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NPOs in Bedrängnis durch strafbare Handlungen von Geschäftsführer oder Vorstand

Strafbare Handlung im VereinSeit Monaten gibt es aus Frankfurt Schlagzeilen über den AWO-Skandal. Die AWO Protect GmbH, eine gemeinnützige Tochterfirma des gemeinnützigen Frankfurter AWO-Kreisverbands, befindet sich seit Anfang des Jahres im Insolvenzverfahren. Nun macht der Insolvenzverwalter der umstrittenen Sicherheitsfirma Ansprüche in Höhe von 3,9 Millionen Euro gegen den ehemaligen Geschäftsführer Klaus Roth geltend.

Die Summe setzte sich aus den Folgen einer verspäteten Insolvenzanmeldung und diverser Schadensersatzansprüche zusammen. Gegen die ehemaligen Geschäftsführer der AWO Protect GmbH ermittelt außerdem die Staatsanwaltschaft Frankfurt wegen des Verdachts auf Betrug und Untreue.

Ermittlungsverfahren gegen NPO-Verantwortliche

Immer wieder verdächtigen Verantwortliche gemeinnütziger Organisationen den Vorstand oder die Geschäftsführung wegen illegaler Machenschaften. Auf der einen Seite befinden sich in einem solchen Fall die Verantwortlichen, gegen die dann ggf. ein Ermittlungsverfahren geführt wird. Auf der anderen Seite befindet sich die gemeinnützige Organisation, die grundsätzlich – wenn sie ihren Gemeinnützigkeitsstatus nicht gefährden möchte – dem Verdacht nachzugehen hat, um dann gegebenenfalls Rückzahlungsansprüche geltend zu machen. In beiden Fällen ist Expertise im Gemeinnützigkeits- und im (Wirtschafts-)Strafrecht unabdingbar, um Vorgänge rechtlich zutreffend bewerten zu können.

Verfehlungen des Geschäftsführers gehen zulasten der Gesellschaft

Begeht der Geschäftsführer einer gemeinnützigen Gesellschaft, wie der AWO Protect GmbH, eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit, die im Zusammenhang mit seiner Funktion als Geschäftsführer steht, kann dies auch für die Gesellschaft negative Auswirkungen haben. So droht auf steuerrechtlicher Seite der (auch rückwirkend mögliche) Entzug der Gemeinnützigkeit.

Mit dem Verlust des Gemeinnützigkeitsstatus geht nicht nur ein erheblicher Imageschaden einher, sondern schlimmstenfalls die Existenzvernichtung, da eine hohe Steuernachzahlung (Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer) zu befürchten ist sowie die Verpflichtung zur Rückzahlung von Fördermitteln und gegebenenfalls auch Spenden.

Auch Förderer – egal ob private oder staatliche – wenden sich in der Regel ab. Die AWO Protect GmbH ist ein mahnendes Beispiel, da sie nach Bekanntwerden der Vorwürfe kaum noch Aufträge generierte. Auf strafrechtlicher Seite droht der Gesellschaft für Verfehlungen ihrer Leitungspersonen eine zusätzliche eigene Haftung nach dem künftigen Verbandssanktionengesetz.

Hohe Beweishürden beim Innenregress

Unsere Erfahrung in der Praxis zeigt: die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegen die früheren Verantwortlichen bringt einige Hürden mit sich. Insbesondere der Nachweis einer schuldhaften Pflichtverletzung lässt sich oft nur schwer führen, insbesondere wenn beweiserhebliche Dokumente verschwunden sind.

Hinzu kommt, dass die Gerichte den Verantwortlichen bei ihren Aufgaben einen gewissen unternehmerischen Entscheidungsspielraum (sog. Business Judgement Rule) zugestehen. Gemeint ist, dass der Geschäftsführer/Vorstand bei seinen unternehmerischen Entscheidungen nur die Sorgfalt eines „ordentlichen Geschäftsmannes“ anzuwenden hat. Dies umfasst grundsätzlich auch die Frage, ob nicht eine Insolvenzanmeldung hätte früher erfolgen müssen.

Häufiger Fall: Ein Vorstandsmitglied veruntreut Vereinsvermögen

Ein häufiges Praxisbeispiel: Wenn ein Vorstandsmitglied Gelder veruntreut und sich in die eigene Tasche steckt, haben die anderen Vorstandsmitglieder diesem Verdacht nachzugehen und müssen Konsequenzen ziehen. Verschließen sie die Augen, weil das Vorstandsmitglied sich im Verein „verdient“ gemacht hat und/oder eine plausible – wenn auch nicht ganz stimmige – Erklärung zum Erhalt der Gelder gemacht hat, haften sie selbst wegen Pflichtwidrigkeit aufgrund der mangelhaften Aufklärung und Überwachung.

