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Tabaksteuer: Abgrenzung von Rauchtabak und Rohtabak oft unklar

Jul 23, 19 • Zollrecht7 Kommentare

Die Frage, wann Tabak steuerpflichtig ist, führt weiterhin zu Streit in der EU. Das bringt sehr viel Verunsicherung und auch sich widersprechende Entscheidungen der Behörden und Gerichte mit sich.

Tabaksteuer: Abgrenzung von Rauchtabak und Rohtabak oft unklar

Der Unterschied zwischen Rohtabak und Rauchtabak ist oft nicht eindeutig.

Deutscher Zoll: Fast alles ist Rauchtabak

Wir beobachten, dass der deutsche Zoll derzeit so gut wie alle Tabakwaren als steuerpflichtigen Rauchtabak einordnet. Dafür reichen für den Zoll schon getrocknete Tabakblätter (oft auch als Deko- oder Aromaprodukte vertrieben), weil diese durch händisches Zerkleinern bzw. Zerbröseln rauchbar gemacht werden können.

Das hat meistens Konsequenzen für den Versender, die Spedition, den Empfänger und nicht zuletzt auch für den Lkw-Fahrer. Oft sehen sich alle Beteiligen nicht nur sehr hohen Steuerforderungen ausgesetzt, auch Strafverfahren wegen (schwerer) Steuerhinterziehung und Schmuggels werden eingeleitet.

Rohtabak oder Rauchtabak?

Die Finanzgerichte haben in solchen Verfahren zu prüfen, ob es sich tatsächlich um steuerfreien Rohtabak oder steuerpflichtigen Rauchtabak handelt. Eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundesfinanzhofs fehlt aber zu dieser Frage noch.

Wir halten das weite Verständnis des Zolls, welche Tabakwaren steuerpflichtig sind, aus diversen Gründen für unzutreffend. In einigen Fällen konnten wir die zuständigen Zollbeamten auch davon überzeugen, dass sie die Tabakwaren falsch eingeordnet haben.

Strafgerichte entscheiden unterschiedlich

Während die Zollbehörden und die Finanzgerichte für das Besteuerungsverfahren zuständig sind, müssen die Strafgerichte den Sachverhalt in eigener Verantwortung im Rahmen des Strafverfahrens prüfen. So verwundert es nicht, dass hier häufig voneinander abweichende Entscheidungen ergehen.

Das Landgericht Hagen hat am 31.08.2019 (71 Qs 16/18) beispielsweise entschieden, dass noch nicht fermentierter Tabak, der durch händisches Zerkleinern rauchbar gemacht werden kann, keinen Rauchtabak darstellt und damit steuerfrei ist. Das haben die Staatsanwaltschaft und der Zoll anders gesehen. Fraglich ist jedoch, ob sich diese Auffassung auch vor den Finanzgerichten durchsetzen lässt.

Problem: Tabaksteuer in Shisha-Bars

Der Zoll greift derzeit auf allen Ebenen durch: Betroffen sind aktuell nicht nur Tabaktransporte, Tabakverkäufer und -käufer, sondern auch Shisha-Bars. Diese mischen meist verschiedene Tabaksorten für ihre Kunden neu zusammen und versetzen sie mit Aromen. Dadurch entsteht in der Regel eine neue Tabaksteuerschuld. Erfolgt die Abgabe des Tabaks nicht in Verpackungen mit Steuerzeichen (Banderolen), liegt meist eine Steuerhinterziehung aller Beteiligten vor.

Unsicherheiten vorher klären

Aufgrund der derzeitigen Unsicherheit sollten Betroffene bereits vorab ein individuelles Vorgehen prüfen, um Schwierigkeiten zu vermeiden. In der Praxis lassen sich derzeit in den meisten Fällen zufriedenstellende individuelle Lösungen finden. Manchmal kann auch die Einrichtung eines Steuerlagers helfen.

Unsere Erfahrung zeigt jedoch, dass in Bezug auf die Tabaksteuer ein proaktives Handeln deutlich sinnvoller und kostengünstiger ist als die spätere Auseinandersetzung mit dem Zoll und zusätzlich mit der Staatsanwaltschaft. Gerne sind Ihnen unsere erfahrenen Anwälte dabei behilflich.

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Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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7 Antworten zu "Tabaksteuer: Abgrenzung von Rauchtabak und Rohtabak oft unklar"

  1. julia semke sagt:

    Hallo Herr Dzionsko, ja ist natürlich sehr interessant, da die Nummern eigentlich dafür sorgen müssten, dass die Händler wissen ob die Ware bei einem freien Handel bei der einfuhr und ausfur der verbraucher Tabak Steuer unterliegen oder nicht unterliegen.
    Aber der Zoll und das FG meinen, dass diese Nr keinen Einfluss auf das Deutsche tabaksteuer Gesetz haben.
    Ja, es ist bedenklich das es die allgemeinen Europäische Regeln gibt aber keiner sch an die Regeln Halten will.
    Außerdem gab es schon ein Urteil vom EuGH 2016 v. 08.09.2016 – Rs. C-409/14.
    Wo das eigentlich auch alles geregelt wurde.
    Mit freundlichen Grüßen
    Willi

    • Hallo Willi,

      grundsätzlich erkennt man – wenn man den zutreffenden „Code“ ermittelt – ob Ware bei einer Einfuhr in die EU tabakssteuerpflichtig ist. Das Problem in der Praxis ist aber oft, dass der Code nicht richtig ermittelt wurde. Ferner besteht aktuell auch das Problem, dass ein EuGH-Urteil zur Tabaksteuer in den EU-Mitgliedsstaaten unterschiedlich ausgelegt wird.

