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Welche Sonderbeiträge müssen ehrenamtliche Bürgermeister zahlen?

Welche Sonderbeiträge müssen ehrenamtliche Bürgermeister zahlen?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte mit seinem Urteil vom 31.01.2023 zu klären, inwieweit die von Parteien verlangte Abgabe eines Teils einer monatlichen Aufwandsentschädigung auch für einen ehrenamtlichen Bürgermeister gilt. Eine Entscheidung des BGH gegen den Landesverband hätte laut BGH zur Folge gehabt, dass sämtliche Parteisatzungen und die darin enthaltenen Regelungen auf dem Prüfstand stünden.

Landesverband fordert Nachzahlung von Bürgermeister

Ein CDU-Landesverband verlangte von einem ehemaligen, mittlerweile aus der Partei ausgetretenen Bürgermeister einen Teil von dessen Aufwandsentschädigung. Laut § 6 der Finanz-und Bundesordnung der Satzung des CDU-Landesverbands Sachsen-Anhalt (FBO CDU-LSA) ist es vorgesehen, dass ehemalige Bürgermeister 7,5% ihrer erhaltenen Aufwandsentschädigung an den Kreisverband entrichten. Dies beläuft sich im Fall des hierbei in die Pflicht genommenen Bürgermeisters auf eine Summe von 740 Euro, welche der Bürgermeister nachzahlen sollte.

Der betroffenen Bürgermeister sah seinerseits keine Pflicht zu der Zahlung, da es sich lediglich um eine freiwillige Sonderabgabe handelte, welche zudem nicht einklagbar sei. Außerdem sah er in den fraglichen Sonderbeiträgen einen Verstoß gegen die Freiheit des Mandats aus Art. 38 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG). Er habe weiterhin keine Unterstützung des CDU-Landesverbands Sachsen-Anhalt bei seiner Kandidatur 2015 erfahren und sei folglich ohne die Hilfe der Partei ins Amt gekommen.

Mandatsträgerbeiträge als Teil der Parteienfinanzierung

Politische Parteien erhalten zu ihrer Finanzierung nicht nur staatliche Mittel. Sie finanzieren sich auch über Mitgliedsbeiträge, Spenden und sog. Mandatsträgerbeiträge. Diese drei Einnahmearten sind in § 27 Abs. 1 Parteiengesetz (PartG) definiert. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 PartG sind Mitgliedsbeiträge regelmäßige Geldleistungen, die ein Mitglied aufgrund satzungsrechtlicher Vorschriften entrichtet.

Mandatsträgerbeiträge sind gem. § 27 Abs. 1 Satz 2 PartG regelmäßige Geldleistungen, die ein Inhaber eines öffentlichen Wahlamtes (Mandatsträger) über seinen Mitgliedsbeitrag hinaus an die Partei leistet. Als Spenden werden nach § 27 Abs. 1 Satz 3 PartG darüberhinausgehende Zahlungen verstanden. Mandatsträgerbeiträge werden auch als „Mandatsabgaben“ oder auch „Parteisteuern“ bezeichnet.

Mandatsträger sind Mitglieder von Regierungen, Parlamenten, direkt oder indirekt gewählte Kreis-, Gemeinde- oder Ortsräte sowie Bürgermeister oder Landräte. Innerhalb der CDU wird gemäß der Finanz- und Beitragsordnung in eigener Verantwortung der Landesverbände bestimmt, ob und in welcher Höhe Amts- und Mandatsträger weitere Beiträge leisten.

Landesverband verweist auf Aufwandsentschädigungen

§ 6 FBO CDU-LSA verweist auf die monatlichen Aufwandsentschädigungen die ein Mandatsträger bei Ausübung seines Amtes erhält. Dabei handelt es sich um den einem ehrenamtlich tätigen Bürgermeister zustehenden Ersatz seiner Auslagen und seines Verdienstausfalls gem. § 35 Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KVG LSA).

BGH: Zahlungspflicht besteht

Der zuständige zweite Senat des BGH stellte klar, dass § 6 FBO CDU-LSA einen gerichtlich durchsetzbaren zivilrechtlichen Anspruch begründet und somit eine Zahlungspflicht des Mandatsträgers besteht. Diese Zahlungspflicht folge allein aus der Amts- oder Mandatsstellung des Parteimitglieds und sei somit nicht an eine Unterstützung durch die Partei geknüpft. Dabei ist zu erwähnen, dass auch parteiliche Vorteile, wie ein weitreichendes Netzwerk aus u.a. Parteimitgliedern und auch ein mit einer Mitgliedschaft verbundener Bekanntheitsgrad, richtungsweisende Unterstützungshandlungen der Partei darstellen. Weiterhin habe die Parteizugehörigkeit die Bekanntheit des Bürgermeisters gesteigert und seine Stimmenzahl dadurch erhöht.

Keine indirekte Parteifinanzierung

Die Erhebung solcher Sonderbeiträge sei verfassungsrechtlich unbedenklich, da sie die Ausübung des jeweiligen Amtes nicht beeinträchtige und sich folglich auch nicht auf das freie Mandat auswirkt. Es liege ebenso keine indirekte Parteifinanzierung vor, da die Aufwandsentschädigung des Bürgermeisters in dessen privates Vermögen übergehe und davon nur ein kleiner Teil als Sonderbeitrag entrichtet wird. Direkte Parteifinanzierung ist die Finanzierung der Parteien über die im Parteiengesetz genannten Einnahmearten. Indirekte Parteienfinanzierung meint hingegen andere Zuwendungen aus staatlichen Geldquellen welche in den offiziellen Quellen nicht als Parteienfinanzierung aufgeführt werden, obwohl sie faktisch eine solche darstellen.

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Kritisch bleibt anzumerken, dass auch wenn die Aufwandsentschädigung zunächst in das private Vermögen des Amtsträgers übergeht, dieser keine andere Wahl hat, als den Beitrag an seine Partei zu entrichten. Der Eindruck, dass es sich dabei um eine indirekte Parteifinanzierung handelt, erscheint somit zumindest nicht ganz unbegründet.

Kein Widerspruch zu Entschädigungsanspruch

Auch ein Widerspruch zu dem Entschädigungsanspruch aus Art. 48 Abs. 3 GG sei nicht gegeben. Grund dafür ist, dass die Höhe des Sonderbeitrags von 7,5% des Aufwandsersatzes keineswegs die Angemessenheitsgrenze überschreitet und nicht die Unabhängigkeit des Mandatsträgers beeinträchtigt. Unterstrichen wird dies durch den Umstand, dass sich der von der CDU geforderte Betrag aus einer Amtszeit auf 740 Euro beläuft.

Kein Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsatz

Die Satzungsregelung der CDU Sachsen-Anhalt stelle indes auch keinen Verstoß gegen den innerparteilichen Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG dar, da diese Sonderabgaben von jedem kommunalen Amtsträger zu entrichten sind und nicht etwa zwischen den einzelnen Mandatsträgern unterschieden oder nach Gutdünken verfahren wird.

Bei allen Fragen rund um Aufwandsentschädigungen wenden Sie sich gerne an unsere Experten im Vereinsrecht.

BGH-Urteil vom 31.01.2023 – II ZR 144/21

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Benjamin Kirschbaum

Rechtsanwalt Benjamin Kirschbaum ist vor allem in den Bereichen Blockchain und Kryptowährungen sowie im allgemeinen Zivilrecht, Gemeinnützigkeitsrecht, Verwaltungsrecht und Kirchenrecht/Religionsrecht tätig.

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