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Welche Formulierungen aus der Mustersatzung sind zwingend?

Welche Formulierungen aus der Mustersatzung sind zwingend?Bei der Frage, ob die Formulierungen in der Mustersatzung wortwörtlich in die Satzungen von NPOs zu übernehmen sind, scheiden sich die Geister. Während die Finanzverwaltung gelegentlich die Auffassung vertritt, die Mustersatzung sei in jedem Fall wörtlich zu übernehmen, ist die Rechtsprechung deutlich liberaler. Die Finanzgerichte lassen es in der Regel genügen, wenn der Zweck der NPO und die Art seiner Verwirklichung durch Auslegung der Satzung klar erkennbar sind. Das heißt jedoch nicht, dass NPOs die Vorgaben der Mustersatzung vollkommen ignorieren können, wie das FG Hessen in seiner Entscheidung vom 27.11.2020 klargestellt hat.

Verein möchte Feststellungsbescheid erhalten

Im entschiedenen Fall ging es um einen eingetragenen Verein, dessen Zweck „die Information über politische, steuerrechtliche und auch juristische Fehlentwicklungen, die gesellschaftspolitisch, ökologisch und ökonomisch relevant sind und die Gesellschaft insgesamt betreffen“ ist. Ob der Verein gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt – dazu enthielt die Satzung keine Angaben. Der Verein stellte einen Antrag auf Anerkennung der Gemeinnützigkeit, d.h. auf Erteilung eines sog. Feststellungsbescheids gemäß § 60a der Abgabenordnung (AO) beim Finanzamt.

Mustersatzung 1:1 übernehmen?

Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Erteilung eines Feststellungsbescheids jedoch ab. Der Grund: Die Vereinssatzung ließe nicht erkennen, welchen der in § 52 Abs. 2 AO genannten gemeinnützigen Zwecke der Verein verfolgen möchte. Denn die Information über politische, steuerrechtliche und juristische Fehlentwicklungen werde nicht ausdrücklich in § 52 Abs. 2 AO als gemeinnütziger Zweck genannt. Ferner müssten mehrere Klauseln der Vereinssatzung an den Wortlaut der Mustersatzung angepasst werden.

Der Verein wollte die Entscheidung nicht akzeptieren und legte daher Einspruch ein. Nachdem auch sein Einspruch erfolglos geblieben war, erhob er Klage zum Finanzgericht (FG) Hessen.

Finanzgericht legt Mindestanforderungen für Satzungen fest

Auch vor dem FG Hessen blieb der Verein ohne Erfolg: Das Finanzamt habe zu Recht die Erteilung eines Feststellungsbescheids verweigert, so das Gericht. Allerdings wählt es eine andere Begründung als das Finanzamt: So stellt es zunächst klar, dass NPOs die Klauseln der Mustersatzung nicht wortwörtlich übernehmen müssten. Es reiche aus, wenn der Zweck der NPO und die Art seiner Verwirklichung durch Auslegung der Satzung klar erkennbar sind. Mit einer Einschränkung: In der Satzung müsse eindeutig stehen, welche Art der Steuerbegünstigung die NPO in Anspruch nehmen möchte. Für den Leser einer Satzung muss also klar sein, ob die NPO gemeinnützige, kirchliche oder mildtätige Zwecke verfolgt.

Der Grund: Je nachdem, welche Zwecke die NPO verfolgt, müsse sie auch unterschiedliche rechtliche Anforderungen beachten. Fehle diese Angabe in der Satzung, sei für das Finanzamt nicht erkennbar, welche rechtlichen Anforderungen für die NPO gelten. Es könne einen Feststellungsbescheid in solchen Fällen daher überhaupt nicht erteilen, da nicht klar sei, an welchen rechtlichen Maßstäben es die Satzung prüfen muss. Da die Vereinssatzung keine Angabe zur Art der Steuerbegünstigung enthielt, habe das Finanzamt zu Recht die Erteilung eines Feststellungsbescheids verweigert.

Entscheidung nur teilweise nachvollziehbar

Wir halten die Entscheidung nur teilweise für richtig. Zunächst ist es korrekt, dass NPOs die Mustersatzung nicht wortwörtlich übernehmen müssen – solange der Zweck und die Art seiner Zweckverwicklung per Auslegung erkennbar sind. Nicht richtig ist die Forderung des FG, NPOs müssten in ihren Satzungen die Art der Steuerbegünstigung vorgeben. Denn auch insoweit hätte eine Auslegung der Satzung ein eindeutiges Ergebnis gebracht: Denn die Information über politische, steuerrechtliche und juristische Fehlentwicklungen kann offensichtlich keinen mildtätigen oder kirchlichen Zweck darstellen. Daran hätte das Gericht die Klage des Vereins also nicht scheitern lassen dürfen.

Stattdessen hätte das Gericht prüfen müssen, ob der Zweck des Vereins unter einen der Katalogzwecke des § 52 Abs. 2 AO hätte fallen können. Die eigentlich zu klärende – spannende – Frage wäre also gewesen, ob die geplante Tätigkeit des Vereins eine gemeinnützige Förderung des demokratischen Staatswesens (Nr. 24 des Katalogs) oder aber eine unzulässige politische Betätigung darstellte. Das Gerichte hätte dann ähnlich wie im Fall Attac Farbe bekennen müssen.

Hinweis

Leider hat das Gericht nicht die Revision zum BFH zugelassen. Es ist jedoch bereits beim BFH ein Verfahren desselben Gerichts anhängig, bei dem es genau um die Frage geht, ob die Mustersatzung wortwörtlich zu übernehmen ist (Az. V R 11/20). Bis dahin sollten NPOs darauf achten, dass ihre Satzung zumindest eindeutig wiedergibt, ob sie gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen. Generell empfiehlt es sich, nur in begründeten Ausnahmefällen vom Wortlaut der Mustersatzung abzuweichen, um unnötige Streitigkeiten mit den Finanzbehörden zu vermeiden.

Die Entscheidung verdeutlicht zudem, wie schwierig es für politisch tätige Vereine ist, den Status der Gemeinnützigkeit zu erlangen. Denn häufig scheitert dieses Vorhaben bereits an der Satzung, da trotz der großen Kritik der Zivilgesellschaft an der Attac-Entscheidung bis heute kein entsprechender Katalogzweck in der AO existiert.

FG Hessen, Urteil v. 27.11.2020 – 4 K 619/18

Weiterlesen:
Gestaltung von Vereinssatzungen
Was ist die Mustersatzung?

Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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