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Unterlassungsklagen – Risiko beim Telefonfundraising

Die meisten spendensammelnden Organisationen, insbesondere große Einrichtungen, nutzen die Dienste professioneller Telefonfundraisingunternehmen. Sie beauftragen die Callcenter regelmäßig damit, durch Anrufe Mitglieder und/oder Spenden zu gewinnen oder auch damit, den Angerufenen auf einen neuen Service oder auf sonstige Neuigkeiten aufmerksam zu machen. Solche Anrufe können verbraucherschutzrechtlich bedenklich sein.

Wurde vor dem Anruf das Einverständnis des Anschlussinhabers eingeholt, ist er freilich unbedenklich. Das gilt selbst dann, wenn die ausdrücklich erklärte Einwilligung lediglich anlässlich einer Meinungsumfrage eingeholt wurde. Solange der Verbraucher den Umfang seiner Einwilligung erkennen kann, gilt die Einwilligung (bis zu einem Widerruf) unbefristet. Das hat das Oberlandesgerichts (OLG) Köln mit seinem Urteil vom 07.12.2012 bestätigt.

Recht bekommen hatte zwar trotzdem der klagende Verbraucherschutzverband, der eine dem Malteserorden verbundene gemeinnützige Organisation wegen „unzumutbar belästigender Telefonwerbung“ auf Grundlage des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Anspruch genommen hatte. Stein des Anstoßes war der Anruf einer Callcenter-Mitarbeiterin. Sie hatte im Auftrag der gemeinnützigen Organisation bei einem Ehepaar angerufen und es über die von der gemeinnützigen Einrichtung angebotenen Hausnotrufdienste informiert.

Das OLG Köln schreibt allerdings in seinem Urteil, dass „es (…) nicht von vornherein wettbewerbswidrig (ist), dass eine Wohlfahrtsorganisation sich zur Förderung ihres Dienstleistungsabsatzes am Telefonmarketing beteiligt.“ Das Gericht stellt damit klar, dass Telefonwerbung auch nach dem UWG zulässig sein kann, sofern die Grenzen für telefonische Werbung beachtet werden, die das Gesetz vorgibt. Die wichtigste Regelung stellt insoweit § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG auf: Demnach sind Werbeanrufe dann keine unzumutbare Belästigung, wenn derjenige, der angerufen werden soll, vorher ausdrücklich seine Einwilligung zu solchen Anrufen erteilt hat. Hintergrund dieser Regelung sind die Vorgaben der EU-Datenschutzrichtlinie, die die Privatsphäre schützen sollen. Bei der Umsetzung der Richtlinie hatte Deutschland das strenge „Opt-In-Verfahren“ gewählt, wonach eine Kontaktaufnahme nur bei vorheriger Einwilligung („Opt-In“) zulässig ist. Dem OLG Köln zufolge genügt dafür auch eine telefonische Erklärung, solange sie wirklich ausdrücklich erteilt wurde – stillschweigende oder mutmaßliche Einwilligungen reichen hingegen nicht. Außerdem muss der angerufene Verbraucher nach ständiger Rechtsprechung den Umfang seiner Einwilligung abschätzen können. Dass sich das Ehepaar im Rahmen einer telefonischen Meinungsumfrage damit einverstanden erklärt hatte, von Hilfs- und Wohlfahrtsorganisationen „über Assistenzsysteme und Hilfsmittel in der Häuslichkeit“ telefonisch angesprochen und informiert zu werden, wäre daher, so das OLG, an sich ausreichend gewesen.

Hinweis: Grund für die Niederlage der NPO vor Gericht war allein die Beweislastverteilung. Die gemeinnützige Organisation hätte nämlich beweisen müssen, dass die Einwilligung der angerufenen Person tatsächlich vorlag. Weil sie dies nicht konnte, unterlag sie vor Gericht. Gemeinnützige Organisationen, die Telefonfundraising betreiben wollen, sollten daher möglichst zwei Regeln befolgen: Zum einen sollten sie die ausdrücklichen Einwilligungen der Verbraucher im Voraus einholen. Zum anderen sollte die NPO in der Lage sein, die erteilte Einwilligung im Zweifelsfall beweisen zu können (Mitschnitte von Telefonaten, in die der Verbraucher freilich zunächst ebenfalls eingewilligt haben muss; schriftliche Erklärungen etc.).

OLG Köln, Urteil v. 07.12.2012, Az. 6 U 69/12.

Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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2 Antworten zu "Unterlassungsklagen – Risiko beim Telefonfundraising"

  1. Jürgen Konrad sagt:

    Sehr geehrter Herr Winheller,
    im Zusammenhang mit diesem schon etwas älteren Urteil folgende Frage:
    Darf nach Ihrer Ansicht eine spendensammelnde Organisation einen Neuspender anrufen, um ihm für die Spende zu danken und in diesem Zusammenhang versuchen, ihn als Dauerspender zu gewinnen?

    • Sehr geehrter Herr Konrad,

      es ist leider im UWG eindeutig geregelt, dass Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung unzulässig ist. Sofern Sie den Neuspender versuchen als Dauerspender zu gewinnen, liegt hierin eine Werbemaßnahme im Sinne des Gesetzes gegen den lauteren Wettbewerb vor, sodass an der Einwilligung kein Weg vorbeiführt. Gerne helfen wir Ihnen, Strategien zu finden, um rechtskonforme Werbung zu betreiben. Melden Sie sich bei Bedarf gerne über info@winheller.com.

      Mit freundlichen Grüßen
      Olga Stepanova

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