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Jahressteuergesetz 2013: Bundesrat verweigert Zustimmung – welche Änderungen kommen, welche nicht?

Nachdem der Bundestag am 25.10.2012 das Jahressteuergesetz 2013 beschlossen hatte, hat der Bundesrat dem Gesetzesentwurf am 23.11.2012 seine Zustimmung verweigert. Im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf vom Mai war im Finanzausschuss zwar nochmals gehörig nachgearbeitet worden. Verschiedene Kritikpunkte, wie beispielsweise die ursprünglich geplanten Änderungen bei Bildungsleistungen, sind nun vom Tisch. Neu hinzugekommen – wenn auch unter dem Druck des EuGH – ist aber z.B. eine organisationsunabhängige Umsatzsteuerbefreiungsvorschrift für soziale Dienstleistungen. Dabei schießt der Gesetzgeber jedoch über die Vorgaben des EuGH hinaus und löst damit weitere Diskussionen aus.

Nach der Versagung der Zustimmung des Bundesrates kommt das Gesetz nunmehr in den Vermittlungsausschuss. Mit einer endgültigen Verabschiedung ist wohl erst im Februar 2013 zu rechnen.

Was sehr wahrscheinlich kommt…

  • Die Umkehr des Leistungsorts bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen an eine deutsche Nonprofit-Organisation: Nimmt eine NPO sonstige Leistungen eines innereuropäischen Dienstleisters in Anspruch, muss sie zukünftig mit dem deutschen Umsatzsteuersatz kalkulieren.
  • Die Verschärfungen für inländische Begünstigte ausländischer Familienstiftungen: Faktisch werden die Verschärfungen jedoch auf Familienstiftungen und Trusts außerhalb der EU/EWR beschränkt. Im innereuropäischen Verhältnis bleibt alles beim Alten, sofern das Stiftungsvermögen der Verfügungsmacht des Stifters und der begünstigten Angehörigen rechtlich und tatsächlich entzogen ist (zum entsprechenden Problem bei ausländischen Trusts vgl. Hakert, Primerus Corporate Counsel e-Newsletter Summer 2012).
  • Die Absenkung der Kostentragungsquote durch Sozialkassen von 40% auf 25% als Voraussetzung für die Umsatzsteuerfreiheit der Leistungen von Alten-, Kranken- und Pflegeeinrichtungen. Die eigenständige Umsatzsteuerbefreiung dieser Einrichtungen wird künftig erheblich an Bedeutung gewinnen (vgl. unten).