Dabei beobachten wir, dass häufig nicht einfach nur in die Vereinskasse gegriffen wird, sondern die Täter „kreativer“ sind und den Anschein eines Anspruchs auf die Zahlung erwecken. Besonders häufig werden Auslagenerstattungsansprüche vorgeschoben, wobei entweder echte Belege für Privatausgaben eingereicht oder diese Belege vollständig gefälscht werden.

Auch Kontoauszüge werden gelegentlich gefälscht, wobei eine Zahlung auf das Privatkonto erfolgt, aus dem Kontoauszug jedoch eine Spendenzahlung an eine andere gemeinnützige Organisation ersichtlich ist. Bei der Revision fällt das nur dann auf, wenn die Kontoauszüge mit den tatsächlichen Zahlungsbewegungen und/oder der Onlinebanking-Übersicht abgeglichen werden. Auch erhöhte oder gar vollständig gefälschte Rechnungen für Dienstleistungen, insbesondere Beratungsleistungen, sind „auffällig“.

Gute Compliance minimiert Haftungsrisiken

Um zu vermeiden, dass Unregelmäßigkeiten überhaupt entstehen, empfiehlt sich auch für gemeinnützige Organisationen ein individuelles Compliancesystem. Im Vordergrund steht dabei die gegenseitige Überwachung der Gesellschaftsorgane. Aber auch die externe Kontrolle der Geschäftsführertätigkeit durch einen Compliance Officer bietet sich an. Dies gilt insbesondere, wenn die Gesellschaft selbst über kein geeignetes Kontrollorgan verfügt und sich der Vorstand größtenteils aus ehrenamtlich Tätigen zusammensetzt.

Sinnvoll ist häufig auch die Beauftragung eines externen Compliancebeauftragten, der ähnliche Aufgaben im Bereich der Prävention und Aufklärung hat wie ein externer Datenschutzbeauftragter im Datenschutzrecht. Durch eine gründliche Compliance können Verstöße eines Verantwortlichen oder sonstiger Mitarbeiter frühzeitig aufgedeckt werden, bevor es zu einem medienwirksamen Ermittlungsverfahren kommt. Darüber hinaus reduziert eine gut funktionierende und transparente Compliance Haftungsrisiken der gemeinnützigen Organisation sowie deren Organe.

Internal Investigations – Interne Untersuchungen vor Strafanzeige

Besteht der Verdacht einer strafbaren Handlung im Vorstand/in der Geschäftsführung oder von sonstigen Mitarbeitern und würde eine Strafanzeige nur unnötige Unruhe und Unsicherheit schaffen, da der Verdacht noch nicht erhärtet ist, kann eine interne Untersuchung ratsam sein.

Während „Internal Investigations“, wie interne Untersuchungen Neudeutsch genannt werden, aus der Presse durch große Skandale, wie der Siemens-Affäre oder dem Abgas-Skandal, bekannt wurden, sind sie bei gemeinnützigen Organisationen unter dem Begriff noch eher unbekannt, obwohl sie bereits seit Jahren üblich sind.

Da interne Untersuchungen aber oft dazu dienen, um intern aufzuräumen und einen Schaden abzuwenden, ist es nachvollziehbar, dass man davon nur selten liest. Auch bei der AWO Frankfurt läuft den Presseberichten zufolge eine interne Untersuchung.

WINHELLER unterstützt NPOs bei internen Untersuchungen

Interne Untersuchungen sollen die bisherige Tätigkeit prüfen und Risiken identifizieren sowie bewerten. Dies und die anschließende Bewertung des Risikos und das Aufzeigen der Handlungsoptionen ist für die Organisationen sehr hilfreich und wird daher oft und gerne in Anspruch genommen. Wenn Sie dahingehend Fragen haben oder schon ganz konkret eine rechtliche Unterstützung benötigen, sind wir Ihre Ansprechpartner. Kommen Sie jederzeit mit Ihren Fragen auf uns zu.

Weiterlesen:
Gemeinnützigkeit in Gefahr: Warum fremde Straftaten für NPOs zum Problem werden können
Compliance für Vereine, Stiftungen und gGmbHs

Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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