      Aus diesem Grund ist es wichtig, die Ware vor der Einfuhr bzw. vor dem innergemeinschaftlichen Transport rechtlich bewerten zu lassen. Zwar löst das Kosten aus, aber unserer Erfahrung nach sind die Kosten, wenn ein Fehler passiert, deutlich höher. Zumindest die deutschen Behörden greifen nach unserem Empfinden aktuell (über-)hart durch.

      Mit freundlichen Grüßen
      Bartosz Dzionsko

  2. julia semke sagt:

    Sehr Herr Dzionsko, eine Frage. Was ist eine Kombinierte Nomenklatur und für welche Zwecke ist die bestimmt. Hat diese irgendwelche Einfluß auf Deutsche tabaksteuer Gesetz?

    Vielen Dank
    Willi

    • Hallo Willi,

      die Kombinierte Nomenklatur ist – vereinfacht ausgedrückt – ein achtstelliger Code. Grundsätzlich kann jede Ware sowie Warenzusammenstellung in einen Code „eingereiht“, also eingeordnet werden. Die Warennomenklatur spielt unter anderem eine Rolle, wenn man Ware importiert, da je nach „Einreihung“, also Code, die Ware einem bestimmten Zollsatz oder bestimmten weiteren Einfuhrvorschriften bzw. -einschränkungen unterliegt. Daher ist bei der Einfuhr von Tabak die Kombinierte Nomenklatur wichtig.

      Ob diese Einfluss auf das Tabaksteuergesetz hat, kann ich nicht eindeutig mit Ja oder Nein beantworten: Das deutsche Tabaksteuergesetz knüpft nicht an die Kombinierte Nomenklatur an. Allerdings ist es bei einem Import wichtig, dass die Ware den richtigen Code erhält, da je nach Code quasi automatisch von einer Ware ausgegangen wird, die dem Tabaksteuergesetz unterfällt. Ob eine Ware aber tabaksteuerpflichtig ist, bestimmt sich ausschließlich nach dem Tabaksteuergesetz.

      Ich hoffe, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte.

      Mit freundlichen Grüßen
      Bartosz Dzionsko

  3. Willi sagt:

    Hallo Herr Dzionsko,

    Vielen Dank für Ihre Antwort.

    Alle Auskünfte, welche der Zoll am Telefon oder per Email gibt sind unverbindlich, wie immer. Die bedeuten soviel wie nichts.

    Laut Zoll heißt es, so lange das Tabak Blatt alle Rippen/Strunke hat, gilt dieser als Rohtabak.

    Wenn bei dem Tabakblatt eine Rippe fehlen sollte dann gilt der Tabak schon als Rauch Tabak, laut der unverbindlichen Zoll Auskunft.
    Man muss den Tabak nach Bünde schicken zu der Steuerzeichen Stelle. Dort wird der Tabak begutachtet, allerdings nur vom aussehen bzw ob das Tabak Blatt zerkleinert oder ganz ist. Nach diesem Gutachten wird dann entschieden ob es sich um rohtabak oder Rauchtabak handelt.
    Was aber interessant ist, Das HZA Bielefeld Dienst stelle Bünde Steuer Zeichen Stelle hat im Jahre 2018 den Tabak von einem Polnischen Unternehmen geprüft, welches am 31.08.2018 von LG Hagen als nicht schuldig beschlossen wurde im straflichem Verfahren, und es wurde beschlossen, dass deren Tabak keiner tabaksteuer unterlegen muss.

    Mit freundlichen Grüßen
    Willi

  4. Willi sagt:

    Sehr geehrter Herr Dzionsko.

    Die ganzen getrockneten Tabakblätter werden immer noch als Rohtabak eingestuft oder gelten diese auch schon als rauch Tabak?

    Die ganzen getrockneten Tabakblätter kann man ebenfalls wie die stripes Tabak mit Händen zerreißen/zerbröseln.

    Wofür gelten dann Europäische Regeln und Vorschriften für Tabak. Kombinierte Nomenklatur (KN) Nr. Rauch Test, Kombinierte Nomenklatur 2016. Der Deutsche Zoll will sich einfach an keine EU Regeln mehr halten.

    Gertockneter Tabak ist kein Genussmittel, wie z.B industriell verarbeiteter rauch Tabak, pfeifen Tabak, oder Zigaretten Tabak.

    Wenn man nach der Zoll Logik nachdenkt dann müssen die Tabak Samen auch besteuert werden weil aus diese Tabakblätter wachsen. Oder die Weintrauben weil man aus diese Wein zu Hause machen kann.

    Es müsste bestimmte Abgrenzungen geben zwischen Rohtabak und Rauchtabak und diese abgrenzung kann erfolgen nur durch genißbarkeit des Tabaks und tatsächliche Interpretation von EuGH 2017 Eko-Tabak.

    Mit freundlichen Grüßen
    Willi.

    • Hallo Willi,

      in der Tat behandelt der deutsche Zoll in einigen Fällen auch ganze getrocknete Tabakblätter als Rauchtabak. In welchen Fällen tatsächlich Rauch- und in welchen Rohtabak vorliegt, ist individuell festzustellen. Wir beobachten, dass der Zoll diese Unterscheidung auch anhand der Gesamtumstände festmacht: Wird die Ware ausdrücklich zum Rauchen verkauft? Wie ist die Verpackung gestaltet? Sind die Blätter mit Glycerin befeuchtet? Eine grundsätzliche Aussage, ob getrocknete Tabakblätter immer Roh- oder Rauchtabak nach Auffassung des Zolls sind, kann derzeit nicht erfolgen. Unserer Meinung nach schießt der Zoll in der Praxis manchmal über das Ziel hinaus.

      Beste Grüße
      Bartosz Dzionsko

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