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Erfüllen britische Stiftungen auch deutsches Stiftungsrecht?

Teil der Globalisierung sind auch zunehmend internationale Betätigungen von Nonprofit-Organisationen. Werden deutsche NPOs im Ausland aktiv, ist auf die Einhaltung des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts zu achten. Für den umgekehrten Fall der Betätigung ausländischer Organisationen in Deutschland gilt nichts anderes: Der Status der Gemeinnützigkeit ist stets eine Frage des jeweiligen Landesrechts. Teilweise kommt es hierbei nicht nur aufs Steuerrecht an, sondern auch auf andere Rechtsgebiete, wie ein Fall zeigt, der auch angesichts des „Brexit“ von Bedeutung ist.

Erfüllen britische Stiftungen auch deutsches Stiftungsrecht?Steuerpflicht für britische Stiftung mit deutschen Einkünften

Eine britische Stiftung, die in England ein College betrieb und nach dortigem Recht als gemeinnützig anerkannt war, hatte Immobilienvermögen in Berlin und erzielte hieraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Mangels Abgabe von Körperschaftssteuererklärungen musste das Finanzamt die Überschüsse dieser Einkunftsarten für die Jahre 2008 und 2009 schätzen. Im Einspruchsverfahren wurde die britische Gemeinnützigkeit zwar zunächst akzeptiert und die Körperschaftssteuer mit 0,- Euro festgesetzt, allerdings wurde nicht der Status der Gemeinnützigkeit nach deutschem Recht anerkannt, da die Voraussetzungen des deutschen Rechts nicht erfüllt seien. Hiergegen konnte sich die Stiftung bereits in erster Instanz vor dem Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg erfolgreich behaupten.

Keine wörtliche Übernahme der Mustersatzung notwendig

Auf die Revision des Finanzamtes hin hatte auch der BFH zugunsten der Stiftung entschieden, dass die Satzung bei entsprechend großzügiger Auslegung durchaus den Vorgaben des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts genügen könne. Die Begriffe „ausschließlich“ und „unmittelbar“ in Bezug auf die Zweckverfolgung müssten z.B. nicht wörtlich in der Satzung enthalten sein. Es genüge, wenn eine ausländische Satzung anderweitige Anhaltspunkte für die Erfüllung der Prinzipien der Ausschließlichkeit und Unmittelbarkeit biete. Für deutsche Nonprofit-Organisationen gelten angesichts der Mustersatzung der AO hingegen strengere Vorgaben – die Begriffe „ausschließlich“, „unmittelbar“ und „selbstlos“ müssen zwingend Erwähnung finden.

Ohne Vermögensbindungsklausel eigentlich keine Gemeinnützigkeit

Allerdings musste das FG nun erneut entscheiden, ob eine britische Stiftung mit deutschen Stiftungen vergleichbar ist und ob damit überhaupt eine Körperschaft im steuerlichen Sinne vorliegt. Hierfür musste es einen Typenvergleich vornehmen, bei dem es letztlich insbesondere auf die Vergleichbarkeit der deutschen mit der britischen Stiftungsaufsicht ankam, denn die Satzung enthielt keine ausreichende Klausel über die Vermögensbindung – nach derzeitigem deutschem Recht eigentlich ein Ausschlusskriterium für die Gemeinnützigkeit. Bei Stiftungen, die vor dem 19.12.2006 errichtet wurden, ist die Vermögensbindungsklausel nach alter Rechtslage jedoch dann nicht erforderlich, wenn sie einer staatlichen Aufsicht unterliegen – das britische College kommt in den Genuss dieser Ausnahme, da es bereits 1555 gegründet wurde.

Britische Stiftungsaufsicht ist der deutschen Aufsicht gleichwertig

Das FG ist nach eingehender Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass das britische Stiftungsrecht eine Stiftungsaufsicht vorsieht, die dem Standard der deutschen Stiftungsaufsicht gleichkommt. Insbesondere sehe der insoweit maßgebende „charity act“ umfangreiche Prüfungs- und Eingriffsbefugnisse für den Fall der Mittelfehlverwendung vor, die sogar über die möglichen Maßnahmen der deutschen Stiftungsaufsicht hinausgehen.

Damit sei der Ausnahmeregelung der alten Rechtslage in der deutschen AO Genüge getan und die fehlende Vermögensbindungsklausel der College-Stiftung stehe einer Anerkennung der Gemeinnützigkeit in Deutschland nicht entgegen. Es blieb daher dabei, dass die britische Stiftung ihre Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Deutschland nicht versteuern musste.

Umfassende Beratung sinnvoll

Ein europaweit einheitliches Gemeinnützigkeitsrecht ist noch lange nicht in Sicht und würde britischen Stiftungen nach dem Brexit auch nicht mehr helfen. International tätige Nonprofit-Organisationen stehen damit vor einem Flickenteppich der Steuergesetze jedes einzelnen Landes, in dem sie sich betätigen. NPOs sollten sich daher vor einer Betätigung in einem anderen Land umfassend beraten lassen. Meist ist die Gründung einer gemeinnützigen Tochtergesellschaft im jeweiligen Zielland sinnvoll (in Deutschland insbesondere die gGmbH).

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.06.2018, Az. 9 K 11080/17

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Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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