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Bundesfinanzhof kritisiert Praxis der Steuerfahndung

Der Präsident des Bundesfinanzhofs, Prof. Dr. Rudolf Mellinghoff, hat auf der Jahrespressekonferenz des Gerichts zu einer bedenklichen Praxis der Steuerfahndung Stellung genommen: Er betonte, dass die Fahndung nicht sauber zwischen Steuerermittlungsverfahren und Steuerstrafverfahren unterscheide. „Diese Grenze“, so Mellinghoff, „wird gelegentlich vermischt.“

WINHELLER begrüßt diese Aussage: „Die Steuerfahndung ist ein Zwitterwesen: einerseits ist sie als Finanzbehörde tätig, andererseits als steuerstrafrechtliche Polizei. Während im steuerlichen Teil Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen bestehen, gilt im strafrechtlichen Teil insbesondere der „Nemo-teneur“-Grundsatz. Nach diesem Grundsatz ist niemand verpflichtet, sich selbst zu belasten. Mitwirkungspflichten bestehen im strafrechtlichen Teil daher nicht. Um die Rechte der betroffenen Person nicht zu verkürzen, ist es daher zwingend erforderlich, zwischen steuerlichen und strafrechtlichen Befugnissen der Steuerfahndung zu trennen. Die Praxis lehrt, dass die Steuerfahndung nicht immer eine solche Trennung vollzieht. Wenn nun der Präsident des obersten Finanzgerichts in Deutschland anmahnt, die Grenzen nicht zu verwischen, ist das zu begrüßen.“

Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs, die kürzlich veröffentlicht wurde (Urteil vom 04.12.2012, Az. VIIII R 5/10): Ein Steuerpflichtiger bezog u.a. Einkünfte aus einer leitenden Tätigkeit in einem Verein. Im Rahmen eines gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung durchsuchte die Steuerfahndung auch die Räume des Vereins. Das Ermittlungsverfahren wurde schließlich eingestellt. Im Anschluss schrieb das Finanzamt unter dem Briefkopf der Dienststelle für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (!) den Verein an, um im steuerlichen (!) Ermittlungsverfahren weitere Auskünfte zu erhalten (sog. Auskunftsersuchen). Der Bundesfinanzhof stellte fest, dass das Auskunftsersuchen unverhältnismäßig und damit rechtswidrig war, weil es von der Steuerfahndung und nicht von der Veranlagungsstelle stammte: Das Ansehen des Steuerpflichtigen sei erheblich gefährdet worden, da der Verdacht der Steuerhinterziehung bei Dritten (hier dem Verein) Zweifel an der persönlichen Integrität des Verdächtigen begründen könnte. Auch diese Entscheidung zeigt: In der Praxis werden seitens der Steuerfahndung Grenzen nicht immer klar gezogen. Eine klare Grenzziehung ist jedoch zwingend, damit verfassungsrechtlich garantierte Grundrechte nicht unterlaufen bzw. beeinträchtigt werden.

(Quelle: BFH PM Nr. 6 vom 05.02.2013)

Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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