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Neuregelungen zu einzelnen gesetzlichen Zweckbetrieben

Feb 28, 12 • AEAOKeine Kommentare

Betrieb eines Schwimmbades

Neu hinzugekommen im AEAO ist eine eigenständige Regelung für den Betrieb eines Schwimmbades, die der bisherigen Verwaltungsauffassung (vgl. OFD Koblenz, Verfügung v. 23.12.2004, Az. S 0171 A – St 33 1) entspricht. Die stundenweise Vermietung an Schulen über mehr als ein Schulhalbjahr hinaus führt danach zu steuerfreien Einnahmen aus Vermögensverwaltung. Damit sind Rechnungen mit ermäßigtem Umsatzsteuersatz auszustellen. Vereinsschwimmen und Schwimmkurse sind unabhängig vom Teilnehmerkreis Zweckbetriebe mit denselben umsatzsteuerrechtlichen Folgen. Gleiches gilt auch, wenn ein reines Schwimmbad (ohne größere Freizeitbereiche wie Sauna, Solarium, Wellness) der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Die Finanzverwaltung schreibt hierzu ausdrücklich die Wettbewerbsneutralität der Vereinsschwimmbäder fest, da die kommerzielle Konkurrenz mit den Spaßbädern eine andere Zielrichtung verfolge.

Behinderten-Werkstätten und Integrationsbetriebe

Die Voraussetzungen für die Zweckbetriebseigenschaft von Werkstätten für behinderte Menschen wurden neu gefasst. Die Änderungen müssen dabei vor dem Hintergrund einer Äußerung des Bundesrechnungshofes zu umsatzsteuerrechtlichen Missbräuchen gesehen werden. Da die Zweckbetriebseigenschaft meist den ermäßigten Umsatzsteuersatz mit sich bringt, wurde bei Anschaffungsvorgängen von Nicht-Vorsteuerabzugsberechtigten (öffentliche Hand, gemeinnützige Körperschaften) an das Ende von Lieferketten häufig missbräuchlich eine Behinderten-Werkstatt gesetzt. Um solchen Gestaltungen vorzubeugen, war § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a) UStG eingeführt worden. Seitdem war die Voraussetzung, dass Behinderten-Werkstätten eine mindestens 10%ige Nettowertschöpfung erzielen müssen, überflüssig. Die 10%-Regelung ist daher nun entfallen.

Die Finanzverwaltung weist außerdem auf den teilweise von behinderten Menschen betriebenen „Tante-Emma“-Lebensmittelladen als typische Erscheinungsform eines Zweckbetriebs hin. Der Handelsbetrieb kann sowohl den zusätzlichen Teil einer Behinderten-Werkstatt bilden als auch im Rahmen eines Integrationsprojekts betrieben werden.

Forschungseinrichtungen

Durch eine Klarstellung weicht das BMF von seinem bisherigen „Alles oder Nichts“-Prinzip im Bereich gemeinnütziger Grundlagen- und Auftragsforschung ab. Das Gesetz erklärt beide Tätigkeiten zum Zweckbetrieb, solange sich die Forschungseinrichtung insgesamt zu über 50% aus öffentlichen oder privaten Zuschüssen sowie aus Vermögensverwaltung finanziert. Wurde die 50%-Schwelle der zulässigen Finanzierung nicht erreicht, ging die Finanzverwaltung bislang insgesamt von einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb aus.

Damit wird im neuen AEAO gebrochen. Wird künftig die Finanzierungsschwelle nicht erreicht, prüft das Finanzamt weiter, ob sich die Tätigkeit einerseits in einen steuerpflichtigen Geschäftsbetrieb zur Auftragsforschung, andererseits in einen Zweckbetrieb mit steuerbegünstigter Forschung aufteilen lässt. Die Gemeinnützigkeit insgesamt ist erst dann in Gefahr, wenn die Auftragsforschung nach der neuen „qualitativen Bewertung“ (vgl. oben) insgesamt zum eigenständigen Zweck der Einrichtung wird.

Selbstversorgungseinrichtungen

Das Gesetz enthält in § 68 Nr. 2 Buchst. b) AO an sich eine klare Regelung. Solange sog. Selbstversorgungseinrichtungen (Tischlereien, Schlossereien, Wäschereien, Küchen, etc.) ihre Leistungen zu nicht mehr als 20% an Außenstehende erbringen, ist dies für die Einstufung als Zweckbetrieb unschädlich. Der BFH sah es kürzlich anders und die Finanzverwaltung folgt ihm nun im neuen AEAO. Danach liegt trotz Einhaltens der 20%-Grenze ein Zweckbetrieb nicht vor, wenn der Betrieb regelmäßig ausgelastet ist und planmäßig über Jahre Leistungen an Außenstehende erbringt. Eine Schonfrist bis Ende 2012 gilt für schon vor dem 01.01.2010 bestehende Betriebe.

Hinweis: Die neue Rechtslage wird zahlreiche Organisationen betreffen, die sich in den letzten Jahren vermeintlich professioneller aufgestellt und mit der Leistungserbringung an Außenstehende eine zusätzliche Einnahmequelle erschlossen haben. Die Neuregelung trifft also vor allem diejenigen Organisationen, die sich auf die gesetzliche Regelung verlassen und sich im guten Glauben entsprechend organisiert haben. Verlässlichkeit ist sicherlich kein Markenzeichen (mehr) des deutschen Steuerrechts.

Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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