Das OLG Hamm hat entschieden, dass sich eine als gemeinnützig anerkannte Körperschaft trotz Unterhaltens eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes auf die Gebührenbefreiungsvorschrift des § 122 JustizG NRW berufen kann.
NPO beruft sich auf Gebührenbefreiungsvorschrift
Eine als gemeinnützig anerkannte Körperschaft betrieb ein Krankenhaus und beantragte nach einer Verschmelzung die Berichtigung des Grundbuchs. Hierfür stellte ihr der Kostenbeamte eine volle Gebühr in Höhe von 12.133 Euro in Rechnung. Dagegen wandte sich die Körperschaft mit dem Argument, dass sie als gemeinnützig anerkannt sei und daher die Gebührenbefreiungsvorschrift des § 122 JustizG NRW greife, wonach von den Gerichts- und Notargebühren die als gemeinnützig anerkannten Körperschaften befreit sind. Diese Befreiungsvorschrift gilt jedoch nicht, „soweit die Angelegenheit einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb betrifft“. Die Eigentümerin des Krankenhauses betrieb jedoch einen solchen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der im Wesentlichen aus der Telefonvermietung, der Cafeteria, dem Bewegungsbad und aus Personaldienstleistungen bestand. Der Kostenbeamte hielt daher die Voraussetzungen des § 122 JustizG NRW nicht für erfüllt und verlangte im Übrigen die Vorlage einer Bescheinigung der Finanzverwaltung, anhand derer nachzuvollziehen sei, dass der steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetrieb hier nicht betroffen sei. Dies sah die Körperschaft anders und legte nach fruchtloser Erinnerung Beschwerde ein.
Zweckverfolgung ist entscheidend
Das OLG Hamm gab der Beschwerde statt und hob die Kostenrechnung auf. § 122 JustizG NRW lehne sich an die §§ 55, 56 AO an, wonach es allein auf die Ausschließlichkeit der satzungs- und geschäftsführungsmäßigen Zweckverfolgung ankommt. Die Existenz eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes sei hierfür ohne Bedeutung, solange die dort gegebenenfalls erwirtschafteten Gewinne der gemeinnützigen Zweckverfolgung zufließen und der Wirtschaftsbetrieb die Verfolgung des gemeinnützigen Zwecks nicht völlig in den Hintergrund treten lässt. Hierfür spreche auch, dass der Anwendungsbereich des § 122 Abs. 2 JustizG NRW, dem ersichtlich der Gedanke zugrunde liegt, die steuerliche Privilegierung auch in das Gebührenrecht zu übernehmen, ansonsten praktisch erheblich verkümmern würde. Denn in der Praxis unterhält eine Vielzahl von privaten Rechtsträgern, die nach den §§ 51 ff AO als gemeinnützig anerkannt sind, steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe in Form von Cafeterien, Dienstleistungsbetrieben für andere gemeinnützige Träger, Vereinsfesten, Altwarensammlungen etc. Anders ausgedrückt: Würde man es anders sehen, würde man § 122 JustizG die „Seele“ nehmen.
Regelung muss sich am Steuerrecht orientieren
Das OLG Brandenburg (Beschluss vom 13.03.2014, Az. 5 W 140/13) hatte kürzlich noch anders entschieden: Es war der Auffassung, dass eine Gebührenbefreiung nur dann infrage kommt, wenn die gemeinnützige Körperschaft „ausschließlich“ steuerbegünstigte Zwecke verfolgt. Dabei versteht das OLG Brandenburg den Begriff „ausschließlich“ nicht so, wie er im steuerrechtlichen Sinn verstanden und ausgelegt wird. Stattdessen hält das OLG Brandenburg die Befreiung nur dann für gerechtfertigt, wenn kein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird. Obwohl die Norm in Brandenburg anders als § 122 JustizG NRW gefasst ist und explizit die „ausschließlich[e]“ Verfolgung der steuerbegünstigten Zwecke fordert, dürfte es sich bei der Entscheidung des OLG Brandenburg um eine Fehlentscheidung handeln. Denn es ist offenkundig, dass die Regelung im brandenburgischen Landesrecht dem Steuerrecht (§ 51 AO) entlehnt ist und daher entsprechend auszulegen ist. Dem OLG Hamm hingegen ist voll und ganz zuzustimmen.
OLG Hamm, Beschluss vom 30.09.2015, Az. W 34/13
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