Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass die Erbringung von Geschäftsführungsleistungen durch NPOs an Schulfördervereine umsatzsteuerpflichtig ist. Die Leistungen seien weder nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) noch nach der europäischen Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) von der Umsatzsteuer befreit, so das Gericht.
Verband übernimmt die Geschäftsführung mehrerer Vereine
In dem Fall vor dem BFH ging es um einen gemeinnützigen Kinder- und Jugendverband, der Träger für die Betreuung in zwei offenen Ganztagsschulen war. Um die Lehrer und die Eltern in seine Tätigkeit miteinzubinden, gründete der Verband an beiden Schulen jeweils einen Förderverein, dessen Vorstände jeweils aus dem Schulleiter, dem Vorsitzenden der Elternvertretung sowie dem Geschäftsführer des Verbandes bestand. Nach der Satzung der beiden Fördervereine sollte der Geschäftsführer des Verbandes die jeweilige Geschäftsführung der Vereine gegen Entgelt übernehmen. Der Verband war dabei der Auffassung, dass die erbrachten Geschäftsführungsleistungen umsatzsteuerfrei seien und führte daher keine Umsatzsteuer an das Finanzamt ab.
Finanzamt und Finanzgericht: Leistungen sind steuerpflichtig
Das Finanzamt war gegenteiliger Auffassung und erließ einen Umsatzsteuerbescheid mit einer hohen Umsatzsteuernachzahlung. Dagegen versuchte sich der Verband mit einer Klage vor dem Finanzgericht (FG) Münster zu wehren, das sich jedoch der Auffassung des Finanzamts anschloss. Die erbrachten Geschäftsführungsleistungen seien, so das Gericht, weder nach § 4 Nr. 25 UStG (Leistungen der Jugendhilfe) noch nach Art. 132 Absatz 1 Buchstabe h MwStSystRL (eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene Dienstleistungen) von der Umsatzsteuer befreit.
BFH: Keine Steuerbefreiung nach nationalem Recht…
Der Verband wollte die Entscheidung des FG Münsters nicht akzeptieren und legte Revision beim BFH ein – ohne Erfolg. Das Gericht bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies die Revision des Verbandes ab. Zunächst stellte der BFH klar, dass die erbrachten Geschäftsführungsleistungen nicht nach § 4 Nr. 25 UStG von der Umsatzsteuer befreit sein können. Denn die Gestellung eines Geschäftsführers stelle keine unmittelbare Leistung der Jugendhilfe dar.
…und Unionsrecht
Ferner seien die Leistungen auch nicht nach Art. 132 Absatz 1 Buchst. h MwStSystRL von der Umsatzsteuer befreit. Denn diese Vorschrift befreie nur eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene Dienstleistungen von der Umsatzsteuer. Geschäftsführungs- und Verwaltungsdienstleistungen weisen jedoch keine unmittelbare Verbindung mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen auf, sodass sich der Verband nicht auf diese Vorschrift berufen könne. Ebenso komme keine Befreiung nach Art. 132 Absatz 1 Buchst. g MwStSystRL (eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen) in Betracht, da eine entgeltliche Personalgestellung keine im sozialen Bereich erbrachte Gemeinwohldienstleistung darstelle.
Steuerliche Einordnung von Umsätzen oft schwierig:
Dieser Fall zeigt erneut, wie schwierig die richtige steuerliche Einordnung von Umsätzen sein kann und welch wichtige Rolle die europarechtlichen Regelungen bei der Umsatzsteuer spielen. NPOs, die auf Nummer sicher gehen wollen, sollten daher in Vorbereitung auf die nächste Betriebsprüfung ihren Steuerberater mit der Durchführung einer Betriebsprüfungssimulation beauftragen, um mögliche Schwachstellen in der umsatzsteuerlichen Dokumentation zu identifizieren und finanzamts- und gerichtsfest zu beheben.
BFH, Beschluss v. 19.08.2021 – V R 21/20
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