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Auch Campact verliert Gemeinnützigkeit – Kommt eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts?

Auch Campact verliert Gemeinnützigkeit

Wie viel Politik verträgt das Gemeinnützigkeitsrecht?

Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) in Sachen Attac zu Beginn des Jahres folgt nun die Aberkennung der Gemeinnützigkeit von Campact. Der Bundesfinanzminister kündigt derweil angesichts der öffentlichen Diskussion um die Zulässigkeit politischer Betätigungen im Nonprofit-Bereich eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts an.

Wie viel Politik verträgt das Gemeinnützigkeitsrecht?

In seinem Urteil zum Umweltschutzverband BUND e.V. entschied der BFH, dass sich gemeinnützige Organisationen durchaus mit tagespolitischen Themen auseinandersetzen dürfen, solange diese in unmittelbarem Zusammenhang mit einem steuerbegünstigten Zweck stehen. Im Fall der Aktivitäten des Attac-Trägervereins hingegen sei schon kein gemeinnütziger Zweck zu erkennen. Jedenfalls fehle es für den laut Satzung verfolgten Zweck der politischen Bildung an der gebotenen Neutralität, da etwa durch öffentlichkeitswirksame Kampagnen versucht werde, eigene politische Forderungen durchzusetzen.

Finanzamt entzieht auch Campact die Gemeinnützigkeit

Laut eigener Mitteilung und übereinstimmender Pressemeldungen hat das zuständige Finanzamt nun auch der Kampagnenorganisation Campact rückwirkend seit 2015 die Gemeinnützigkeit aberkannt. Das Finanzamt habe die Tätigkeit als überwiegend allgemeinpolitisch beurteilt, weshalb unter Anwendung des BFH-Urteils in Sachen Attac kein gemeinnütziger Zweck verfolgt würde. Campact hatte mit dieser Entscheidung bereits gerechnet und aufgrund der drohenden Spendenhaftung keine neuen Zuwendungsbestätigungen mehr ausgestellt. Dennoch müssen nun die Einnahmen seit 2015 nachträglich versteuert werden.

Bundesfinanzminister Scholz kündigt Reform an

Die Diskussion rund um Attac, Campact und andere lässt auch den Bundesfinanzminister nicht unbeeindruckt. Olaf Scholz hat nun angekündigt, einen Gesetzesentwurf zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechts vorlegen zu wollen. Dieser soll insbesondere die aufgeworfenen Fragen rund um politische Betätigungen in Bereichen der Demokratiepflege und der Menschenrechtsarbeit klären.

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Daneben ist zu erwarten, dass neue gemeinnützige Zwecke wie etwa für die schon lange diskutierten Freifunk-Initiativen hinzukommen und die für viele NPOs relevante Freigrenze im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb erhöht wird. Auch eine Erhöhung der Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale ist zu erwarten. Dies wurde von Seiten des Bundesrates schon für das kommende Jahressteuergesetz gefordert, das im Entwurf zunächst auch umsatzsteuerliche Änderungen für Sozial- und Bildungseinrichtungen vorsah, die nun jedoch verschoben wurden.

Gemeinnützigkeit nicht durch politische Betätigungen gefährden

Die Frage der Zulässigkeit einer politischen Betätigung von gemeinnützigen Organisationen bleibt spannend. Der BFH hat mit seiner Entscheidung zwar für Klarheit unter Juristen gesorgt. Die Entscheidung überzeugt die Zivilgesellschaft jedoch nicht. Es bleibt abzuwarten, ob Attac gegen das noch ausstehende Urteil des Finanzgerichts Hessen vor das Bundesverfassungsgericht zieht oder tatsächlich eine zufriedenstellende Reform seitens des Gesetzgebers kommt. Bis dahin bleiben zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich mit ihrer Tätigkeit im Grenzbereich bewegen, gefordert: Es bedarf entsprechender Gestaltungen und Argumentation, um die steuerlichen Vorteile der Gemeinnützigkeit nicht durch politische Betätigungen zu gefährden.

Weiterlesen:
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Aberkennung der Gemeinnützigkeit: Folgeprobleme

Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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