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Stiftung fordert neue Rechtsform zur Umsetzung der Idee des Verantwortungseigentums

Stiftung fordert neue Rechtsform zur Umsetzung der Idee des Verantwortungseigentums

Bisher nutzen Verantwortungseigentümer die Rechtsformen des Gemeinnützigkeitsrechts.

Am 25.11.2019 hat sich in Berlin die Stiftung Verantwortungseigentum gegründet. Bei dem Festakt sprachen prominente Gäste wie der Bundesminister der Wirtschaft und die Bundesministerin der Verteidigung. Dabei lobten sie die Initiative und zeigten sich offen für die Vorschläge der Stiftung. Diese fordert eine neue Rechtsform zur Umsetzung von Verantwortungseigentum oder zumindest eine einfachere Umsetzung dieses modernen Konzepts auf der Basis des geltenden Rechts. Doch was bedeutet Verantwortungseigentum und wie wird diese Idee aktuell umgesetzt?

Ziel: ein verantwortungsvoller Umgang mit Eigentum

Durch die Wirtschaftskrisen und -skandale der letzten Jahre ist der Glaube in die Wirtschaftsordnung erschüttert. Ein großer Anteil des Kapitals konzentriert sich auf wenige institutionelle Anleger. Die Folgen sind eine zunehmende Distanz und Anonymität von Eigentum zur Gesellschaft und zunehmend ein strukturell verantwortungsloser Umgang mit Eigentum.

Zentraler Wert: Selbstständigkeit von Unternehmen

Der zentrale Wert des Verantwortungseigentums ist die Selbstständigkeit des Unternehmens. Das Unternehmen soll sich selbst gehören und nicht Teil des Vermögens seiner Unternehmereigentümer sein. Diese sollen das Unternehmen lediglich treuhänderisch führen, so dass das Unternehmenskapital allein der Erfüllung von Unternehmenszwecken dienen kann. Dadurch wird das Eigentum am Unternehmen zwar individuell von den Unternehmern verantwortet und gestaltet, es fördert aber nicht deren private Bereicherung.

Der Zweck des Unternehmens ist so nicht länger die Vermögensmehrung der Gesellschafter, sondern die ökonomisch nachhaltige und sich selbst tragende Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen sowie die Schaffung gesellschaftlicher Werte durch Verantwortungsübernahme für Angestellte, Kunden, Geschäftspartner und Gesellschafter. Das Unternehmen ist so im besten Wortsinn ein Sozialunternehmen – neudeutsch: ein „social business“.

Unternehmer sind nicht mehr Eigentümer und Gewinne kein Selbstzweck

Im Kern knüpft das Verantwortungseigentum an die Werte von Familienunternehmen an. Anstelle der Bindung durch eine familiäre Beziehungsstruktur tritt dabei freilich eine Fähigkeiten- und Werteverwandtschaft, die das Unternehmen leiten soll. Ziel ist, das Unternehmen auf die vom Verantwortungseigentümer definierten Zwecke zu fokussieren und diese auch rechtlich gewissermaßen als „DNA des Unternehmens“ zu verankern.

Dazu bedarf es zweier Voraussetzungen: Zum einen bleiben die Stimmrechte und somit die Kontrolle des Unternehmens bei Menschen, die den Weg und die Werte des Unternehmens teilen, zum anderen sind jedoch die Rechte am Gewinn des Unternehmens von den Stimmrechten zu trennen. Dies kann beispielsweise durch zwei verschiedene Körperschaften gewährleistet werden. Somit erhalten Unternehmer weitgehende Kontrolle über (Wert-)Entwicklung und Fortschritt des Unternehmens, während die Unternehmensgewinne reinvestiert, zur Deckung von Kapitalkosten verwendet oder gespendet werden.

Verantwortungseigentümer nutzen Rechtsformen des Gemeinnützigkeitsrechts

Die Stiftung Verantwortungseigentum hat es sich zum Ziel gesetzt, den Gesetzgeber zur Schaffung einer neuen Rechtsform zu bewegen, durch die der Gedanke des Verantwortungseigentums vollumfänglich umgesetzt werden kann. Damit ist die Debatte um eine solche Rechtsform jedoch erst angestoßen worden. Ob und wann eine dementsprechende Änderung auf den Weg gebracht wird, ist derzeit noch nicht absehbar.

Aktuell behelfen sich Verantwortungseigentümer zur Umsetzung des Konzepts mit den Rechtsformen des Gemeinnützigkeitsrechts. In den meisten Fällen wird dabei auf Stiftungslösungen zurückgegriffen: Nach Errichtung einer gemeinnützigen Stiftung wird ein Großteil der Unternehmensanteile auf diese übertragen. Auf diese Weise kann z.B. verhindert werden, dass die Unternehmensanteile veräußert werden. Durch die gemeinnützigkeitsrechtliche Zweckbindung ist ferner sichergestellt, dass mit den Erträgen aus dem Unternehmen ein gesellschaftlich relevanter Zweck gefördert wird.

Auch denkbar ist eine Umsetzung des Grundgedankens von Verantwortungseigentum unter Einbeziehung einer gGmbH oder einer Genossenschaft.

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In Dänemark existieren weit mehr Unternehmen, die in Verantwortungseigentum stehen, als in Deutschland. In den USA gibt es die relativ junge Rechtsform der Public Benefit Corporation (PBC), eine Art Zwitter zwischen einer gemeinnützigen und einer „for-profit“ Unternehmung. Auch in Deutschland dürfte die Diskussion um eine eigene Rechtsform für Verantwortungseigentum nun an Fahrt aufnehmen. In welche Richtung sich die Diskussion entwickeln wird, bleibt allerdings abzuwarten. Viele Wege scheinen möglich: Von einer eigenen Rechtsform über ein neues, dem Gemeinnützigkeitsrecht ähnliches, Steuerregime bis zu einer Erweiterung der gemeinnützigen Zwecke oder einer eher marginalen gesetzliche Änderungen mit Blick auf die schon heute existierenden Stiftungsmodelle scheint alles möglich zu sein. Nicht überraschen würde auch, wenn der Gesetzgeber passiv bliebe und gar keine Änderungen vornimmt.

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Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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