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Digitale und blockchainbasierte Fondsanteile: KryptoFAV und eWpG

Blockchainbasierte Fondsanteile

Das im Sommer 2021 eingeführte Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) und die im Sommer 2022 eingeführte Kryptofondsanteileverordnung (KryptoFAV) sind zwei wichtige Schritte in der Digitalisierung des deutschen Kapitalmarktes. Auffällig ist dabei, dass diese hinsichtlich des Aufbaus einer effizienten Infrastruktur mit der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) Hand in Hand geht und sich die bereits vor über einer Dekade prophezeiten potenziellen Anwendungsfälle von DLT und Blockchains nach und nach zu bewahrheiten scheinen.

Digitale Kryptotoken etablieren sich gegenüber physisch verbrieften Rechten als nächster evolutionärer Schritt an den Kapitalmärkten und bieten von der Emission bis zum (Nach-)Handelsprozess diverse Vorteile, wie bspw. die sekundenschnelle internationale Abwicklung und ein effizienteres Clearing und Settlement.

Deutschland ebnet Weg für digitale Fondsanteile

Dieses Potenzial hat auch der deutsche Gesetzgeber erkannt und nach der gesetzlichen Einstufung von Kryptowerten als Finanzinstrumente im Januar 2020 das eWpG eingeführt. Dabei geht es aber nicht primär um die Regulierung von Bitcoin, Ethereum oder anderen bereits bestehenden Kryptowerten, sondern um die Kultivierung der DLT bzw. Blockchaintechnologie für den Kapitalmarkt. So wurde durch das eWpG der § 95 des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) geändert und die Möglichkeit geschaffen, Anteile an deutschen Sondervermögen als elektronische Anteilscheine zu begeben. Dadurch wurde eine Alternative zur vorher ausschließlichen Möglichkeit der Verbriefung geschaffen, und die Urkunde kann bei auf den Inhaber ausgestellten Anteilscheinen durch Eintragung in ein zentrales elektronisches Wertpapierregister ersetzt werden. Dadurch wurde der Weg für digitale Fondsanteile geebnet.

eWpG gilt auch für Kryptofondsanteile

In § 95 Abs. 5 KAGB regelte der deutsche Gesetzgeber zudem eine Verordnungsermächtigung, durch die das Bundesministerium der Finanzen und das Bundesministerium der Justiz durch gemeinsame Rechtsverordnung die entsprechende oder teilweise entsprechende Anwendung diverser Regelungen des eWpG auf elektronische Anteilscheine anwenden können. Durch die daraufhin erlassene KryptoFAV wurde die Möglichkeit der Begebung von Kryptofondsanteilen in Deutschland geschaffen, indem die entsprechenden Vorschriften des eWpG auf Kryptofondsanteile für anwendbar erklärt wurden.

Die KryptoFAV umfasst dabei folgende Regelungen:

  • § 1 – Kryptofondsanteile: Anteile an Sondervermögen oder an einzelnen Anteilklassen eines Sondervermögens können vollständig oder teilweise auch als Kryptofondsanteile, also elektronische Anteilscheine, die in ein Kryptowertpapierregister eingetragen sind, begeben werden.
  • § 2 – Anwendbarkeit des eWpG: Die relevanten Vorschriften des eWpG zum Kryptowertpapier oder der Schuldverschreibung gelten auch für den Kryptofondsanteil, die Anlagebedingungen und den Anleger.
  • § 3 – Registerführende Stelle: Bei Kryptofondsanteilen ist die registerführende Stelle die Verwahrstelle oder ein anderes von der Verwahrstelle beauftragtes Unternehmen, das gemäß § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 8 in Verbindung mit § 32 Absatz 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes über eine Erlaubnis zur Kryptowertpapierregisterführung verfügt.

Was sind Kryptofondsanteile?

Der Begriff des Kryptofondsanteils erfasst elektronische Anteilscheine, die in ein Kryptowertpapierregister eingetragen sind. Sie bilden einen Spezialfall des elektronischen Anteilscheins. Zu beachten ist allerdings, dass nur Anteile an Sondervermögen erfasst werden, die wiederum nur bei offenen und geschlossenen Spezial-AIF (für professionelle und semi-professionelle Anleger) sowie als OGAW (Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren) oder offene Publikums-AIF errichtet werden können.

Die Bezeichnung bezieht sich daher ausschließlich auf die Form der Begebung des Anteils und grenzt ihn als tokenisierten Fondsanteil vom klassisch verbrieften Fondsanteil ab. Der Begriff des Kryptofondsanteils bedeutet also gerade nicht, dass die Fonds in Kryptowerte investieren, sondern nur, dass ihre Anteile tokenisiert sind.

