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MiCA-Erlaubnis: Unternehmen benötigen Lizenz für Kryptodienstleistungen

Mit der „Regulation on Markets in Crypto-assets “(MiCA oder auch MiCAR), zu Deutsch „Verordnung über Märkte für Kryptowerte“, soll der europäische Flickenteppich der Kryptoregulierung harmonisiert werden (wir haben bereits hier darüber berichtet). Die Verordnung ist Teil des Pakets zur Digitalisierung des Finanzsektors, eines EU-Maßnahmenpakets, das darauf abzielt, das Innovations- und Wettbewerbspotenzial des digitalen Finanzwesens weiter zu erschließen und zu fördern und gleichzeitig mögliche Risiken zu mindern.

MiCAR tritt noch 2022 in Kraft

Nachdem Deutschland bereits im Jahr 2020 im Zuge der Umsetzung der 5. Geldwäscherichtlinie der EU das Kryptoverwahrgeschäft als Finanzdienstleistung und Kryptowerte als Finanzinstrumente definiert und dadurch die Verwahrung von und den Handel mit einem Großteil der existierenden Kryptowährungen unter einen Erlaubnisvorbehalt gestellt hat, wird dies nun auch auf europäischer Ebene geschehen. Dadurch wird die Regulierung von Kryptowerten in ganz Europa dem Bank- und Kapitalmarktrecht zuzuordnen und stark reguliert sein.

Der Rat der Europäischen Union billigte am 05.10.2022 die vorläufige Einigung über die MiCAR, sodass das förmliche Annahmeverfahren nun beginnt. Die MiCAR wird damit aller Voraussicht nach noch im Jahr 2022 verabschiedet und in Kraft treten und nach einer 18-monatigen Übergangsfrist im Jahr 2024 unmittelbare Anwendung in allen Mitgliedstaaten finden.

Das sind die zentralen Inhalte von MiCAR

Das Hauptziel der MiCAR ist die Harmonisierung des Kryptomarktes innerhalb der EU und damit die Schaffung eines sicheren Rechtsrahmens für Kryptodienstleister. Die Kernregelungen betreffen dabei:

  • Transparenz- und Offenlegungspflichten für die Ausgabe von Kryptowerten und ihre Zulassung zum Handel: Dabei geht es insbesondere um Kryptowert-Whitepaper, Marketingmitteilungen sowie die Vermeidung, Ermittlung, Regelung und Offenlegung von Interessenkonflikten
  • Zulassung und Beaufsichtigung von Anbietern von Kryptodienstleistungen, Emittenten wertreferenzierter Token und Emittenten von E-Geld-Tokens: Dabei geht es insbesondere um die Erlaubnis von Kryptodienstleistern
  • Organisation und Unternehmensführung sowie den Betrieb von Emittenten wertreferenzierter Tokens, Emittenten von E-Geld-Tokens und Kryptodienstleistungen
  • Verbraucherschutzvorschriften für Ausgabe, Tausch und Verwahrung von Kryptowerten sowie den Handel damit
  • Maßnahmen zur Verhinderung von Marktmissbrauch mit dem Ziel, die Integrität der Märkte für Kryptowerte zu gewährleisten

Kryptowerte nach der MiCAR

Die MiCAR definiert Kryptowerte generell als eine digitale Darstellung von Werten oder Rechten, die unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden können. Damit ist die Definition von Kryptowerten in der MiCAR weiter als die Definition des deutschen Gesetzgebers, der Kryptowerte im Kreditwesengesetz (KWG) definiert als

  • digitale Darstellungen eines Wertes,
  • der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber
  • von natürlichen oder juristischen Personen aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert wird oder Anlagezwecken dient,
  • auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann und
  • kein E-Geld oder monetärer Wert nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) ist.

Folglich werden sich auch deutsche Kryptodienstleister mit der Klassifizierung der von ihnen genutzten oder angebotenen Kryptowerte auseinandersetzen müssen, da sie möglicherweise aufgrund des engeren KWG-Tatbestandes noch erlaubnisfreie Dienstleistungen erbringen, die mit dem Inkrafttreten der MiCAR einer Erlaubnis bedürfen.

MiCA definiert drei spezielle Kryptowerte

Zudem definiert die MiCAR drei spezielle Fälle von Kryptowerten:

  • Wertreferenzierte Token, die Wertstabilität gewährleisten und als Wertspeicher dienen sollen. Hierunter fallen, je nach konkreter Ausgestaltung, diverse Stable Coins, wie z.B. Tether oder DAI.
  • E-Geld-Token deren Hauptzweck darin besteht, als Tauschmittel zu dienen, und bei denen eine Nominalgeldwährung, die gesetzliches Zahlungsmittel ist, als Bezugsgrundlage verwendet wird, um Wertstabilität zu erreichen. Auch hierunter fallen, je nach konkreter Ausgestaltung, diverse Stable Coins, wie bspw. USD Coin (USDC) oder Binance USD (BUSD).
  • Utility-Token, die dazu bestimmt sind, digitalen Zugang zu einer Ware oder Dienstleistung zu verschaffen, über DLT verfügbar ist und nur vom Emittenten dieses Tokens akzeptiert wird. Hierunter fallen bspw. der Basic Attention Token (BAT) oder Decentraland (MANA).

Dabei ist eine genaue Abgrenzung aufgrund der bisher dürftigen Definitionen bislang schwierig, zumal viele Kryptowerte sich lediglich unter die allgemeine Definition von Kryptowerten subsumieren lassen und daher unter die Kategorie „andere Kryptowerte als wertreferenzierte Token und E-Geld-Token“ der Art. 4 ff. MiCAR fallen.

Fallen NFTs unter die MiCAR?

