Kann die Anwesenheitsprämie, die ein Arbeitgeber seinen Angestellten jeweils für einen Monat ohne Fehltage gezahlt hat, auf den Mindestlohn angerechnet werden oder wird mit der Prämie ein besonderer Zweck verfolgt, der zusätzlich zum Mindestlohn zu vergüten ist?
Arbeitgeber zahlt Anwesenheitsprämie
Ein Arbeitgeber hat seinen Beschäftigten seit 1999 monatlich 100 DM an Prämie gezahlt, wenn diese ohne krankheitsbedingte Fehltage im Betrieb anwesend waren. Nach der Einführung des Mindestlohns in Deutschland am 1. Januar 2015 entschied sich der Arbeitgeber, diese Prämie weiter zu zahlen, sie jedoch auf den Mindestlohn anzurechnen.
Die klagende Arbeitnehmerin war der Ansicht, dass die Anwesenheitsprämie nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden dürfe. Der Arbeitgeber vertrat die gegenteilige Auffassung.
Zunächst siegte die Angestellte vor dem Arbeitsgericht. Dieses Urteil wurde jedoch in der Berufung richtigerweise wieder aufgehoben und die Klage der Arbeitnehmerin abgewiesen.
Sinn und Zweck der Prämie entscheidet
Das Gericht begründete seine Entscheidung maßgeblich mit den Gedanken der herrschenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Danach kann eine Anwesenheitsprämie nicht von der grundlegenden vertraglichen Pflicht des Arbeitnehmers, zur Arbeit zu erscheinen, abgetrennt werden. Daher besteht eine zwingende funktionelle Gleichwertigkeit zwischen der Prämie und der geschuldeten Arbeitsleistung. Die Prämie kann somit angerechnet werden.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn Gesetze einem Zuschlag oder der Zulage einen besonderen Zweck verleihen, welcher der Anrechnung auf den Mindestlohn entgegensteht, wie z.B. Nachtzuschläge.
Prämien vorab prüfen lassen
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LAG Bremen Urteil vom 10.08.2016 – 3 Sa 8/16
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