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Umsatzsteuer auf die Vermittlung von Mitgliedern für ausländische Vereine?

Große gemeinnützige Organisationen lagern ihre Mitgliederakquise zum Teil auf spezialisierte Unternehmen aus. Für den Vermittler ist diese Vermittlungstätigkeit umsatzsteuerpflichtig, selbst wenn er Mitglieder für einen gemeinnützigen Verein wirbt. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn es sich um eine Vermittlungstätigkeit für einen ausländischen Verein handelt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat so z.B. in einem Fall entschieden, in dem ein in Deutschland ansässiger Unternehmer Vereinsmitgliedschaften für Vereine, die ihren Sitz in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten hatten, vermittelte.

Tierschutzvereine aus den Niederlanden, Österreich und Deutschland beauftragten eine in der Schweiz ansässige Aktiengesellschaft mit der Akquise von Mitgliedern für ihre Vereine. Die Schweizer AG wiederum übertrug die Aufgabe einem Unternehmen mit Sitz in Deutschland. Basierend auf einem „Vertrag über die Mitgliederwerbung“ wurde es als Handelsvertreterin für die Schweizer AG tätig. Für jede vermittelte Mitgliedschaft erhielt das deutsche Unternehmen einen Provisionsanspruch oder einen prozentualen Vergütungsanspruch auf alle Mitgliedsbeiträge, die bei den Vereinen eingingen. Streitig war, ob das deutsche Unternehmen für die Vermittlungsleistungen Umsatzsteuern zu zahlen hatte.

Nach dem Ursprungslandprinzip unterliegen Leistungen grundsätzlich dort der Steuer, wo der leistende Unternehmer ansässig ist. Im Streitjahr 1997 hätte freilich das Empfängerortprinzip gegolten, wenn die Vermittlungsleistungen von der Regelung des § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG a.F. erfasst worden wären. Danach wird eine Vermittlungsleistung an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird. Der BFH entschied sich allerdings gegen die Anwendbarkeit dieser Sonderregelung. Die Begründung einer Vereinsmitgliedschaft stelle nämlich keinen Umsatz im Sinne des Umsatzsteuergesetzes dar. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des EuGH und des BFH, wonach Mitgliedsbeiträge insbesondere dann steuerbar sein könnten, wenn der Verein im Gegenzug seinen Mitgliedern die Möglichkeit einräumt, die Vereinsanlagen zu nutzen (vgl. EuGH v. 21.03.2002, C-174/00, BFH v. 09.08.2007, V R 27/04). Es gehe im vorliegenden Fall nämlich nicht um die Frage, ob zwischen einem bestehenden Mitglied und dem Verein ein Leistungsaustauschverhältnis existiere, sondern um die Neubegründung einer Mitgliedschaft und um die Frage, ob gerade hierin ein Leistungsaustausch zu erblicken sei. Dies sei zu verneinen. Abgesehen davon – der BFG geht hierauf allerdings nicht ein – waren vorliegend Mitgliedschaften in Tierschutzvereinen betroffen. Nutzungsmöglichkeiten an Anlagen o.ä. wurden den Mitgliedern also sicherlich nicht eingeräumt. Ein umsatzsteuerliches Leistungsaustauschverhältnis hätte daher wohl auch im Rahmen einer bestehenden Mitgliedschaft – auch unter Beachtung der neuen Rechtsprechung – nicht vorgelegen.

Damit blieb es bei der Steuerbarkeit der Vermittlungsleistungen im Ansässigkeitsstaat des leistenden Unternehmers, also in Deutschland.

Hinweis: Das Urteil erging noch zur alten Rechtslage. Mit der EU-Richtlinie 2008/8/EG haben die Vorschriften über den Leistungsort bei Dienstleistungen allerdings zahlreiche Änderungen erfahren. Heute muss grundsätzlich zwischen Dienstleistungen an Unternehmer (business to business) und solchen an Nichtunternehmer (business to consumer) unterschieden werden. Für die erste Kategorie gilt nun grundsätzlich das Empfängerortprinzip. Weil das deutsche Unternehmen seine Leistungen der Schweizer AG gegenüber erbrachte, läge der Ort der Vermittlungsleistung nach aktuellem Recht (§ 3a Abs. 2 UStG n.F.) also – anders als früher – in der Schweiz, wäre also nicht mehr in Deutschland steuerbar! Würde ein Unternehmer seine Vermittlungsleistungen hingegen unter der Geltung des aktuellen Rechts direkt gegenüber den Vereinen im EU-Ausland erbringen, wäre der Umsatz wiederum in Deutschland steuerbar (vgl. § 3a Abs. 1 UStG n.F.).

Die vom BFH vorliegend nicht für einschlägig befundene Sonderregelung für Vermittlungsleistungen findet sich nach aktuellem Recht übrigens in § 3a Abs. 3 Nr. 4 UStG n.F. Sie gilt – anders als früher – nur noch für Vermittlungsleistungen, die gegenüber Nicht-Unternehmern erbracht werden.

BFH, Urteil v. 12.12.2012, Az. XI R 30/10.

Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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