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Entgeltliche Tiervermittlung und Tierpension sind wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb

In der gerichtlichen Spruchpraxis zeichnet sich eine einheitliche Linie ab, Tierschutz bzw. Tierpflege als wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu werten und gezahlte Entgelte damit dem Regelumsatzsteuersatz von 19% zu unterwerfen. Gemeinnützige Tierschutzvereine müssen daher aufpassen, dass die Tiervermittlung weder in der Satzung ausdrücklich aufgeführt noch tatsächlich zur Haupttätigkeit wird – ansonsten droht der Verlust der Gemeinnützigkeit.

Den Anfang machte das FG Baden-Württemberg: Ein neu gegründeter Verein hatte sich vornehmlich auf die Rettung von Tieren aus Tötungsstationen im Ausland konzentriert, die anschließend gegen eine „Schutzgebühr“ von 150 – 300 Euro an neue Halter in Deutschland vermittelt wurden. Trotz vorheriger anderweitiger Auskunft wertete das Finanzamt diese Tätigkeit als wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb und unterwarf die Tiervermittlung dem regulären Umsatzsteuersatz von 19%. Mit seiner Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz bestätigte das Gericht diese Einschätzung. Die Bewertung als Zweckbetrieb scheitere bereits daran, dass die entgeltliche Tiervermittlung nicht die einzige Möglichkeit sei, den Tierschutz zu fördern. Insbesondere trete der Tierschutzverein durch seine Leistungen aber auch mit gewerblichen Tierhändlern in Konkurrenz, was die Zweckbetriebseigenschaft ausschließe.

Obgleich die Begründung durchaus angreifbar ist (gewerbliche Tierhändler beziehen ihre Zuchttiere sicherlich nicht aus ausländischen Tötungsstationen), finden sich die Begründungsansätze nahezu identisch auch in einer Entscheidung des VG Schleswig-Holstein wieder. Das Gericht hatte über die tierschutzrechtliche Anzeige- und Erlaubnispflicht der Tiervermittlung durch einen gemeinnützigen Verein zu entscheiden. Es bejahte die Pflicht unter Verweis darauf, dass der Verein wirtschaftlich bzw. gewerblich tätig werde und dabei mit privaten Anbietern in Konkurrenz trete.

Ähnlich verhält es sich nach einem weiteren Urteil des FG Baden-Württembergs mit dem Angebot einer Pferdepension durch einen gemeinnützigen Reitsportverein. Gegen ein gesondertes Aufgeld konnten Mitglieder ihre Pferde in die Pension einstellen und versorgen lassen. Das Gericht unterwarf die Entgelte dem vollen Umsatzsteuersatz und machte damit deutlich, dass es sich bei dem Angebot der Pferdepension um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb handelte. Sowohl eine vollkommene Umsatzsteuerfreiheit aufgrund Europarechts als auch die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Leistungen eines Zweckbetriebes kämen nicht in Betracht. Das Anbieten einer Pferdepension sei weder untrennbarer Kernbestand des Reitsports noch zur Durchführung des Sports unerlässlich. Zudem trete der Verein zu Erwerbszwecken mit anderen Anbietern in Konkurrenz, auch wenn sich das Angebot des Vereins nur an Mitglieder richte.

Hinweis: Die Tierpflege gegen Entgelt wird von der Finanzverwaltung auch schon bisher als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eingeordnet. Die Tiervermittlung gegen Schutzgebühr im Rahmen des Betriebs eines Tierheimes hatten die Finanzämter hingegen bisher in der Regel als Zweckbetrieb behandelt. Nach der nun zu beobachtenden Eintracht verschiedener Gerichte dürfte sich diese Einschätzung bald ändern. Die Einnahmen aus entgeltlicher Tiervermittlung unterliegen damit der Körperschaftsteuer, die Umsätze dem vollen Steuersatz. Bildet die Tiervermittlung zudem die Haupttätigkeit eines Vereins (wie dies bei der Fokussierung auf die Rettung und Vermittlung ausländischer Tiere häufig der Fall ist), fällt damit zugleich der gemeinnützige Status. Folgerichtig dürfte dann auch die Rechtsfähigkeit des Vereins in Gefahr sein bzw. eine Neueintragung als rechtsfähiger Verein ausscheiden (vgl. die Artikel „Kindergärten und Kindertagesstätten in Form eines e.V. unzulässig“ und „Wirtschaftliche Betätigung führt zur Versagung der Eintragung ins Vereinsregister“). Um solche ungewünschten Folgewirkungen zu vermeiden, sollte der Verein in Betracht ziehen, die entgeltliche Tiervermittlung auf einen separaten Rechtsträger (z.B. auf eine Tochter-GmbH) auszulagern.

FG Baden-Württemberg, Beschluss v. 18.04.2011, Az. 14 V 4072/10.
VG Schleswig-Holstein, Urteil v. 17.08.2011, Az. 1 A 31/10.
FG Baden-Württemberg, Urteil v. 30.6.2011, Az. 12 K 4547/08.

Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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