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Stiftungsrechtsreform abgeschlossen: Umfangreiche Neuerungen für Stiftungen

Stiftungsrechtsreform abgeschlossen: Umfangreiche Neuerungen für Stiftungen

Kurz vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause war es endlich soweit: Bundestag und Bundesrat haben die Reform des Stiftungsrechts verabschiedet. Auf die zahlreichen Stiftungen in Deutschland kommen umfangreiche Neuerungen zu, die die Transparenz der Stiftungen verbessern, die Position der Stiftungsorgane stärken und die Einflussmöglichkeiten des Stifters vergrößern werden. Ein kurzer Überblick. 

Was sind die Kernpunkte der Stiftungsrechtsreform?

Wesentliche Kernpunkte der geplanten Reform sind die bundeseinheitliche Regelung des Stiftungsrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), die Einführung eines Stiftungsregisters mit Publizitätswirkung, neue Haftungsmaßstäbe für Stiftungsorgane durch die Einführung einer Business-Judgement-Rule, eine neue Regelung zur Verwendung von Umschichtungsgewinnen sowie eine erleichterte Änderbarkeit der Stiftungssatzung, sofern eine entsprechende Ermächtigung in der Satzung vorhanden ist.

Einheitliche Regelung des Stiftungsrechts im BGB

Bisher glich das Stiftungsrecht in Deutschland einem Flickenteppich: Jedes Bundesland hatte sein eigenes Stiftungsgesetz mit unterschiedlichen Regelungen. Zudem waren einige stiftungsrechtliche Vorschriften auch im BGB zu finden – Verwirrung war somit vorprogrammiert. Dieses Nebeneinander von Bundes- und Landesrecht wird es in Zukunft nicht mehr geben: Denn das Stiftungsrecht wird künftig einheitlich im BGB geregelt. Der Vorteil: Da es sich beim BGB um ein Bundesgesetz handelt, können streitige Sachverhalte künftig bundeseinheitlich von den Gerichten entschieden werden. Und auch die Behörden werden künftig bundesweit die gleichen Vorschriften anwenden können. Ein echter Meilenstein also für die Rechtssicherheit im Stiftungsrecht.

Einführung eines Stiftungsregisters

Herzstück der Reform ist die Einführung eines Stiftungsregisters mit Publizitätswirkung. Bisher führen die Länder sogenannte Stiftungsverzeichnisse, die allerdings keine Publizitätswirkung wie etwa das Handels- oder Vereinsregister haben. Die Folge: Stiftungsorgane können ihre Vertretungsbefugnis Dritten gegenüber bisher nur nachweisen, indem sie behördliche Vertretungsbescheinigungen vorlegen, die jedoch oft neu ausgestellt werden müssen.

In Zukunft soll ein kurzer Blick in ein beim Bundesamt für Justiz geführtes Stiftungsregister für den Nachweis der Vertretungsbefugnis ausreichen. Das – grundsätzlich unbeschränkte – Einsichtsrecht von Dritten in das Register kann jedoch beschränkt werden, falls ein berechtigtes Interesse der Stiftung oder eines Dritten besteht. Das wäre etwa bei personenbezogenen Daten von Destinatären und Stiftern sowie bei den Regelungen zur Vermögensverwaltung der Fall. Diese Angaben und Dokumente werden dann auf Antrag der Stiftung oder eines Dritten unkenntlich gemacht bzw. von vornherein nicht im Stiftungsregister veröffentlicht. Die Stiftungssatzung wird jedoch für jedermann einsehbar sein. Stiftungen, die in das Register eingetragen sind, können zudem künftig entweder den Namenszusatz „eingetragene Stiftung“ oder die zugehörige Abkürzung „e.S.“ führen. 

Neue Haftungsmaßstäbe für Stiftungsorgane

Bisher haften Stiftungsorgane der Stiftung gegenüber unbeschränkt mit ihrem gesamten Privatvermögen. Nach der Reform soll ein Organ der Stiftung gegenüber dann nicht haften, wenn es bei der Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben (vor allem bei Entscheidungen über die Anlage des Stiftungsvermögens) die gesetzlichen und satzungsgemäßen Vorgaben beachtet und auf der Grundlage angemessener Informationen vernünftigerweise annehmen durfte, zum Wohle der Stiftung zu handeln (sogenannte Business-Judgement-Rule). 

