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Integrationsprojekte – Ausschließlichkeitsgebot gilt auch für Zweckbetriebe

In einem Fall von Gestaltungsmissbrauch verwehrte der BFH einem als Zweckbetrieb geführten „Integrationsprojekt“ die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes. Das Urteil macht die große Bedeutung des Ausschließlichkeitsgebotes gemäß § 56 AO für die Gemeinnützigkeit deutlich – der auch gesetzliche Zweckbetriebe nicht entzogen sind.

Der Fall betraf ein als Zweckbetrieb auf eine GmbH ausgelagertes und als Integrationsprojekt für schwerbehinderte Menschen deklariertes Leasinggeschäft. Während drei behinderte Mitarbeiter im Ergebnis nur formal Leasingverträge abschlossen, lief die eigentliche Abwicklung des Geschäfts über ein gewerbliches Unternehmen. Als „Integrationsprojekt“ umsatzversteuerte die GmbH ihre Leistungen mit 7%, d.h. im Ergebnis um 12 Prozentpunkte günstiger, als dies normalerweise bei einem gewerblichen Unternehmen der Fall wäre. Dafür überließ man der GmbH einen gewissen Gewinnanteil.

Für den BFH stand fest, dass die GmbH nicht ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgte, sondern mindestens auch die wirtschaftlichen Interessen des gewerblichen Partners, da dieser einen Großteil der Früchte des Geschäftsmodells erntete. Die Richter versagten der GmbH deshalb die Gemeinnützigkeit.

Hinweis: Die Entscheidung ist korrekt. Das Ausschließlichkeitsgebot bestimmt das gesamte gemeinnützige Handeln gemeinnütziger Körperschaften – und damit auch das Handeln durch Zweckbetriebe. Ein Zweckbetrieb ist ja letztlich nichts anderes als eine Art Zwitter aus gleichzeitiger Mittelbeschaffung und gemeinnütziger Zweckverwirklichung. Der BFH vertritt außerdem schon seit langem die Auffassung, dass auch ein Zweckbetrieb im Sinne des § 68 AO in seiner Gesamtrichtung dazu dienen muss, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke zu verfolgen (was Leisner, DStR 2012, 1123 f. offenbar übersieht; vgl. BFH v. 04.06.2003, I R 25/02; noch eindeutiger: Koenig, in Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl. 2009, § 68 Rn. 1). Es gibt also keinen Grund, den Ausschließlichkeitsgrundsatz und die neue Geprägetheorie, die eine Verfolgung wirtschaftlicher Hauptzwecke als steuerschädlich einstuft, im Rahmen des § 68 AO unberücksichtigt zu lassen.

Begrüßenswert ist es übrigens, dass der BFH für das Vorliegen eines Integrationsprojektes nicht erneut auf eine prozentuale Wertschöpfung durch schwerbehinderte Mitarbeiter abstellt. Das hatte die Vorinstanz noch getan und damit für erhebliche Unsicherheiten bei allen „ehrbaren“ Integrationsprojekten gesorgt. Auch die Finanzverwaltung hat sich hier zwischenzeitlich von prozentualen Grenzen und Betrachtungen der Wertschöpfung verabschiedet. Der neue AEAO knüpft die steuerliche Behandlung als Integrationsprojekt nunmehr strikt an eine Anerkennung durch die Bundesagentur und die Sozialhilfeträger.

BFH, Urteil v. 23.02.2012, Az. V R 59/09.

Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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