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Können Betriebskindergärten gemeinnützig sein?

Können Betriebskindergärten gemeinnützig sein?

Die Gemeinnützigkeit von Betriebskindergärten ist umstritten. Wir berichteten bereits über die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf zur Gemeinnützigkeit von Betriebskindergärten. Das FG hatte entschieden, dass diese Kindergärten nicht die Allgemeinheit fördern und damit nicht gemeinnützig sind. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dieses Urteil nun bestätigt.

Klägerin betrieb Betriebskindergärten

Zum Streit kam es zwischen dem Finanzamt und einer GmbH, die von 2008 bis 2012 mit verschiedenen Unternehmen Verträge über die Errichtung von Kindergärten für die Betreuung von Mitarbeiterkindern dieser Unternehmen schloss. Die GmbH hatte ihren Zweck laut dem Gesellschaftsvertrag in der Förderung der Alten- und Jugendhilfe sowie der Bildung und Erziehung.

Finanzamt bestätigte zunächst die Gemeinnützigkeit

Im Jahr 2008 bescheinigte das Finanzamt der Klägerin die Gemeinnützigkeit unter Hinweis auf deren Zwecke zunächst vorläufig.

Im Rahmen einer Außenprüfung im Jahr 2012 kam das Finanzamt dann aber zu dem Ergebnis, dass die Gemeinnützigkeit bei der konkreten Ausgestaltung der Kindergärten nicht vorlag.

Keine Förderung der Allgemeinheit, wenn Plätze für Unternehmensangehörige reserviert sind

Begründet wurde dies damit, dass die Kindergärten im Zeitraum von 2008 bis 2012 nicht die Allgemeinheit im Sinne des § 52 AO gefördert hätten. Deren Förderung ist Voraussetzung für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Um die Allgemeinheit zu fördern, muss im Grundsatz jedermann freien Zutritt zur Körperschaft oder ihren Leistungen haben. Dabei darf nicht nur ein abgeschlossener Personenkreis gefördert werden.

Bei den Betriebskindergärten war die Leistung allerdings in erster Linie an die Beschäftigten der Unternehmen gerichtet. Dies lässt sich an einer Belegungspräferenz bei Aufnahme bzw. Auswahl der zu betreuenden Kinder feststellen. Dabei sollten vorrangig Kinder von Unternehmensbeschäftigten Betreuungsplätze in Anspruch nehmen dürfen. Andere Kinder bzw. deren Eltern konnten nur dann einen Betreuungsplatz bekommen, wenn die Unternehmen aus ihrer Belegschaft keinen Bedarf hatten.

Fehlende Quotelung als Indiz für den abgeschlossenen Personenkreis

Ein besonders starkes Indiz für die mangelnde Förderung der Allgemeinheit war, dass es an einer festen Quote von „Nichtmitarbeiterkindern“ mangelte. Im konkreten Fall waren fast alle Plätze der Kitas mit Kindern von Beschäftigten belegt. Auch dass in einer Einrichtung vier Krippenplätze für „Nichtbetriebskinder“ gestellt wurden, reicht laut dem BFH nicht aus, wenn die Einrichtung insgesamt eine Kapazität von 102 Plätzen hat.

Wie hoch die Quote der Nichtmitarbeiterkinder sein muss, um die Allgemeinheit zu fördern, hat der BFH nicht festgelegt, es dürfte sich aber wohl um mindestens 10 Prozent der insgesamt zur Verfügung stehenden Plätze handeln.

Mildtätige Zwecke zu fördern ist nicht zielführend

Zwar hat der BFH mangels Relevanz nicht zur Förderung mildtätiger Zwecke als „Weg zur Gemeinnützigkeit“ entschieden, dies dürfte aber auch für Betriebskindergärten keine zufriedenstellende Lösung sein. Im Rahmen der mildtätigen Zwecke wird eine Person selbstlos unterstützt, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen ist. Soweit die Finanzverwaltung dies ab einem Alter von 75 Jahren pauschal bejaht, dürfte dies erst recht für Kinder unterhalb des Schulalters gelten. Mildtätige Zwecke dürfen allerdings nicht „des Entgelts wegen“ gefördert werden, ein Merkmal, das noch immer nicht abschließend geklärt ist.

Wird Allgemeinheit doch gefördert?

Das Urteil des BFH ist von weitreichender Bedeutung für Betriebskindergärten. Kritisch ist anzumerken, dass der BFH außer Acht lässt, dass durch die Betriebskindergärten durchaus die Allgemeinheit gefördert wird. Kindergartenplätze sind rar und jeder weitere Platz entlastet die öffentlichen Einrichtungen. Zudem werden unmittelbar die Kinder gefördert, nicht die Mitarbeiter.

Betriebskindergärten sollten bei der Gestaltung von Kooperationsverträgen, Satzungen und der Unternehmensstruktur auf gemeinnützigkeitsrechtliche Kriterien achten. Lassen Sie sich diesbezüglich von unseren Experten im Gemeinnützigkeitsrecht beraten.

BFH, Urteil v. 01.02.2022 – V R 1/20

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Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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