Was neu hinzukommen soll…

  • An Beschäftigte in Bundes- sowie Jugendfreiwilligendiensten gezahlte Taschengelder und vergleichbare Geldleistungen sollen für diese einkommensteuerfrei bleiben, so wie es bereits bisher von der Finanzverwaltung gehandhabt wird. Die Dienste behielten damit ihre Attraktivität auch für ältere Beschäftigte mit weiteren Einkünften. Wo die Grenze zwischen „Taschengeld“ und „Bezügen“ liegt, bleibt allerdings zunächst fraglich.
  • Die Umsatzsteuerfreiheit von infektionshygienischen Leistungen eines Arztes oder einer Hygienefachkraft, die diese an Krankeneinrichtungen erbringen, soll nun auch gesetzlich festgeschrieben werden. Damit würde eine Entscheidung des BFH umgesetzt werden.
  • Die Leistungen von Berufsbetreuern sollen ebenfalls umsatzsteuerfrei gestellt werden. Während der BFH die Umsatzsteuerfreiheit für gemeinnützige Betreuungsvereine seit längerem bejaht (siehe HIER und HIER), verwehrten die Finanzgerichte das bisher den Berufsbetreuern; lediglich zur Gewerbesteuerfreiheit konnten sie sich durchringen. Dass diese Ungleichbehandlung schwerlich rechtmäßig sein kann, hat nun offenbar auch der Gesetzgeber erkannt. Im Windschatten der neuen Regelungen werden außerdem die Leistungen von Vormündern und Ergänzungspflegern von der Umsatzsteuer befreit.
  • Die bisher auf Wohlfahrtsverbände und deren Mitglieder beschränkte Umsatzsteuerbefreiung (jetzt europarechtswidrig) soll durch eine organisationsoffene Regelung entsprechend Art. 132 Abs. 1 Buchst. g der europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) ersetzt werden. Damit würde der Weg frei für gewerbliche Anbieter, die gleiche, eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen anbieten. Übergreifende Voraussetzung für alle Anbieter wird allerdings die weit überwiegende Finanzierung durch staatliche Zahlungen, Zahlungen der Sozialkassen, der Kirchen und/oder durch Spenden sein. Der Gesetzgeber möchte es mithin nicht bei einer europarechtskonformen Anpassung der Vorschrift belassen, sondern die Umsatzbesteuerbefreiung an Voraussetzungen knüpfen, die alle Einrichtungen der Sozialfürsorge zu einer Berechnung des Anteils staatlicher Zuschüsse und Spenden zwingt.
  • Die umsatzsteuerliche Privilegierung der Vermietung von Kunstgegenständen und Sammlungsobjekten und des Verkaufs von Kunstgegenständen durch gewerbliche Händler durch Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes (7%) soll entfallen. Die Anmietung und der Erwerb von Kunstgegenständen wird daher in Zukunft regelmäßig dem vollen Umsatzsteuersatz unterworfen. Damit erhöht sich auch für Kunststiftungen die Steuerbelastung nicht unwesentlich. Erhalten bleibt der ermäßigte Satz beim Kunsterwerb direkt vom Künstler und in verschiedenen weiteren Konstellationen. Die umsatzsteuerlichen Verschärfungen bei Kunst- und Sammlungsobjekten sollen im Gegensatz zu den sonstigen Regelungen erst zum 01.01.2014 in Kraft treten. Die Empfehlung an Mieter und Vermieter von Kunstsammlungen und Wanderausstellungen ist damit klar: Nochmals in 2013 den Kostenvorteil von 12 Prozentpunkten nutzen! Den deutschen Kunstmarkt dürfte das in 2013 etwas beleben.

Was doch nicht kommt…

  • Die ursprünglich geplante Neuregelung der Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen mit ihren weitreichenden Konsequenzen für Berufs-/ Wirtschaftsverbände sowie kommerzielle Musik- und Tanzschulen ist ersatzlos vom Tisch. Eingaben und Proteste der Verbände waren insoweit erfolgreich. Damit bleibt es bei der bisherigen Gesetzeslage, die eine Umsatzsteuerbefreiung bei Vorlage einer Bescheinigung über die „ordnungsgemäße Vorbereitung“ auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorsieht. Bildungseinrichtungen, die bislang auf die Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung verzichteten, um in der Umsatzsteuerpflicht zu verbleiben und damit in den Genuss des Vorsteuerabzugs zu kommen, werden sich jedoch mit der Frage auseinander setzen müssen, ob die Finanzbehörde selbst die Ausstellung einer Bescheinigung beantragen kann (siehe Verfügung des Bayerischen Landesamts für Steuern, S 7179.1.1-10/1 St33 vom 09.03.2012).
  • Die Möglichkeit, bei der Erwähnung der Organisation in einem Verfassungsschutzbericht im finanzgerichtlichen Verfahren den Gegenbeweis für die Verfassungstreue zu führen und damit den Entzug der Gemeinnützigkeit zu verhindern, bleibt weiterhin bestehen. Zum ursprünglich vorgesehenen automatischen Entzug der Gemeinnützigkeit im Fall der Erwähnung im Verfassungsschutzbericht kommt es damit nicht. Die beiden Themenkomplexe bleiben weiterhin getrennt den Verwaltungsgerichten einerseits und den Finanzgerichten andererseits zugewiesen.

Bundestags-Finanzausschuss, Beschlussempfehlung für ein Jahressteuergesetz 2013 v. 24.10.2012, BT-Drs. 17/11190.

Bundestags-Finanzausschuss, Bericht über den Gesetzentwurf v. 25.10.2012, BT-Drs. 17/11220.

Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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