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Gemeinnützige Unternehmen: Wie viel Vergütung ist angemessen?

Auch in gemeinnützigen Organisationen muss, zumal bei wirtschaftlicher Betätigung, niemand unbezahlt arbeiten. Doch im Gegensatz zu Unternehmen der „freien“ Wirtschaft stellt sich durchaus die Frage, wie viel Gehalt gerade für Führungskräfte noch angemessen ist. Immerhin fehlt dieses Geld am Ende bei der Verfolgung des gemeinnützigen Zwecks. Das Finanzgericht (FG) Mecklenburg-Vorpommern hatte nun zu entscheiden, ab wann eine Vergütung unangemessen hoch ist.

Vergütungen im Nonprofit-Bereich nicht unüblich

Der Nonprofit-Bereich ist für die ehrenamtliche Arbeit vieler Freiwilliger bekannt. Doch der sog. Dritte Sektor besteht nicht nur aus ehrenamtlich geführten Organisationen, sondern umfasst auch teilweise große (Sozial-)Unternehmen. Diese können nicht auf ehrenamtlicher Basis betrieben werden, sondern erfordern neben regulär angestelltem Personal auch Führungskräfte, die entsprechend vergütet werden müssen. Das Gemeinnützigkeitsrecht schreibt allerdings vor, dass niemand durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden darf.

Überhöhte Vergütungen als Mittelfehlverwendung

Die Frage ist, wie die Angemessenheit einer Vergütung bestimmt werden kann. Das FG entschied, dass hierzu die Grundsätze der sog. verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) herangezogen werden können. Diese dienen in Kapitalgesellschaften dazu, steuergünstige Gewinnverschiebungen zugunsten von Gesellschaftern und ihnen nahestehenden Personen durch überhöhte Vergütungen und ähnliche Vertragsgestaltungen zu unterbinden.

Eine Gewinnausschüttung ist dann verdeckt, wenn die gewährten Vermögensvorteile die üblicherweise angemessene Höhe überschreiten, was mit Hilfe eines sog. Fremdvergleiches festgestellt wird. Liegt eine solche vGA vor, ist bei gemeinnützigen Organisationen zugleich eine Mittelfehlverwendung gegeben, was den Entzug der Gemeinnützigkeit nach sich zieht.

Welcher Vergleichsmaßstab?

Für gemeinnützige Organisationen bedeutet das: Werden Vergütungen an Geschäftsführer oder sonstige Personen gezahlt, die bei anderen Unternehmen in dieser Höhe nicht üblich sind, droht die Aberkennung der Gemeinnützigkeit.

Das Gericht musste allerdings nicht entscheiden, ob für diesen Vergleich lediglich vergleichbare gemeinnützige Organisationen heranzuziehen sind oder ob auch ein Vergleich mit nicht-gemeinnützigen Unternehmen derselben Branche und Größe zulässig ist. Im zu entscheidenden Fall war die Vergütung nämlich so oder so überzogen hoch. Zur Orientierung: Der Geschäftsführer erhielt im Jahr 2005 eine Jahresvergütung von rund 130.000 Euro, im Jahr 2011 unter Berücksichtigung seiner Pensionsansprüche bereits 345.000 Euro.

Aktueller denn je: Der Fall Bethel

Wie aktuell die Frage nach der Angemessenheit von Vergütungen gemeinnütziger Organisationen ist, zeigt der Fall des Diakoniewerks Bethel, der seit geraumer Zeit in den Medien kursiert. Der dortige Geschäftsführer, der die Einrichtung von einem ursprünglichen Verein auf zwei Stiftungen mit einer gGmbH umstrukturiert hatte, soll rund 700.000 Euro Jahresgehalt beziehen und Pensionsansprüche in Millionenhöhe besitzen.

Vergleichsmaßstabs spielt wichtige Rolle

Die Gemeinnützigkeit bringt viele Vorteile mit sich, die aber auch verdient sein wollen. Einschränkungen wie das Verbot unangemessener Vergütungen sind unbedingt zu beachten, um nicht im schlimmsten Fall für bis zu 10 Jahre rückwirkend Steuern nachzahlen zu müssen.

