrichtung lebende Witwe setzte testamentarisch einen eingetragenen katholischen Verein zu ihrem Alleinerben ein. Die Betreiberin des Pflegeheims war zu diesem Zeitpunkt selbst korporatives Mitglied des Vereins.

Das OLG Frankfurt am Main hat entschieden, dass die Einsetzung eines Vereins als Erbe auch dann möglich sein soll, wenn die Betreiberin des Heims selbst Mitglied des Vereins ist. Unter welchen Voraussetzungen dies konkret möglich sein soll, wird im Folgenden thematisiert.

Verein als Alleinerbe

Korporative Mitglieder sind Vereinsmitglieder, die keine Einzelpersonen, sondern Einrichtungen und Gruppen sind, welche die Ziele eines Vereins unterstützen. Die Erblasserin ordnete in ihrem Testament die Testamentsvollstreckung an und gab dem Erben durch Auflage vor, mit der Erbschaft in Höhe von 9 Mio. Euro eine selbstständige Stiftung zu errichten. Ihr eigener Sohn erhielt ein Vermächtnis in Höhe seines Pflichtteils.

Nach dem Tod der Erblasserin beantragte der Testamentsvollstrecker den Erbschein. Dem trat der Sohn der Erblasserin mit der Begründung entgegen, dass die Erbeinsetzung des betreffenden katholischen Vereins einen Verstoß gegen § 134 BGB und § 6 des Hessischen Gesetzes über Betreuung und Pflege (HGBP) darstelle und beantragte seinerseits den Erbschein.

Keine Privilegierung einzelner Heimbewohner

Das HGBP nahm als Landesrecht für das Land Hessen die Stelle des Heimgesetzes (HeimG) des Bundes ein. Der hessische Landesgesetzgeber verfolgt mit dem § 6 HGBP dieselben Zwecke wieder Bundesgesetzgeber mit dem §14 HeimG. Konkret bedeutet das, dass diese Vorschrift dazu dient, eine besondere Privilegierung einzelner Heimbewohner zu vermeiden.

Verhindert werden sollen folglich die Gewährung finanzieller Zusatzleistungen oder -versprechen, welche eine unterschiedliche Behandlung der Pflegebedürftigen zur Folge haben könnten. Zudem sollen die Heimbewohner vor dem Ausnutzen ihrer Arg- und Hilflosigkeit sowie der nochmaligen oder überhöhten Abgeltung von Pflegeleistungen bewahrt werden. Zugleich schützt § 6 HGBP auf diesem Weg auch die Testierfreiheit der Pflegebedürftigen und garantiert ihnen so ihr Recht auf freie Verfügung von Todes wegen.

Kein Verstoß gegen HGBP

Das OLG Frankfurt am Main stellte sich auf den Standpunkt, dass gegen § 134 BGB ebenso wenig ein Verstoß vorliege wie gegen § 6 HGBP. Betreibern von Pflegeeinrichtungen ist es untersagt, sich für das Zurverfügungstellen eines Platzes oder das Erbringen einer Pflegeleistung zusätzlich Zahlungen versprechen zu lassen. Jedoch handele es sich bei der Pflegeeinrichtung, in welcher die Witwe residierte, um eine eigene, von dem zum Erben eingesetzten katholischen Verein unabhängige juristische Person. Aus diesem Grund seien die Voraussetzungen für einen Verstoß gegen den § 6 HGBP nicht gegeben.

Auch keine Umgehung des HGBP ersichtlich

Ebenso sah das OLG auch keinen rechtlichen oder tatsächlichen Einfluss des zum Erben bestimmten Vereins auf die Betreiber-GmbH der Pflegeeinrichtung. Folglich war auch keine Umgehung des § 6 HGPB für das Gericht erkennbar. Hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass die Betreiberin des Pflegeheims selbst korporatives Mitglied des Vereins ist.

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Eine bloße Vereinsmitgliedschaft stelle kein Vermögensrecht dar, welches mit dem Vermögen der Betreibergesellschaft verbunden wäre. Hiernach wäre es nicht möglich, dass der Nachlass in das Vermögen der Betreibergesellschaft fließe.

Trennung der juristischen Personen und Vermögensmassen

Eine Trennung der Vermögensmassen erfolgt nach Auffassung des Gerichts aufgrund zweier Aspekte. Einerseits durch die Auflage der Erblasserin, dass der Erbe mit dem Nachlass eine Stiftung einzurichten habe und andererseits wegen des gewollten Satzungsinhalt, welcher die Begünstigung einer unbestimmten Anzahl von Bewohnern aller städtischen Alten- und Pflegeheime in katholischer Trägerschaft vorsieht. Daraus zeige sich, dass nicht mal eine mittelbare Zuwendung der Erblasserin an den Heimträger gegeben ist. In Ermangelung einer Begünstigung des Heimträgers bestehe auch keine Genehmigungspflicht der Erbschaftsannahme durch den Bischof des Bistums.

Eine andere Auffassung vertrat in einem ähnlich gelagerten Fall das VG Würzburg. Dieses war der Auffassung, dass es für eine Beeinträchtigung des Heimfriedens und der Testierfreiheit bereits genügt, dass beide juristischen Personen (Heimbetreiber und zum Erben eingesetzter Verein) so miteinander verbunden sind, dass diese Verbindung für Außenstehende eindeutig ersichtlich ist und der Erblasser aufgrund dessen davon ausgehen kann, dass sein Erbe auch dem Heimbetreiber zugutekomme. Dafür hat es das Verwaltungsgericht als ausreichend angesehen, dass beide juristischen Personen im Internet unter einer Plattform auftraten.

Wenden Sie sich gerne mit allen Fragen zur Einsetzung von Vereinen als Erben an unsere erfahrenen Anwälte.

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 08.12.2022 – 20 W 301/18

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Eva Helfenstein

Rechtsanwältin Eva Helfenstein berät am Frankfurter Standort Stiftungen und andere Nonprofit-Organisationen in allen Angelegenheiten des Gemeinnützigkeits- und Stiftungsrechts.

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