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Rechtsschutz gegen Vereinsverbot nur für Vereinsmitglieder

Rechtsschutz gegen Vereinsverbot nur für Vereinsmitglieder

Vereinsmitglieder können gegen ein sie betreffendes Vereinsverbot gerichtlich vorgehen. Unbeteiligten Dritten steht diese Befugnis nicht zu. Dies entschied kürzlich das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG).

Klage gegen das Verbot des rechtsextremen Vereins „Nordadler“

Gestritten wurde um die Frage, ob der rechtsextreme Verein „Nordadler“ im Jahr 2020 rechtmäßig vom Bundesinnenministerium verboten wurde. Der damalige Innenminister Seehofer (CDU) hatte den Verein verboten und aufgelöst. In diesem Zusammenhang führte die Polizei mehrere Razzien durch und beschlagnahmte das Vereinsvermögen.

Klagebefugnis liegt nicht vor

Zu dieser essenziellen Frage kam es in der Verhandlung aber gar nicht, denn das Gericht erklärte die Klage für unzulässig. Zulässig ist eine Klage, wenn sie verschiedene prozessuale Anforderungen erfüllt. Eine dieser Anforderungen ist die sog. Klagebefugnis.

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Der Kläger hat darzulegen, dass ihn der Verwaltungsakt in eigenen Rechten verletzt. Vorliegend wäre das der Fall, wenn der Kläger als Vereinsmitglied unmittelbar vom Verbot betroffen gewesen wäre oder er den Verein vertritt. Statt allerdings eine solche Betroffenheit nachzuweisen, gab der Kläger an, er habe „damit nichts zu tun gehabt“. Dies konnte das Gericht nicht anders deuten, da der Kläger weder ein Vereinsmitglied noch unmittelbar vom Vereinsverbot betroffen war.

Das Gericht verwies zudem auf die Linie der sonstigen Rechtsprechung in Fällen dieser Art.

Ähnlicher Fall bei linksextremistischem Redaktionsnetzwerk

Ähnlich lag die Situation vor ein paar Jahren, als die Plattform linksunten.indymedia gesperrt und der dahinter stehende Verein verboten wurde. Auf der Plattform konnten anonymisiert Inhalte geteilt werden. Viele dieser Inhalte verletzten dabei allerdings Strafgesetze. So wurde zu Straftaten aufgerufen, und es wurden Anleitungen zur Begehung von Straftaten verbreitet.

Ähnlich wie im obigen Fall wollte sich die Klägerin, die Adressatin des Vereinsverbotes, gegen dieses wehren. Allerdings brachte sie an, dass der Verein nicht i.S.d. § 2 Abs. 1 VereinsG bestehe.

Nur Verein selbst kann sich gegen Vereinsverbot richten

Das BVerwG hat in seinem Urteil zu linksunten.indymedia festgestellt, dass zur Anfechtung des Vereinsverbots nur der Verein selbst, nicht aber Vereinsmitglieder befugt sind, sofern keine eigene Rechtsverletzung besteht. Denn das Vereinsverbot berührt den Verein in seiner Rechtsstellung (Organisationsverbot), nicht das Vereinsmitglied, da es sich nicht um ein Betätigungsverbot handelt. Ist die Verbotsverfügung hingegen ausdrücklich an Einzelpersonen adressiert, können diese geltend machen, gar keinen Verein im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG zu bilden.

So war es vorliegend im Fall von linksunten.indymedia. Allerdings konnte das BVerwG keine Verletzung der Klägerin in ihren Rechten feststellen, sodass ihre Klage gegen das Vereinsverbot unbegründet war.

Kläger muss sich entscheiden, in welcher Position er auftreten will

Grundsätzlich ist zu unterscheiden, inwiefern der Kläger betroffen ist und wogegen er sich wenden will. So können zum einen der Vorstand oder ein sonstiger besonderer Vertreter stellvertretend für den Verein gegen das Vereinsverbot und die damit einhergehende Einschränkung der Grundrechte vorgehen. Zum anderen können Einzelpersonen, insbesondere wenn sie durch Ermittlungsmaßnahmen und Durchsuchungen seitens der Staatsanwaltschaft betroffen sind, die Feststellung begehren, zu Unrecht davon betroffen gewesen zu sein, da sie bspw. kein Mitglied des Vereins waren. Diese Feststellung kann der Vorbereitung von Amtshaftungsprozessen dienen. In diesen Fällen ist jedoch nicht das BVerwG, sondern das örtlich zuständige Verwaltungsgericht anzurufen.

In den oben genannten Fällen ging es den Klägern darum, ihnen gehörende Sachen, die von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden waren, zurückzuerlangen.

Umfassende Beratung für Vereine

Wird ein Verein verboten oder droht ein solches Verbot, hat dies oftmals nicht nur Folgen für den Verein selbst, sondern auch mittelbar für Vereinsmitglieder und sonstige Einzelpersonen, die – wenn auch fälschlicherweise – als dem Verein zugehörig eingestuft werden. Bezüglich der Fragen, wie und wogegen Sie in einer solchen Situation vorgehen können und welche Rechtsschutzform in Ihrem Fall die richtige ist, beraten Sie unsere Spezialisten im Vereinsrecht gern.

BVerwG, Urteil v. 31.08.2022, Az. 6 A 9.20
BVerwG, Urteil v. 29.01.2020, Az. 6 A 1.19

Weiterlesen:
Rechtsberatung im Vereinsrecht und Verbandsrecht
Vereinsverbot: Verfahren, Voraussetzungen, Folgen

Benjamin Kirschbaum

Rechtsanwalt Benjamin Kirschbaum ist vor allem in den Bereichen Blockchain und Kryptowährungen sowie im allgemeinen Zivilrecht, Gemeinnützigkeitsrecht, Verwaltungsrecht und Kirchenrecht/Religionsrecht tätig.

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