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Keine Gemeinnützigkeit bei verdeckter Gewinnausschüttung

Verdeckte Gewinnausschüttungen können nicht nur bei GmbHs auftreten, sondern auch bei Vereinen. Sie sind ein Verstoß gegen das Gemeinnützigkeitsrecht. Der Verlust der Gemeinnützigkeit und der Steuerprivilegien sind die Folge. Abgesehen vom Verlust der gemeinnützigkeitsrechtlichen Steuerbegünstigungen drohen häufig aber auch schon allein deswegen hohe Steuernachzahlungen, weil der zu versteuernde Gewinn um den Wert der nicht abzugsfähigen verdeckten Gewinnausschüttung zu erhöhen ist. Das Finanzgericht (FG) Sachsen-Anhalt hatte sich mit einem solchen Fall zu befassen.

Steuernachzahlungen als Konsequenz verdeckter Gewinnausschüttung

Verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) können bei Kapitalgesellschaften – und wie das Urteil des FG Sachsen-Anhalt erneut zeigt – auch bei Vereinen auftreten. Generell ist unter einer vGA eine Verschiebung des Gewinns der Gesellschaft (bzw. des Vereins) auf ihre Gesellschafter (Mitglieder) zu verstehen unter gleichzeitiger Berücksichtigung des Aufwands als Betriebsausgabe. Dem Betriebsausgabenabzug schiebt aber § 8 Abs. 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) einen Riegel vor: „Für die Ermittlung des Einkommens ist es ohne Bedeutung, wie das Einkommen verteilt wird. Auch verdeckte Gewinnausschüttungen (…) mindern das Einkommen nicht.“ Das unzulässigerweise um die verdeckte Gewinnausschüttung geminderte Einkommen ist danach also um den Betrag der vGA wieder zu erhöhen. Die Konsequenz: Steuernachzahlungen.

Gemeinnütziger Verein bietet Kurse an

In dem Fall, der das FG beschäftigte, ging es um einen gemeinnützigen Verein, einen „Kunsthof“, der in einem ehemaligen Rittergut allerlei künstlerische und therapeutische Kurse anbot. Eigentümerin des Gutes war die Vorstandsvorsitzende des Vereins, die dem Verein einige Seminarräume zur Verfügung stellte. Ansonsten betrieb sie auf dem Gut ein Hotel mit Reiterhof.

Bei einer Betriebsprüfung des Vereins kam Erstaunliches heraus: Unter anderem waren die Kursgebühren für die vom Verein angebotenen Seminare nicht an den Verein geflossen, sondern in die Tasche der Vereinsvorsitzenden. Außerdem hatte der Verein einen teuren Traktor mit Anhänger angeschafft, um diesen zu vermieten. Aber auch die Mieteinnahmen landeten sämtlich auf dem Konto der Vereinsvorsitzenden.

Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung

Ein klassischer Fall von vGA, so das FG Sachsen-Anhalt. Denn vGA können auch bei Vereinen auftreten, wenn die vier Voraussetzungen einer vGA erfüllt sind:

1. Bei der juristischen Person tritt eine Minderung ihres Vermögens ein oder eine Mehrung ihres Vermögens wurde verhindert. Das bedeutet, dass die Gesellschaft bzw. der Verein entweder keine Gegenleistung für ihre Aufwendungen erhält oder für ihre erbrachten Leistungen auf ein Entgelt verzichtet.

2. Anlass dieser Vermögensverschiebung muss ein besonderes Näheverhältnis sein, im Falle eines Vereins das Mitgliedschaftsverhältnis: Wendet der Verein also einem Mitglied einen Vermögensvorteil zu, den ein ordentlicher und gewissenhafter Vorstand einem Nichtmitglied nicht gewährt hätte, so ist diese Voraussetzung erfüllt.

3. Die Vermögensverschiebung muss sich auf die Höhe des Einkommens der juristischen Person auswirken.

4. Die Vermögensminderung oder die verhinderte Vermögensmehrung steht in keinem Zusammenhang mit einer offenen Gewinnausschüttung, d.h. sie ist nicht das Ergebnis einer ordnungsgemäßen Verwendung des Gewinns.

Verstoß gegen Selbstlosigkeitsgebot

Im vorliegenden Fall waren all diese Voraussetzungen erfüllt – und den Nachteil hatte vor allem der Verein: Ihm sei es nämlich zuzurechnen, dass mit den vGA gegen das Selbstlosigkeitsgebot der Abgabenordnung verstoßen wurde. Das Selbstlosigkeitsgebot schreibt gemeinnützigen Körperschaften vor, nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke der Mitglieder oder sonstiger Dritter zu verfolgen.

Indem im vorliegenden Fall aber genau dies passiert war und der Verein dies außerdem hätte erkennen und vermeiden können, habe der Verein die Konsequenzen zu tragen, so das Gericht. Mit anderen Worten: Der Verein verlor die Gemeinnützigkeit und mit ihr die ertragsteuerlichen und umsatzsteuerlichen Vorteile. Obendrein griff § 8 Abs. 3 KStG ein: Das Einkommen des Vereins war für die Veranlagungszeiträume nachträglich um den Wert der vGA zu erhöhen.

Schadensersatzansprüche an Vorstand naheliegend

Nicht zu entscheiden hatte das Finanzgericht, ob der Verein die verantwortlichen Personen, also insbesondere den Vorstand, für den erlittenen Schaden in Regress nehmen konnte. Angesichts der eklatanten Fehler, die dem Vorstand unterliefen, liegen entsprechende Schadensersatzansprüche jedenfalls nahe. In einem solchen Fall ist es wichtig, dass der Verein seine Ansprüche dann auch konsequent verfolgt. Lässt er nämlich bestehende Schadensansprüche verfallen bzw. setzt diese nicht durch, begeht er hiermit wieder eine Mittelfehlverwendung. Im Zweifel droht ihm damit erneut der Entzug der Gemeinnützigkeit.

FG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 17.10.2012 – Az. 3 K 1574/07

Weiterlesen:
Rückwirkender Wegfall der Gemeinnützigkeit bei verdeckter Gewinnausschüttung
Verlust der Gemeinnützigkeit: Folgeprobleme

Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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