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BGH konkretisiert Aufklärungspflicht von Banken beim Abschluss eigener Zinsswap-Verträge

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 28.04.2015 ein weiteres wegweisendes Urteil im Zusammenhang mit Aufklärungspflichten bei der Empfehlung von Zinsswap-Verträgen gesprochen (Az. XI ZR 378/13). Klägerin war die nordrheinwestfälische Gemeinde Ennepetal, die in den Jahren 2006 bis 2008 mehrere Zinsswap-Verträge mit der damaligen WestLB (heute Erste Abwicklungsanstalt – EAA) abgeschlossen hatte. Kernpunkt des Vorwurfs der Klägerin an die Bank, die sowohl als empfehlender Berater als auch als Vertragspartner der Zinsswaps aufgetreten war, lag in dem Argument, dass die Bank nicht über den von ihr eingepreisten anfänglichen negativen Marktwert des Swap-Vertrags aufgeklärt hatte.

Banken machen gutes Geschäft

Tatsächlich werden Zinsswap-Verträge von den sie anbietenden Banken regelmäßig so konzipiert, dass der Kunde zunächst ein Risiko einkauft, während die Bank bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses ein günstiges Geschäft mit dem Tausch macht. Der Kunde ist demnach auf eine für ihn günstige Entwicklung des Tauschgeschäfts angewiesen, damit er überhaupt aus der Verlustzone kommt.

Aufklärung über negativen Marktwert bei bankeigenen Produkten erforderlich

Für diejenigen Zinsswap-Verträge, die Banken selbst als Vertragspartner des Kunden abgeschlossen und auch empfohlen haben, hat der BGH mit seinem jüngsten Urteil unmissverständlich klargestellt, dass die Bank in dieser Situation unabhängig von der Komplexität des geschlossenen Zinsswap-Vertrags ihren Kunden über einen anfänglichen negativen Marktwert sowohl dem Grunde als auch der konkreten Höhe nach aufklären muss.

Begründet ist diese Aufklärungspflicht in dem schweren Interessenkonflikt, dem die Bank in diesen Fällen ausgesetzt ist. Sie muss als Beraterin im Rahmen der Aufklärung die Interessen des Kunden wahren, hat aber gleichzeitig als Tauschpartner ein eigenes wirtschaftliches Abschlussinteresse. Der Kunde – so der BGH – könne das Eigeninteresse der Bank nur in Kenntnis der Höhe des anfänglichen negativen Marktwertes richtig einschätzen.

Ausnahmen der Aufklärungspflicht

Keine Aufklärungspflicht hinsichtlich des anfänglichen negativen Marktwertes besteht allerdings dann, wenn Beratungsleistung und Vertragspartnerschaft auseinanderfallen, eine Bank also kein eigenes Produkt, sondern einen von einer anderen Bank angebotenen Zinsswap-Vertrag an einen Kunden vermittelt. In dieser Situation befindet sich die Bank nicht in dem schwerwiegenden Interessenkonflikt, der Ansatzpunkt für die Aufklärungspflicht ist. Dies hatte der BGH bereits mit seinem vielbeachteten Urteil vom 20.01.2015 (Az. XI ZR 316/13) festgestellt.

Keine Aufklärungspflicht bei Absicherung von Zins- oder Währungsrisiken aus konnexen Grundgeschäften

Nicht erforderlich ist eine Aufklärung über den negativen Marktwert darüber hinaus, wenn der Kunde mit dem Abschluss des Zinsswap-Vertrags eigene Zins- oder Währungsrisiken aus verbundenen Grundgeschäften absichern will. Die generelle Aufklärungspflicht nimmt der BGH nur bei Swap-Verträgen an, die der Spekulation des Kunden auf Gewinne dienen. Freilich ist eine beratende Bank aber dennoch zur Leistung einer anleger- und anlagegerechten Beratung verpflichtet, wenn Sie ihren Kunden Finanzinstrumente vermittelt. Insofern können sich Ansatzpunkte für eine Haftung einer beratenden Bank auch aus Versäumnissen im Zusammenhang mit der Risikoaufklärung oder einer unzureichenden Einholung von Informationen über das Anlegerprofil des Kunden ergeben. Ob Ansprüche vorliegen muss daher stets im Rahmen einer detaillierten Einzelfallprüfung geklärt werden.

Dr. Annette Wagemann

Dr. Annette Wagemann ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und berät Unternehmen und deren Manager umfassend zu wirtschaftsrechtlichen Fragestellungen. Bei WINHELLER ist sie auf die rechtliche Strukturierung von Geschäftsmodellen, Corporate Governance und Compliance spezialisiert.

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