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Ist ein Unfall im Verein ein Arbeitsunfall?

Nicht selten passieren in einem Reitsportverein Unfälle, die langwierig und teuer in der Behandlung sind. Die Frage, wer die Kosten trägt, landet dann oft vor Gericht. Das Sozialgericht (SG) Karlsruhe hat mit Urteil vom 19.10.2012 entschieden, dass die Gesetzliche Unfallversicherung jedenfalls dann nicht einspringen muss, wenn sich ein Vereinsmitglied beim Bewegen der Schulpferde verletzt. Er mag zwar von seinem Reitsportverein extra für diese Aufgabe eingesetzt worden sein, um einen Arbeitsunfall handele es sich deshalb aber nicht.

Unfall beim Reiten eines Schulpferdes

Das Mitglied wollte an einem Sonntagmorgen eines der Schulpferde reiten – eine Aufgabe, mit der nur wenige Mitglieder des Vereins „aufgrund besonderer Eigenschaften“ betraut seien, heißt es im Urteil. Die Übungsleiterinnen des Vereins entschieden nach Rücksprache mit dem Kassenwart, welche Erwachsenen für das Reiten der Schulpferde die notwendige Eignung mitbrächten. An diesem besagten Sonntag wollte das Ross aber nicht wie der Reiter: Das Pferd sprang und bockte und trat schließlich der Reiterin mit einem Hinterhuf in den Brustkorb. Diagnose: eine ausgerenkte Schulter.

Ein Arbeitsunfall sei dies aber nicht, befand die Unfallversicherung. Bei ihrem Unfall habe die Reiterin in keinem Beschäftigungsverhältnis zum Verein gestanden. Das Reiten der Schulpferde sei lediglich eine Aufgabe, die Ausdruck ihrer Mitgliedschaft im Reitverein sei.

Reiten der Schulpferde ist keine Arbeitsleistung

Dem stimmte das SG Karlsruhe zu. Das Reiten der Schulpferde sei zwar eine ernsthafte und dem Willen des Vereins entsprechende Arbeitsleistung. Eine Tätigkeit stehe aber nur dann unter dem Schutz der Gesetzlichen Unfallversicherung, wenn die Arbeitsleistung über die Mitgliedschaftspflichten in einem Verein hinausgehe, so das SG. Zu den allgemeinen Pflichten eines Vereinsmitglieds zählten Tätigkeiten, „die ein Verein von jedem seiner Mitglieder erwarten kann“, also geringfügige Tätigkeiten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bewegten sich Arbeiten mit einer Dauer von drei bis vier Stunden regelmäßig noch im Rahmen der allgemeinen Vereinsarbeit, auch wenn dies nicht pauschal gelte, sondern für jede Tätigkeit gesondert festgestellt werden müsse, je nachdem, wie aufwendig die Tätigkeit sei.

Vor diesem Hintergrund habe das Reiten der Schulpferde dem in der Satzung des Reitsportvereins beschriebenen Vereinszweck entsprochen, wozu unter anderem die Ausbildung, Erziehung und der Umgang mit Pferden gehöre. Gerade das Bewegen der Schulpferde auch am Wochenende sei aus gesundheitlichen Gründen für die Pferde wichtig. Andernfalls könnte ihre Mobilität beeinträchtigt werden und der Vereinszweck „Reiten“ gar nicht mehr erreicht werden, so das Gericht.

Wann besteht Beschäftigungsverhältnis?

Die entscheidende Frage ist also: Erfüllt das Mitglied noch eine Vereinspflicht oder entfaltet es bereits darüber hinausgehende Tätigkeiten? Der Versicherungsschutz setzt nach den Bestimmungen der Sozialgesetzbücher (SGB IV und SGB VII) entweder ein tatsächliches Beschäftigungsverhältnis oder eine dem ähnliche Arbeitsbeziehung voraus: Nach der Rechtsprechung des BSG ist ein Beschäftigungsverhältnis dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitnehmer seine Tätigkeit nicht frei gestalten kann und vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist.

Wenn nicht alle Merkmale eines solchen Beschäftigungsverhältnisses erfüllt sind, muss die Tätigkeit zumindest einer abhängigen Beschäftigung ähneln. Das ist der Fall, wenn „eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem wirtschaftlichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen“. Eine geringfügige Vereinstätigkeit, wie das Reiten der Schulpferde am Wochenende, fällt dem SG Karlsruhe zufolge hingegen in keine der beiden Kategorien.

SG Karlsruhe, Urteil v. 19.10.2012, Az. S 1 U 1137/12.

Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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