Insbesondere NFTs sind Gegenstand anhaltender Diskussionen, da bislang nicht endgültig klar ist, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen und wie sie überhaupt unter die MiCAR fallen. Auch hinsichtlich einiger Stablecoins können sich erhebliche Abgrenzungsproblematiken ergeben.

Nicht geregelt werden zudem sog. DeFi-Anwendungen (Decentralized Finance), für die es gesonderte Rechtsakte geben soll. Berührt wird das Thema lediglich durch die Zinsverbote, denn Emittenten wertreferenzierter Tokens und E-Geld-Tokens sowie Anbieter von Kryptodienstleistungen dürfen keine Zinsen oder anderen Vorteile erlangen, die im Zusammenhang mit dem Zeitraum stehen, in dem ein Inhaber diese Tokens hält.

Erlaubnispflicht für Kryptodienstleister

Einer der Hebel, durch die die MiCAR Sicherheit im Kryptomarkt gewährleisten soll, ist das Erfordernis einer Erlaubnis für das Erbringen von Kryptodienstleistungen. So dürfen entsprechende Dienstleistungen nur von geeigneten Unternehmen erbracht werden, die über eine ordentliche Geschäftsorganisation verfügen und von einer zuverlässigen und fachlich geeigneten Geschäftsleitung geführt werden. Auch die Anteilseigner der Unternehmen, die direkt oder indirekt mehr als 20 Prozent des Aktienkapitals oder der Stimmrechte des Anbieters von Kryptodienstleistungen besitzen oder auf andere Weise die Kontrolle über diesen Anbieter von Kryptodienstleistungen ausüben, müssen nachweisen, dass sie über die erforderliche Zuverlässigkeit und fachliche Eignung verfügen.

Konsequenz daraus ist, dass alle Unternehmen, die Dienstleistungen mit Kryptowerten in der EU anbieten möchten, über eine Erlaubnis verfügen und in der EU niedergelassen sein müssen. Abzuwarten bleibt, ob es trotz der Harmonisierung Unterschiede hinsichtlich der Erlangung einer entsprechenden Erlaubnis und somit eine Arbitrage zwischen den Jurisdiktionen geben wird.

Unternehmen, die über eine Zulassung nach MiFID II („Markets in financial instruments directive 2“, zu Deutsch „Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente“) verfügen, in Deutschland also Banken und Wertpapierinstitute, benötigen keine Erlaubnis für das Erbringen von Kryptodienstleistungen nach der MiCAR. E-Geld-Institute profitieren von der sog. Grandfathering Rule, durch die ihnen ein vereinfachtes Verfahren zur Erlangung einer MiCAR-Erlaubnis zur Verfügung steht.

Auch wenn die Erlangung einer Erlaubnis mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand einhergeht, bietet die MiCAR-Erlaubnis für Unternehmen den Vorteil, dass sie innerhalb der EU dem sog. Passporting unterliegt. Das Passporting bzw. der europäische Pass ermöglicht es Finanzinstituten, unter der Erlaubnis ihres EU-Heimatlandes auch in anderen Mitgliedstaaten ihre Dienstleistungen zu erbringen, ohne erneut eine Erlaubnis für dieses Land beantragen zu müssen.

Unternehmen sollten schon jetzt Lizenzen beantragen

Abzuwarten bleiben zudem Auslegungshinweise und Regulierungsstandards der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), durch die eine einheitliche Interpretation ermöglicht und eine Orientierungshilfe bei der Auslegung der MiCAR geschaffen werden soll. Dies erfolgt grundsätzlich durch öffentliche Konsultationen, bei denen Unternehmen und Experten die Möglichkeit eingeräumt wird, sich zu äußern.

Mit Blick auf die Grandfathering Rule bietet es sich für Unternehmen, die Kryptodienstleistungen anbieten möchten, bereits jetzt an, entsprechende Lizenzen zu beantragen und so den Unwägbarkeiten der Implementierung der neuen Regelungen aus dem Weg zu gehen und zudem einen schnelleren Marktzugang zu erhalten.

Insgesamt ist zu erwarten, dass sich die MiCAR positiv auf den europäischen Kryptomarkt auswirken wird. Trotz anfänglicher Kritik vieler Kryptoverbände war die Regulierung von Kryptowerten und des Kryptoverwahrgeschäfts in Deutschland im Jahr 2020 ein Katalysator für die deutsche Kryptoindustrie und hatte zur Folge, dass sich eine Vielzahl internationaler Kryptodienstleister um Lizenzen in Deutschland bemüht.

WINHELLER berät zur MiCA-Erlaubnis und Lizenzfragen

Sie haben Fragen zur Regulierung Ihres Krypto- oder NFT-Vorhabens oder zum Thema Krypto/NFT und Steuern? Melden Sie sich gerne bei uns. Sowohl für Regulierungsfragen als auch für sämtliche Steuerfragen stehen Ihnen unsere erfahrenen Experten gern zur Verfügung. Kommen Sie jederzeit auf uns zu!

Quelle:
Offizieller Entwurf der MiCAR des Rates der EU: https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-13198-2022-INIT/en/pdf

Weiterlesen:
MiCA: Umfassende EU-Kryptoregulierung auf dem Weg

Michael Rudolf Kissler

Rechtsanwalt Michael Rudolf Kissler berät als Of Counsel in den Bereichen Bank- und Kapitalmarktrecht, Compliance, IT-Recht und Datenschutz. Zu seinen Mandanten gehören insbesondere FinTechs, Start-ups, mittelständische Unternehmen und Unternehmer.

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Eine Antwort zu "MiCA-Erlaubnis: Unternehmen benötigen Lizenz für Kryptodienstleistungen"

  1. Kryptopirat sagt:

    Danke für den sehr informativen Artikel!

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