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Neue Vorgaben zur Satzung

Verbindlichkeit der gesetzlichen Mustersatzung

Seit Anfang 2009 verlangt das Gesetz, dass die Satzung einer gemeinnützigen Einrichtung die in der gesetzlichen Mustersatzung „bezeichneten Festlegungen“ enthalten muss. Obgleich wir von Beginn an gegen die Pflicht zur wortwörtlichen Übernahme argumentiert haben (vgl. Winheller/Klein, DStZ 2009, 193 ff) und zahlreiche Praktiker, aber auch einige Finanzämter, gleicher Auffassung waren, scheint das BMF nun eine strengere Handhabe zu fordern, was im Grunde nur durch den Willen erklärt werden kann, ausländischen Körperschaften durch formale Hürden subtil den Weg in das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht zu versperren.

Zunächst wiederholt das BMF den Gesetzeswortlaut. Die anschließenden Beispiele, wann in Einzelfällen vom Wortlaut der Mustersatzung in Anlage 1 zu § 60 AO abgewichen werden darf, machen jedoch deutlich, dass es die Finanzämter mit der Wortlautstrenge eher ernst nehmen sollen. So werden zwar als Ausnahmen genannt, dass (1) Mittelbeschaffungskörperschaften auf das Gebot der Unmittelbarkeit, (2) Stiftungen auf Regelungen in Bezug auf Mitglieder, (3) Körperschaften in der Hand gemeinnütziger Eigentümer auf das Ausschüttungsverbot, und (4) Vereine (wie wohl auch GmbHs) auf eine Regelung für den unmöglichen Fall ihrer Aufhebung verzichten können. Damit werden als Ausnahmen aber nur Fälle genannt, in denen eine Abweichung von der Mustersatzung durch gesetzliche Regelungen vorgezeichnet und daher praktisch ohnehin notwendig ist. Daraus folgt aber, dass die Finanzämter den Wortlaut der Mustersatzung generell einfordern werden, wenn nicht ausnahmsweise eine der Regelungen aufgrund der Rechtsform oder entgegenstehender steuerlicher Vorschriften ohnehin denknotwendig ausgeschlossen ist – das ist aber gerade Wortlautstrenge in ihrer reinen Form. Ob es in den Auseinandersetzungen mit den Finanzbehörden helfen wird, dass der AEAO die oben genannten vier Ausnahmen mit dem Einführungssatz „Unter anderem sind in folgenden Fällen Abweichungen vom Wortlaut der Mustersatzung möglich“ überschreibt, bleibt abzuwarten.

Tätigkeitsvergütungen für Vereins- und Stiftungsvorstände

Die frühere Forderung des BMF nach einer ausdrücklichen Satzungsregelung für die Zahlung von Tätigkeitsvergütungen an Vorstände gemeinnütziger Vereine, für deren Einfügung eine Frist bis Ende 2010 gesetzt worden war, hat nun Eingang in den AEAO gefunden. Wie zu befürchten war, geht das BMF im neuen AEAO außerdem davon aus, dass die Regelung auch für Stiftungen gilt. Falls Stiftungsvorständen nicht nur ihre Aufwendungen ersetzt, sondern auch ihre Tätigkeit vergütet wird, ohne dass die Satzung dies ausdrücklich zulässt, besteht also umgehender Handlungsbedarf, wenn nicht die Gemeinnützigkeit in Gefahr geraten soll.

Ausländische Empfangskörperschaften und satzungsmäßige Vermögensbindung

Künftig kann für den Fall der Auflösung der gemeinnützigen Körperschaft als Empfangskörperschaft auch eine ausländische europäische gemeinnützige Körperschaft oder Stiftung in der Satzung benannt werden. Die Finanzverwaltung rückt damit von der bisherigen Beschränkung auf inländische Rechtsträger ab – bevor es der EuGH für sie getan hätte. Die ausländische Empfangskörperschaft muss jedoch ihrerseits grundsätzlich den Anforderungen des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts genügen. Ist dies nicht der Fall, verstößt die Benennung gegen die satzungsmäßige Vermögensbindung.

Angesichts der weitreichenden Konsequenzen (Rückversteuerung für die letzten 10 Jahre) und der bisherigen Unklarheiten zum Prüfungsumfang bei ausländischen Körperschaften, sollte von der neuen Möglichkeit nur mit Vorsicht Gebrauch gemacht werden. Es empfiehlt sich eine vorherige, eingehende Prüfung der ausländischen Empfangskörperschaft und eine stichhaltige Dokumentation.

Hinweis: Die bedauerliche Strenge des Wortlautes der gesetzlichen Mustersatzung, wie sie die Finanzverwaltung jetzt offenbar einfordert, wirkt sich im Ergebnis recht umfassend auch auf alle gemeinnützigen Einrichtungen in Deutschland aus. Zwar gilt die Mustersatzung nur für Körperschaften, die nach dem 31.12.2008 gegründet wurden; und auch letztere sollen ihre Satzungen nicht extra anpassen müssen. Ändern sie aber ihre Satzungen aus einem anderen Grund, müssen auch sie die Regelungen der Mustersatzung beachten. Berücksichtigt man den häufigen Änderungsbedarf in der Praxis, wird dies recht schnell zu einer Angleichung der meisten Satzungen in Deutschland an die Mustersatzung führen. Hat eine Körperschaft bereits mit Wirkung nach dem 31.12.2008 ihre Satzung geändert und dabei nicht an den Wortlaut der Mustersatzung angepasst, besteht umgehender Handlungsbedarf.

Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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