Was ist ein DLT-Fonds?

Als Oberbegriff kristallisiert sich für derartige Fonds aktuell der Begriff des DLT-Fonds heraus. Fonds, die überwiegend unmittelbar in Kryptowerte wie Bitcoin oder Ethereum investieren, werden – entsprechend der Logik der Fondskategorien-Richtlinie für Publikumsfonds, wonach in die namensgebenden Vermögensgegenstände fortlaufend mehr als 50 Prozent des Wertes des Investmentvermögens angelegt sein müssen – als Kryptowertefonds bezeichnet (aktuell können dies lediglich Spezialfonds gemäß § 282 KAGB).

Ethereum kann als Kryptowertpapierregister registerführende Stelle sein

Als registerführende Stelle kann bei Kryptofondsanteilen die Verwahrstelle oder ein anderes von der Verwahrstelle beauftragtes Unternehmen fungieren.

Zudem wird vom eWpG abgewichen, sodass elektronische Fondsanteile nicht nur in ein zentrales Wertpapierregister, sondern in ein Kryptowertpapierregister eingetragen werden können. Das Kryptowertpapierregister muss mit einem fälschungssicheren Aufzeichnungssystem geführt werden, in dem Daten in der Zeitfolge protokolliert und gegen unbefugte Löschung sowie nachträgliche Veränderung geschützt gespeichert werden. Das kann bspw. eine öffentliche oder private Blockchain wie das Ethereum-Netzwerk sein.

Erst- und Zweiterwerb von Kryptofondsanteilen

Wie üblich ist die Grundlage des Ersterwerbs eines Kryptofondsanteils der Abschluss eines Investmentvertrags zwischen den Anlegern, der Kapitalverwaltungsgesellschaft und der Verwahrstelle. Hinzu kommt die Besonderheit der Eintragung in das Kryptowertpapierregister, wobei sowohl die Einzel- als auch die Sammeleintragung möglich sind.

Bei der Einzeleintragung wird eine Person oder rechtsfähige Personengesellschaft, die das elektronische Wertpapier als Berechtigte hält, als Inhaberin eingetragen, sodass Inhaberin und Berechtigte identisch sind. Im Gegensatz dazu wird bei der Sammeleintragung ein Verwahrer als Inhaber der elektronischen Anteilscheine eingetragen, der die Sammeleintragung treuhänderisch für die Anleger verwaltet, ohne selbst Berechtigter zu sein.

Der Zweiterwerb eines Kryptofondsanteils erfolgt durch Einigung zwischen dem Berechtigten und dem Erwerber und die Übertragung auf den Erwerber, durch die dieser schließlich Eigentümer wird. Die spezifische Eigentumsübertragung wurde durch § 25 eWpG eingeführt, sodass es sich um eine sachenrechtliche Vorschrift handelt, die speziell für elektronische Wertpapiere geschaffen wurde und die auch auf Kryptofondsanteile Anwendung findet.

Vorteile der Kryptofondsanteile

Die in Deutschland hinterherhinkende Kapitalmarktinfrastruktur erhielt durch das eWpG und nun durch die KryptoFAV einen erheblichen Anschub. Die größte Erleichterung ist aus operativer Sicht, dass es mangels Verbriefung keines Zutuns des Zentralverwahrers bei der Abwicklung von Geschäften mit Kryptofondsanteilen mehr bedarf.

Damit wird das Ursprungsversprechen von DLT und Blockchain, nämlich die Verringerung der notwendigen Intermediäre, zumindest teilweise eingelöst. Einerseits wird zumindest ein Intermediär herausgenommen, und es werden zumindest im Ansatz „Peer-to-Peer“-Geschäfte ermöglicht. Andererseits wird die Abwicklung des Geschäfts, das sog. Settlement, erheblich vereinfacht und kann in Echtzeit erfolgen, sodass der übliche Handelsbrauch „T+2“ nicht mehr relevant ist.

WINHELLER berät zu digitalen und blockchainbasierten Fondsanteilen

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Michael Rudolf Kissler

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Eine Antwort zu "Digitale und blockchainbasierte Fondsanteile: KryptoFAV und eWpG"

  1. Johannes von Skopp sagt:

    Vielen Dank für den überaus informativen Artikel, Herr Kissler! Ich bin sehr gespannt, wie die Änderungen am Markt angenommen werden!

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