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Mindestlohn im Ehrenamt

Seit dem 1. Januar 2015 gilt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Er gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmer, allerdings bestätigen komplizierte Ausnahmen die Regel. Die Praxis zeigt: Immer wieder stellen sich Fragen, wer denn nun eigentlich den Mindestlohn bekommen muss und wer unter eine der zahlreichen Ausnahmen fällt. Gerade für den Dritten Sektor sind diese Fragen entscheidend, bedeuten sie doch bares Geld. Ein kleiner Leitfaden durch den Ausnahmen-Dschungel des Mindestlohngesetzes:

Auch Praktikanten nach dem Mindestlohngesetz Arbeitnehmer

Das Mindestlohngesetz gilt grundsätzlich auch für Praktikanten, denn auch diese gelten dem Mindestlohngesetz zufolge als Arbeitnehmer. Allerdings sieht das Gesetz einige Ausnahmen vor: So muss kein Mindestlohn gezahlt werden, wenn das Praktikum nicht länger als drei Monate dauert und der Berufsorientierung oder Studienfachwahl dient. Eine weitere Ausnahme besteht für solche Praktika, die aufgrund einer schul- oder hochschulrechtlichen Bestimmung abgeleistet werden müssen. Der Klassiker ist hier das Pflichtpraktikum im Rahmen eines Studiums. Schließlich wird auch dann keine Mindestlohnvergütung fällig, wenn das Praktikum begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung abgeleistet wird und die Dauer von drei Monaten nicht übersteigt. Wenn der Praktikant aber ein zweites Mal bei demselben Ausbilder ein Praktikum machen will, muss auch ihm der Mindestlohn gezahlt werden.

Kein Mindestlohn für ehrenamtlich Tätige?

§ 22 Abs. 3 des Mindestlohngesetzes nimmt ehrenamtlich Tätige vom Mindestlohn aus. Das Problem an dieser gesetzlichen Formulierung ist, dass es im deutschen Recht keine Definition gibt, was mit einem „ehrenamtlich Tätigen“ konkret gemeint ist. Insofern kommt es hier auf den Einzelfall an. Wenn die Tätigkeit nicht in der Erwartung einer konkreten Gegenleistung ausgeübt wird, sondern eher dadurch geprägt ist, sich für das Gemeinwohl einzusetzen, muss kein Mindestlohn gezahlt werden. Handelt es sich dagegen um eine Tätigkeit mit gewerblichem Charakter, muss selbst dann der Mindestlohn gezahlt werden, wenn die Tätigkeit in einer gemeinnützigen Einrichtung absolviert wird. Um die Trennlinie korrekt zu ziehen, kommt es daher auf eine – schwierige – Gesamtbetrachtung an. Sind die Tätigkeiten darauf angelegt, Gewinn zu erzielen: Mindestlohn. Wird mit der Tätigkeit eher ein ideeller Zweck verfolgt: kein Mindestlohn.

Minijob vs. Mindestlohn

Vielfach ist die Entscheidung, welcher Zweck im Vordergrund steht, nicht einfach zu fällen. Das Problem stellt sich z.B. häufig bei Minijobs: Arbeitet eine Person im Rahmen eines Minijobs bei einer gemeinnützigen Organisation, ist zu klären, ob diese Person als Arbeitnehmer einzustufen ist. Es gilt also alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Wichtig ist zum Beispiel, ob der Auftraggeber ein umfangreiches Weisungsrecht hat und natürlich, ob ein erwerbswirtschaftlicher Zweck mit der Tätigkeit verfolgt wird. Ist dem so, liegt ein Arbeitsverhältnis vor und der Mindestlohn wird fällig, auch dann, wenn die Tätigkeit als ehrenamtlich oder freiwillig bezeichnet wird. Die Faustregel ist also: Minijobber müssen grundsätzlich den gesetzlichen Mindestlohn bekommen. Der Mindestlohn bedeutet laut Bundesarbeitsministerium dann lediglich, dass sich im Zweifelsfall die Arbeitszeit des Minijobbers verringert bzw. dass schlicht kein Minijob mehr vorliegt.

Auf der Grundlage der aufgezeigten Abgrenzungskriterien geht das Bundesarbeitsministerium für Vertragsamateure z.B. davon aus, dass der Sport und nicht die finanzielle Gegenleistung im Vordergrund steht, weshalb in der Regel kein Mindestlohn gezahlt werden muss. Gleiches gilt für Übungsleiter und Trainer im Sinne des § 3 Nr. 26 EStG: Auch sie sind regelmäßig Ehrenamtliche, sodass das Mindestlohngesetz keine Anwendung findet.

Arbeitsvertrag muss Bestandteile des Minijobs auflisten

Schwierig zu beurteilen sind schließlich auch Kombinationen von Minijob und Ehrenamt: Sie werden als ein einheitliches Arbeitsverhältnis gewertet, das vollständig dem Mindestlohngesetz unterfällt. Das schließt nach Ansicht des Bundesarbeitsministeriums aber immerhin ein über den Minijob hinausgehendes ehrenamtliches Engagement nicht aus. Es müsse sich dann nur klar aus dem Arbeitsvertrag ergeben, welche Leistungen in welchem Umfang Bestandteil des Minijobs sind. Das Ehrenamt sollte sich deutlich davon abgrenzen lassen. Andernfalls könnte der Verdacht aufkommen, dass das Mindestlohngesetz umgangen wird. Wenn beispielsweise ein Übungsleiter eine Jugendmannschaft trainiert und daneben auf Minijob-Basis noch das Vereinshaus reinigt, unterliegen nur die Reinigungsarbeiten dem Mindestlohn. In dem Beispiel sind beide Tätigkeiten eindeutig voneinander abgrenzbar. Anders wäre zu entscheiden, wenn der Übungsleiter für das Training und die Aufsicht und Wartung aller Vereinsräumlichkeiten zuständig wäre und dafür pauschal 650 Euro pro Monat erhielte, 450 Euro aus dem Minijob und 200 Euro Übungsleiterpauschale. Hier ist nicht klar, was Minijob und was Ehrenamt ist. Der Vertrag würde insgesamt dem Mindestlohngesetz unterliegen.

Aufzeichnungspflichten beachten

Problematisch sind für viele gemeinnützige Organisationen die umfangreichen Aufzeichnungspflichten, die vom Gesetzgeber verlangt werden. Bei Verstößen drohen empfindliche Bußgelder. Zu den ehrenamtlich Tätigen, die dem Mindestlohngesetz nicht unterfallen, gehören außer den bereits erwähnten im Übrigen auch alle Personen, die einen Freiwilligendienst absolvieren. Dazu zählen der Bundesfreiwilligendienst, das freiwillige soziale und ökologische Jahr, der europäische, internationale und entwicklungspolitische Freiwilligendienst sowie der Freiwilligendienst aller Generationen.

Weiterlesen:
Der Mindestlohn im Dritten Sektor – komplizierte Ausnahmeregelungen
Kostenloses Webinar: „Mindestlohn & Vergütung für Praktikanten, Studenten und Duale Ausbildung in gemeinnützigen Organisationen“

Ellen Pusch

Rechtsanwältin Ellen Pusch hat sich am Standort München auf das Arbeitsrecht und als zertifizierter Testamentsvollstrecker (DVEV) auf das Erbrecht spezialisiert. Sie gestaltet und optimiert Arbeits-, Aufhebungs- und Abwicklungsverträge und begleitet Umstrukturierungsvorhaben und M&A-Transaktionen (Betriebsübergänge).

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