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Negativzinsen machen Banken zu schaffen – Nicht alle Gegenmaßnahmen sind rechtmäßig

Seit einigen Jahren steht die Finanzwelt Kopf. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins für die Eurozone in den negativen Bereich abgesenkt. Banken, die Gelder bei der EZB halten, müssen dafür nun Zinsen an die EZB zahlen. Einlagengelder wurden somit von einem gewinnbringenden Vermögensgegenstand zu einer belastenden Verbindlichkeit. Immer mehr Banken versuchen nun, diese Belastung an ihre Kunden weiterzugeben. Dabei sind jedoch zahlreiche rechtliche Fallstricke zu beachten.

Negativzinsen sind dem Zivilrecht fremd

Die naheliegende Möglichkeit ist, die Einlagengelder der Kunden ihrerseits mit den Negativzinsen der EZB zu belasten. Für die Banken wären diese Einlagen dann wirtschaftlich neutral. Dieser Möglichkeit steht aber die Konzeption des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) entgegen. Als dieses im 19. Jahrhundert geschrieben wurde, waren Negativzinsen unvorstellbar. Leiht jemand einem anderen Geld bzw. gibt dieses in Verwahrung, wie es bei Giro- bzw. Tagesgeldkonten der Fall ist, geht das Gesetz davon aus, dass der Entleiher dem Verleiher Zinsen zu zahlen hat. Der umgekehrte Fall, dass der Kapitalgeber auch noch Zinsen auf sein entliehenes Kapital zu entrichten hat, ist dem BGB hingegen fremd.

Ob von dieser gesetzlichen Grundkonzeption im Einzelfall abgewichen werden kann, ist fraglich. Jedenfalls kann eine Zinsanpassung ins Negative nicht durch eine einseitige Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) durch die Institute geschehen. Denn die Vereinbarung von Negativzinsen stellt den Grundgedanken des Gesetzes auf den Kopf, was eine entsprechende AGB-Klausel unwirksam machen würde. Auch die in den AGB-Banken vorgesehene Zustimmungsfiktion, nach der Bankkunden innerhalb eines bestimmten Zeitraums einer vorgeschlagenen Änderung der AGB widersprechen müssen, da ansonsten ihre Zustimmung zur Änderung unterstellt wird, dürfte unzulässig sein. Das Recht des Kunden Zinsen auf sein Bankguthaben zu erhalten würde so in eine Zinsschuld verwandelt. Denklogisch müsste die Bank – bei unterstellter Vereinbarung von Negativzinsen – zudem auch ihren Kunden Zinsen zahlen, wenn diese ihr Konto überziehen. Ein Geschäft, auf das sich wohl nur die wenigsten Institute einlassen würden.

Vorsicht bei kreativen Gebührentatbeständen

Viele Banken greifen daher in die Trickkiste. Statt negative Zinsen zu erheben, erhöhen sie stattdessen die Gebühren für ihre Dienstleistungen. Dabei werden viele Institute durchaus kreativ. Neben den klassischen Kontoführungsgebühren tauchen inzwischen auch Gebühren für das Abheben von Bargeld, für einzelne Überweisungen und sogar für das Aufrufen des Onlinekontos auf. Aber auch hier ist Vorsicht geboten. Werden Gebühren für Nebenleistungen der Bank per AGB vereinbart, unterliegen diese der Inhaltskontrolle durch die Gerichte. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) dürfen solche Gebühren den Kunden nicht unangemessen benachteiligen. Sie müssen sich grundsätzlich auch an den Kosten des Instituts für die entsprechende Leistung orientieren. Welche Kosten tatsächlich entstehen, muss die Bank nachweisen. Als zusätzliche Einnahmequelle zum Ausgleich der Negativzinsen taugen solche Gebühren also nur bedingt.

Kreditinstitute sitzen damit zwischen dem Hammer der Negativzinsen und dem Amboss der verbraucherfreundlichen Rechtsprechung des BGH. Die rechtlichen Möglichkeiten für Banken, die Belastungen durch Negativzinsen an die Kunden weiterzugeben sind deshalb genau zu prüfen. Unser Bankrechtsteam steht Ihrem Institut gerne mit Rat und Tat zur Seite. Gerne loten wir gemeinsam mit Ihnen die Möglichkeiten neuer Entgeltquellen und die Zulässigkeit der Weiterreichung von Negativzinsbelastungen aus. Kontaktieren Sie uns unter info@winheller.com oder unter +49 (0)69 76 75 77 80.

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Anlassrechtsprechung: BGH schraubt Anforderungen an überraschende Klauseln nach oben
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Dr. Annette Wagemann

Dr. Annette Wagemann ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und berät Unternehmen und deren Manager umfassend zu wirtschaftsrechtlichen Fragestellungen. Bei WINHELLER ist sie auf die rechtliche Strukturierung von Geschäftsmodellen, Corporate Governance und Compliance spezialisiert.

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