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Im Ergebnis wirkt diese Regelung für umsichtig agierende Stiftungsorgane wie ein Haftungsausschluss. Ursprünglich wollte der Gesetzgeber zudem eine neue Beweislastregel einführen, die besagt hätte, dass bei einer Pflichtverletzung eines Organs die Stiftung das Verschulden des Organs hätte beweisen müssen. Diese Regelung hätte jedoch dazu geführt, dass Stiftungen ihre Schadensersatzersatzansprüche nur sehr schwer gerichtlich hätten durchsetzen können. Der Gesetzgeber nahm diesen Vorschlag daher wieder zurück, sodass es bei der aktuellen Regel bleibt: Im Haftungsfall muss das Stiftungsorgan nachweisen, dass es die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

Flexible Verwendung von Umschichtungsgewinnen

Umschichtungsgewinne sind vereinfacht alle Gewinne, die aus der Veräußerung von Stiftungsvermögen, wie z.B. Wertpapieren, stammen. Ursprünglich hatte der Gesetzgeber vorgesehen, dass diese Gewinne automatisch dem Grundstockvermögen zugeschlagen werden. Das Problem: Die Umschichtungsgewinne hätten den Stiftungen dann nicht mehr zur Zweckverwirklichung zur Verfügung gestanden. Das hätte jedoch insbesondere Kapitalstiftungen zum Verhängnis werden können, die ihre Zweckverwirklichung zum großen Teil aus dem Verkauf von Wertpapieren finanzieren. 

Eine Verwendung der Umschichtungsgewinne zur Zweckverwirklichung wäre nur zulässig gewesen, wenn es eine entsprechende Satzungsermächtigung gegeben hätte. Aber: Nur die wenigsten Stiftungen haben eine solche Satzungsregelung, da sie nach der bisherigen Rechtslage schlichtweg nicht notwendig war. Erfreulicherweise hat der Gesetzgeber an dieser Stelle nachgebessert: Künftig dürfen Stiftungen ihre Umschichtungsgewinne ausdrücklich auch ohne eine entsprechende Satzungsregelung zur Zweckverwirklichung einsetzen.

Satzungsänderungen werden erleichtert 

Nicht zuletzt soll der Stifter künftig in der Satzung die Stiftungsorgane dazu ermächtigen können, Satzungsänderungen durchzuführen. Er darf dabei ausdrücklich von den gesetzlichen Anforderungen abweichen und erleichterte Anforderungen festlegen. Hierfür muss er jedoch hinreichend bestimmte Leitlinien und Orientierungspunkte in der Stiftungssatzung vorgeben. Eine Blanko- oder Pauschalermächtigung zu Satzungsänderungen ist somit nicht möglich.

Wann tritt die die Reform in Kraft?

Ursprünglich war vorgesehen, dass der Großteil der Neuerungen bereits zum 01.07.2022 in Kraft tritt. Allerdings hat der Gesetzgeber diesen Zeitpunkt um ein Jahr auf den 01.07.2023 verschoben. Die Regelungen zum Stiftungsregister werden dagegen erst am 01.01.2026 in Kraft treten.

Kritik aus Wissenschaft und Praxis unzureichend berücksichtigt

Wir begrüßen die Änderungen der Stiftungsreform. Hervorzuheben ist dabei insbesondere die ausdrückliche Klarstellung des Gesetzgebers, dass Stiftungen ihre Umschichtungsgewinne auch ohne eine Satzungsgrundlage zur Zweckverwirklichung einsetzen dürfen. Ferner begrüßen wir, dass der Gesetzgeber das Inkrafttreten der Stiftungsreform um ein Jahr verschoben hat. Denn hierdurch gewinnen die zahlreichen Stiftungen und Stifter in Deutschland zusätzliche Zeit, während der sie sich noch besser auf die Neuerungen einstellen können. Zu kritisieren ist jedoch, dass der Gesetzgeber die zahlreiche Kritik aus Wissenschaft und Praxis beim Abschluss der Reform insgesamt nur unzureichend berücksichtigt hat. So führt die Reform des Stiftungsrechts beispielsweise dazu, dass es künftig zu einer Ungleichbehandlung von Stiftungen und Vereinen kommen wird. Die Business-Judgement-Rule gilt künftig nämlich nur für Stiftungen und nicht für Vereine. Warum der Gesetzgeber die bisher bewährte Verzahnung von Vereins- und Stiftungsrecht in Hinblick auf Haftungsfragen aufgeben möchte, ist nicht nachvollziehbar. 

Änderungsbedarf hinsichtlich Satzung?

Auch wenn der 01.07.2023 noch in weiter Ferne zu sein scheint: Stiftungen sollten bereits jetzt zusammen mit ihren Beratern prüfen, inwiefern bei ihnen Änderungsbedarf – insbesondere im Hinblick auf die Satzung – besteht. Unsere Experten für Stiftungsrecht unterstützen Sie dabei gerne.

Gesetzesbeschluss des Bundesrates vom 25.06.2021, Drucksache 569/21

Weiterlesen:
Stiftungssatzung – Inhalt, Gestaltung und Anpassung
Häufige Fehler in der Stiftungssatzung: Vertretungsmacht von Vorständen

Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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