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Mitgliederversammlung im Verein: Protokollieren will gelernt sein

Mitgliederversammlung im Verein: Protokollieren will gelernt seinAbstimmungen innerhalb eines Vereins müssen gegenüber dem Registergericht wirksam nachgewiesen werden. Dass das gar nicht so einfach ist, merkte ein Verein kürzlich vor dem Kammergericht (KG) Berlin. Das Gericht musste entscheiden, welche Angaben im Protokoll einer Mitgliederversammlung notwendigerweise enthalten sein müssen.

Nur Ja-Stimmen im Protokoll

Was war passiert? Die Mitglieder des betreffenden Vereins wollten bei einer Mitgliederversammlung zwei neue stellvertretende Vereinsvorsitzende wählen. Nach der Wahl sollte das Ergebnis beim zuständigen Registergericht eingetragen werden. Dazu reichte der Vereinsvorstand das Protokoll der Mitgliederversammlung beim Registergericht ein. Das Problem: Das Protokoll enthielt ausschließlich die abgegebenen Ja-Stimmen. Weder Nein-Stimmen noch Enthaltungen wurden aufgeführt.

Kein ausreichendes Protokoll

Das fand auch das Registergericht problematisch. Es war der Meinung, dass keine wirksame Wahl stattgefunden habe. Der Grund: Das, was bei der Mitgliederversammlung protokolliert wurde, entsprach nicht dem, was die Satzung für die Beschlussfassung vorsah. Für die Beschlussfassung war laut Vereinssatzung eine einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen notwendig.

Bei der Abstimmung, um die es vor Gericht ging, wurden die Kandidaten mit 74 bzw. 79 Stimmen gewählt, wobei insgesamt 172 Stimmen abgegeben wurden. Aus dem Protokoll ging aber nicht hervor, wie viele Nein-Stimmen und Enthaltungen abgegeben wurden. Das wäre aber wichtig gewesen, um zu ermitteln, ob die abgegebenen Ja-Stimmen für eine einfache Mehrheit ausreichten. Denn: Im Gegensatz zu den Nein-Stimmen werden Enthaltungen nicht berücksichtigt. Deshalb wären im Falle vieler Enthaltungen unter Umständen auch 74 bzw. 79 Stimmen für eine einfache Mehrheit ausreichend gewesen. Das ging aber gerade nicht aus dem Protokoll hervor. Die Eintragung wurde daher abgelehnt.

Verein: Satzung meint die relative Mehrheit

Damit wollte sich der Verein nicht zufriedengeben. Er behauptete, dass in der Vereinssatzung zwar nach dem Wortlaut eine einfache Mehrheit gefordert werde, die Vereinsmitglieder darunter aber eine Konstellation verstünden, bei der es im Vergleich zu den Nein-Stimmen mehr Ja-Stimmen gebe. Dass dies eigentlich als relative Mehrheit bezeichnet wird, sei nicht wichtig, weil unter den Vereinsmitgliedern darüber Konsens bestehe.

Satzung ist nach Wortlaut auszulegen

Das KG Berlin gab dem Registergericht Recht. Zur Begründung führte es aus, dass die Satzung nach dem Wortlaut auszulegen sei. In der Satzung des betreffenden Vereins stehe ausdrücklich, dass für einen Beschluss eine einfache Mehrheit benötigt werde. Dass die stellvertretenden Vorsitzenden mit einer einfachen Mehrheit gewählt wurden, könne aber wegen der fehlenden Nein-Stimmen und Enthaltungen im Protokoll nicht nachgewiesen werden.

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Wir halten die Entscheidung des KG Berlin für richtig: Zum einen muss aus dem Protokoll die Verteilung der Stimmen klar hervorgehen, zum anderen ist in der Tat der Wortlaut der Satzung entscheidend. Wie die Mitglieder eines Vereins die Worte „einfach“ und „relativ“ verstehen wollen, muss hingegen unerheblich sein. Abgesehen davon hätte auch eine Umdeutung in das Erfordernis einer relativen Mehrheit nichts genutzt, weil auch diese wegen des fehlerhaften Protokolls nicht hätte festgestellt werden können.

Protokoll ordentlich führen

Die Entscheidung zeigt: Das Protokoll zu einer Mitgliederversammlung muss ordentlich geführt werden und im Idealfall im Anschluss an die Versammlung noch einmal kontrolliert werden, um Überraschungen beim Registergericht zu vermeiden. Vereine, die auf Nummer sicher gehen wollen, können selbstverständlich einen Anwalt für Vereinsrecht mit der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung ihrer Mitgliederversammlung beauftragen.

KG Berlin, Beschluss v. 23.05.2020 – 22 W 61/19

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Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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