In diesem Beitrag unserer Reihe zum Arbeitszeitrecht geht es um das inzwischen allseits bekannte Phänomen der ständigen Erreichbarkeit. Dabei soll insbesondere die arbeitszeitrechtliche Einordnung von Smartphone, Tablet & Co. untersucht werden.
Digitale Betriebsmittel
Die ständige Verwendung von Smartphones und anderen mobilen Kommunikationsgeräten ist gesellschaftliche und inzwischen auch arbeitsbezogene Realität. Die Endgeräte werden dort entweder vom Arbeitgeber als Betriebsmittel bereitgestellt oder es werden die privaten Geräte dienstlich genutzt (bring your own device – BYOD). Längst geht es dabei nicht mehr nur um die Möglichkeit des bloßen Telefonats, sondern die Endgeräte vernetzen den Mitarbeiter immer intensiver mit dem Produktionsablauf selbst (Stichwort: smart factory). Bereits heute sind internetbasierte Schichtpläne in Erprobung, innerhalb derer sich Arbeitnehmer per App flexibel an- und abmelden und dadurch kurzfristige Schwankungen besser bewältigen können.
Risiken des technologischen Fortschritts
Wenngleich das soeben beschriebene Szenario in gewisser Hinsicht durchaus faszinierend erscheint, so sollte man nicht dem Eindruck erliegen, dass der verheißungsvolle technologische Fortschritt nur Segen bereithält. Es gilt vielmehr, das Bewusstsein für mögliche Risiken zu schärfen. Diese liegen nicht nur im Bereich der Arbeitspsychologie, sondern vor allem im Datenschutz- und Arbeitszeitrecht. Wie ist also eine nach Feierabend versendete dienstliche Email oder eine automatisierte Schichtanfrage per App einzuordnen?
Formen der Arbeitszeit
Der Bereitschaftsdienst als besondere arbeitszeitrechtliche Form liegt hier nicht vor, denn der Arbeitnehmer müsste sich dazu an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort innerhalb oder außerhalb des Betriebes aufhalten, um erforderlichenfalls seine volle Arbeitstätigkeit unverzüglich aufnehmen zu können.
Die abendliche Dienstmail könnte dagegen als Rufbereitschaft zu qualifizieren sein. Darunter wird die arbeitsvertragliche Pflicht verstanden, während eines bestimmten Zeitraums kommunikative Erreichbarkeit zu gewährleisten, um auf Abruf die Arbeit aufnehmen zu können. Weil Rufbereitschaft häufig auch in privaten Räumlichkeiten vereinbart wird, muss der Arbeitnehmer seine private Lebensführung auf die Eventualität eines Arbeitseinsatzes ausrichten. Ein gemeinsames Essen mit der Familie müsste beispielsweise unterbrochen werden.
Die dienstliche Nutzung des Smartphones nach Feierabend muss dazu aber als Pflicht des Arbeitnehmers fixiert worden sein. Dies kann nicht durch einseitige Weisung erfolgen, weil sich diese Befugnis schlechterdings nicht auf die Privatsphäre erstrecken kann. In Betracht kommen daher nur der Arbeitsvertrag sowie eine Betriebsvereinbarung.
Doch auch ohne rechtliche Verpflichtung werden Arbeitnehmer häufig diesem betrieblichen Übergriff ins Privatleben nachgeben. Sei es, weil sie andernfalls Nachteile erwarten oder sich bloß auf dem Laufenden halten wollen. Es handelt sich hier daher im Ergebnis um eine moderne Form der Rufbereitschaft.
Was dies für die arbeitszeitrechtliche Compliance bedeutet und wie Arbeitgeber rechtssicher BYOD-Modelle einführen, besprechen wir in den kommenden Artikeln.
Weitere Beiträge aus der Reihe Arbeitszeitrecht:
Die Betriebsvereinbarung im Arbeitszeitrecht
Arbeitszeitrecht – Wissenswertes zur Arbeitszeit