Die vom FG offen gelassene Frage des anzuwendenden Vergleichsmaßstabs spielt hierbei eine wichtige Rolle. Nicht-gemeinnützige Unternehmen können die Höhe gezahlter Vergütungen (trotz oft diskutierter Obergrenze) frei festlegen. Dafür genießen sie aber auch nicht die umfassenden Steuerprivilegien gemeinnütziger Organisationen. Ob sich NPOs daher in der Vergütung ihres Managements zurückhalten müssen oder ob der Wettbewerb um Top-Manager nicht eine Gleichstellung mit Wirtschaftsunternehmen verlangt, muss nun der BFH klären.

Der Berliner Diakonie-Dachverband hat auf Grund dieser Umstände nun beschlossen, dass der Vorstand ein Ausschlussverfahren gegen die Bethel-Gruppe prüfen soll. Die nächste Ratssitzung am 20. November könnte damit offiziell einen Ausschluss aus dem Verband zur Folge haben – und Bethel dürfte sich mangels Mitgliedschaft nicht mehr als Diakoniewerk bezeichnen.

Bei weiteren Fragen zur Angemessenheit der Vergütung in NPOs sind Ihnen unsere spezialisierten Anwälte gerne behilflich.

FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 21.12.2016, Az. 3 K 272/13 (Rev. anh. unter Az. BFH V R 5/17)

Weiterlesen:
Leseprobe Merkblatt zur Vergütung in NPOs
Aberkennung der Gemeinnützigkeit: Folgeprobleme

Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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7 Antworten zu "Gemeinnützige Unternehmen: Wie viel Vergütung ist angemessen?"

  1. Nach der Rechtsprechung des BFH sind Vergütungen einer gemeinnützigen Organisation auch dann noch angemessen und damit nicht unverhältnismäßig i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO anzusehen, wenn sie den Gehältern für eine vergleichbare Tätigkeit auch von nicht steuerbegünstigten Unternehmen entsprechen. Dazu unser Blogbeitrag unter: https://winheller.com/blog/gehalt-geschaeftsfuehrer-npo/

  2. Simone PRENGEMANN sagt:

    Sehr geehrte Herren,
    dürfen Tantiemen gezahlten werden wenn man Gesellschafter und Geschäftsführer einer gGmbH ist?

    • Sehr geehrte Frau Prengemann,

      gerne beantworten wir Ihre Frage! Tantieme-Regelungen sind grundsätzlich zulässig. Bei gemeinnützigen Organisationen gelten hier aber Besonderheiten, die von Organisation zu Organisation unterschiedlich ausfallen können. Gerne beraten wir Sie dazu!

      Mit freundlichen Grüßen
      Johannes Fein

  3. Jana sagt:

    Guten Tag,

    mich interessiert, ob Gesellschfter einer gGmbH ebenfalls berechtigt sind ein Gehalt (oder ähnliches) zu erhalten. Eine Gewinnausschüttung ist untersagt – das ist bekannt. Gibt es dennoch die Möglichkeit einer monatlichen Zahlung an Gesellschafter?

    • Hallo Jana,

      bei gemeinnützigen Organisationen erfordert jegliche Leistungsbeziehung (wie z.B. eine Vergütung) eine angemessene Gegenleistung. Die Gesellschafter müssten daher entsprechende Leistungen im Gegenzug für den Geldbezug erbringen, andernfalls läge eine (verdeckte) Gewinnausschüttung vor.

      Mit freundlichen Grüßen
      Alexander Vielwerth

      • Jana sagt:

        Hallo Alexander,

        vielen Dank für Deine Ausführungen.

        Das heißt als Gesellschafter könnte ich einen Arbeitsvertrag mit der gGmbH über definierte (z.B. Verwaltungsaufgaben) schließen, ohne, dass die Gemeinnützigkeit aberkannt wird?

        Habt ihr hierfür Musterarbeitsverträge, die hier helfen könnten?

        Viele Grüße
        Jana

        • Hallo Jana,

          von Musterarbeitsverträgen können wir nur abraten. Arbeitsverhältnisse und Organisationen sind so individuell, dass mit Mustern nicht wirklich rechtssichere Verhältnisse geschaffen werden können. Was in einem gGmbH-Arbeitsvertrag genau stehen kann und was nicht, sollten Sie individuell abklären lassen. Gern stehen wir Ihnen zur Verfügung.

          Beste Grüße
          Florian Demmler

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