Die Gemeinnützigkeit setzt die selbstlose Förderung steuerbegünstigter Zwecke voraus. Eine Organisation, die nur zu Finanzierungszwecken zugunsten ihrer Gesellschafter errichtet wurde, handelt nicht selbstlos. Dies entschied nun der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 22.08.2019.
GmbH verfolgte nur eigenwirtschaftliche Interessen der Gesellschafter
In dem vom BFH entschiedenen Fall begehrte eine GmbH die Steuerbegünstigung wegen der Förderung gemeinnütziger Zwecke. Die vier Gesellschafter der GmbH waren zugleich Mehrheitsanteilseigner einer Kommanditgesellschaft (KG). Die GmbH hatte mit der KG Darlehensverträge über mehrere Jahre abgeschlossen. Korrespondierend dazu hatten die Gesellschafter der GmbH dieser der Darlehenshöhe entsprechende Beträge überwiesen und dafür von der GmbH Spendenquittungen erhalten.
Nachdem das Finanzamt zunächst die Gemeinnützigkeit der GmbH anerkannt hatte, versagt sie nach Prüfung der Unterlagen die Selbstlosigkeit. Nach den Feststellungen des Finanzamts erfülle die GmbH nicht die Voraussetzungen des § 55 Abgabenordnung (AO), weil sie nur dem Zweck diene, Zuwendungsbestätigungen für die Gesellschafter zu generieren und die Vergabe zinsgünstiger und ungesicherter Darlehen an die von den Gesellschaftern mehrheitlich gehaltene KG zu ermöglichen. Damit verfolge sie allein eigenwirtschaftliche Interessen der Gesellschafter.
Förderung der Allgemeinheit muss überwiegen
Der BFH hat die Ansicht der Finanzbehörde im Ergebnis bestätigt: Eine Körperschaft erlangt nur dann die Steuerbefreiung, wenn ihre Geschäftsführung tatsächlich und unmittelbar einen gemeinnützigen Zweck verfolgt. Dafür muss ihre Geschäftsführung die Allgemeinheit gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 AO selbstlos fördern und darf nicht in erster Linie einen eigenwirtschaftlichen Zweck verfolgen.
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Der BFH hat den Fall genutzt, um umfangreich zu dieser Abgrenzung zwischen selbstlosen und eigenwirtschaftlichen Interessen Stellung zu nehmen. Eine Körperschaft verfolgt demnach vorrangig eigenwirtschaftliche Interessen, wenn sie nicht nur nebenbei eigene wirtschaftliche Interessen oder Interessen ihrer Mitglieder verfolgt. Dies ist nach dem vorliegenden Urteil bereits dann der Fall, wenn die Förderung der Allgemeinheit im Vergleich zu den eigenen wirtschaftlichen Vorteilen nicht überwiegt. Es reicht nicht einmal aus, wenn die Geschäftsführung beiden Interessen gleichwertig dient, so der BFH. Darüber hinaus stellte der BFH fest, dass neben wirtschaftlichen Gewinnen auch ersparte Aufwendungen zur Förderung eigenwirtschaftlicher Interessen ausreichen. Wird daher eine Körperschaft nur zu dem Zweck errichtet, ihren Gesellschaftern Ausgabenersparnisse durch Steuerbefreiungen zu generieren, fehlt es an der Selbstlosigkeit.
gGmbH diente hauptsächlich der Einsparung von Steuerabgaben
Aufgrund dieser Erwägungen wurde der GmbH im vorliegenden Fall die Gemeinnützigkeit verwehrt: Das Konstrukt hatte letztlich dazu gedient, die KG durch die Gesellschafter finanziell zu unterstützen und für diese Unterstützung Zuwendungsbestätigungen zu generieren, um so Steuern einzusparen. Auch wenn die GmbH mit den Darlehenszinsen einen gemeinnützigen Zweck förderte (hier: Förderung von Forschung und Bildung im Gesundheitswesen sowie Unterstützung von Kliniken), überwog das eigenwirtschaftliche Interesse ihrer Gesellschafter.
Entscheidend für diese Annahme war zum einen die personelle Überschneidung der handelnden Personen: die vier Gesellschafter der GmbH waren zugleich deutlich mehrheitlich (98%) an der KG beteiligt. Zum anderen war die Einsparung erheblicher Steuerabgaben zumindest mitbestimmend für die Gründung der GmbH gewesen.
Einordnung einer selbstlosen Geschäftsführung immer noch schwierig
Letztendlich zeigt dieses Urteil erneut, welche Schwierigkeiten sich bei der Einordnung einer selbstlosen Geschäftsführung ergeben und wie sorgfältig bei der Gestaltung geprüft werden muss. Durch die Feststellung, dass bereits ein Gleichauf der Interessen gegen die Selbstlosigkeit spricht, hat der BFH eine klare Grenze gesetzt. Zudem zeigt der Hinweis, dass auch ersparte Aufwendungen ein eigenwirtschaftliches Interesse begründen können, wie eng die Voraussetzungen der Selbstlosigkeit gezogen werden.
BFH, Urteil vom 22. August 2019, Az. V R 67/16
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