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Verbrauchs- oder Ewigkeitsstiftung? Der Stifterwille ist entscheidend!

Seit 2013 sind sog. Verbrauchsstiftungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert. Diese Form der Stiftung wirft jedoch viele Fragen auf. Das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen etwa hatte nun zu entscheiden, ob ein Testamentsvollstrecker aus Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten das Vermögen zum Verbrauch bestimmen konnte, wenn der Erblasser in seinem (vor 2013 errichteten) Testament die Errichtung einer Stiftung bestimmt hatte.

Unterschied zwischen Ewigkeits- und Verbrauchsstiftung

Grundsätzlich ist die Stiftung auf ewige Zeit gedacht. Das sog. Grundstockvermögen ist daher zu erhalten. Lediglich mit dessen Erträgen soll der Stiftungszweck verfolgt werden. Schon seit längerem gibt es daneben vereinzelt Stiftungen, die zumindest einen Teil ihres Errichtungskapitals zum Verbrauch verwenden, um so auch in Zeiten magerer Erträge den Zweck verfolgen und so den Stifterwillen erfüllen zu können. Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2013 ist diese Form der Stiftung als Verbrauchsstiftung zulässig, sofern sie für mindestens zehn Jahre bestehen soll und ihrem Vermögen nach auch kann.

Was hat der Stifter in seinem Testament bestimmt?

Der Erblasser hatte in seinem Testament die Errichtung einer Stiftung angeordnet, sollten seine Frau und die gemeinsame Tochter zum Zeitpunkt seines Todes nicht mehr leben. Die Erträge der Stiftung sollten jährlich gleichmäßig an alle vor Ort ansässigen Behindertenclubs verteilt werden. Mit der Durchführung dieser Bestimmungen wurde ein Rechtsanwalt und Notar beauftragt, da der Stifter selbst keine weiteren Regelungen über die Stiftung getroffen hatte, geschweige denn eine Satzung beifügte.

Nach dem Tod des Stifters wurde ein Testamentsvollstrecker mit der Durchführung der testamentarischen Bestimmungen beauftragt. Hierzu gehörte insbesondere die Errichtung der vorgesehenen Stiftung, da Frau und Tochter des Erblassers tatsächlich bereits verstorben waren. Der Testamentsvollstrecker erachtete das hinterlassene Vermögen als zu gering, um den Stiftungszweck dauerhaft verfolgen zu können. Statt die Errichtung einer regulären Stiftung anzustreben, gestaltete er daher eine Verbrauchsstiftung. Die zuständige Bezirksregierung als Stiftungsbehörde verweigerte jedoch deren Anerkennung.

Verbrauchsstiftung keine Alternative

Die Behörde war der Ansicht, eine Verbrauchsstiftung sei nicht vom Willen des Stifters umfasst gewesen. In dieser Meinung wurde sie nun durch das Verwaltungsgericht bestätigt: Zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung habe es die Möglichkeit der Verbrauchsstiftung im Gesetz zum einen noch gar nicht gegeben, einen entsprechenden Willen habe der Erblasser daher nicht kundtun können. Zum anderen, und hierin liegt die besondere Bedeutung der Entscheidung, sei die Verbrauchsstiftung keine Alternative für eine Ewigkeitsstiftung in dem Sinne, dass der Wille eines Stifters, der eine Stiftung errichten möchte, dahingehend umgedeutet werden könne, dass im Fall eines zu geringen Vermögens eben eine Verbrauchsstiftung als Ersatz genüge.

Verbrauchs- und Ewigkeitsstiftung stünden vielmehr als gesonderte Stiftungsformen nebeneinander. Die eine ist für die Ewigkeit gedacht, die andere nur für einen bestimmten Zeitraum. Das Wesen beider Stiftungen sei so unterschiedlich, dass der Wille des Stifters, der sich für eine Ewigkeitsstiftung entschieden habe (bzw. mangels gesetzlicher Möglichkeit sich nicht für eine Verbrauchsstiftung entscheiden konnte), nicht dahingehend ausgelegt werden könne, dass eine Verbrauchsstiftung als „Minus“ auch genüge. Das Gericht hat allerdings die Rechtsmittel der Berufung und Revision zugelassen.

Umfassende Planung erforderlich

Die Errichtung einer Stiftung erfordert eine umfassende Planung, um dem Willen des Stifters auch tatsächlich nachkommen zu können. Im Unterschied zum Verein oder zur GmbH lässt sich die Satzung einer Stiftung nicht einfach ändern, sollte der Stifter etwa mit dem Stiftungszweck oder der Stiftungsorganisation (z.B. der Vorstandszusammensetzung) unzufrieden sein. Gerade die Stiftung von Todes wegen, die also per Testament errichtet werden soll, benötigt viel Weitsicht und eine sorgfältige rechtliche und steuerliche Planung. Meist sind Lösungen wie das „Anstiften“ zu Lebzeiten und das spätere „Zustiften“ von Todes wegen ratsamer.

VG Gelsenkirchen, Urteil vom 12.07.2018, Az. 12 K 499/18

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Testamentsauslegung zugunsten einer Stiftungserrichtung
Alle Stiftungsarten im Überblick

Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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