Gibt es keinen gemeinsamen Nenner mehr, bleibt manchmal nur der Ausweg, fortan getrennte Wege zu gehen. Auch die Vereinsmitgliedschaft kann mit sofortiger Wirkung beendet werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die Voraussetzungen dafür hat das Landgericht (LG) Ulm in seinem Urteil vom 24.04.2013 zusammengestellt.
Die Vereinsmitgliedschaft ist juristisch betrachtet ein Dauerschuldverhältnis – so wie beispielsweise ein Mietvertrag. Das bedeutet, dass die Vertragsparteien Leistungen nicht nur einmalig austauschen, sondern dauerhaft oder zumindest über einen längeren Zeitraum. Grundsätzlich können solche Dauerschuldverhältnisse nur unter Beachtung einer angemessenen Kündigungsfrist gekündigt werden. Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes muss es allerdings möglich sein, ein Dauerschuldverhältnis auch einmal vorzeitig zu beenden.
Unzumutbarkeit der Vereinsmitgliedschaft rechtfertigt sofortigen Austritt
Diese Ausnahme leitet das Landgericht aus dem in § 242 BGB normierten Prinzip von „Treu und Glauben“ ab. Der Paragraph bestimmt, dass der Schuldner dazu verpflichtet ist, seine „Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.“ Das LG Ulm entnimmt dieser Generalklausel, dass ein wichtiger Grund dann vorliege, wenn „der Fortbestand der Mitgliedschaft unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zumutbar ist.“ In diesem Fall habe das Mitglied das Recht, sofort aus dem Verein auszutreten – selbst dann, wenn die Satzung eine fristlose Kündigung nicht vorsieht.
Platzsperre widerspricht Vereinssatzung
In dem Fall, der die Ulmer Richter beschäftigte, wollte der Spielausschuss eines Sportvereins eine 14-tägige Platzsperre gegen mehrere Vereinskinder verhängen, weil sie sich angeblich unsportlich verhalten hätten. Den Kindern wurde die Wahl gelassen, die Platzsperre gegen einen zweistündigen Arbeitsdienst einzutauschen. Alle Kinder sollten sich aber auf jeden Fall persönlich für ihr Verhalten beim Clubmanager entschuldigen. Die Platzsperre widersprach allerdings der Vereinssatzung, weil eine solche gemäß der Satzung nur vom Vorstand verhängt werden darf. Außerdem, so das Gericht, hätten vorher eine mündliche Verwarnung oder ein schriftlicher Verweis erfolgen müssen. Erst dann hätte der Verein zu der drastischen Maßnahme der Platzsperre greifen dürfen.
Darin, dass dies nicht erfolgt sei, liege eine „ganz erhebliche Verletzung der Mitgliedschaftsrechte“, urteilte das LG Ulm – im Einklang mit der herrschenden Rechtsprechung. Weiterhin Vereinsmitglied zu bleiben, sei den Betroffenen deshalb unzumutbar gewesen. Sie durften ihre Vereinsmitgliedschaft daher fristlos und mit sofortiger Wirkung kündigen.
Gerne beraten wir Vereine bezüglich ihrer Satzungsgestaltung oder bei rechtlichen Streitigkeiten mit Vereinsmitgliedern. Sie erreichen unsere Experten unter 069 76 75 77 80 oder per E-Mail an info@winheller.com.
LG Ulm, Urteil v. 24.02.2013 – Az. 1 S 161/12
Sehr geehrter Herr Winheller,
ich habe meine Mitgliedschaft in einem Verein fristlos und mit sofortiger Wirkung gekündigt. Von der Mitgliederbetreuung wurde mir eine Bestätigung zugesandt. Nach drei Wochen erreicht mich eine Nachricht vom Vorstand, dass meine fristlose Kündigung nur mit wichtigem Grund möglich sei. Den habe ich nachgereicht, Vertrauensbruch zwischen Vorstand und Mitglied. Die Satzung weist eine Kündigung zu jeder Zeit aus. Nun habe ich eine Mahnung bzgl. des Mitgliedsbeitrags erhalten.
Kann der Verein bzw. Vorstand (einzelne Person) die Kündigungsbestätigung zurückziehen, mit dem Vermerkt es wäre ein Fehler vereinsseits?
Ist meine fristlose Kündigung wirklich unwirksam, wenn ich keinen (wichtigen) Grund angegeben habe bzw den nachgereicht habe und in der Satzung eine Kündigung zu jeder Zeit, sonst nichts weiter über eine Kündigungsfrist, vermerkt ist?
Herzlichen Dank für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Hallo Herr Turner,
die Voraussetzungen und Folgen des Vereinsaustritts sind sehr einzelfallabhängig. Ohne einen Blick in die jeweilige Satzung kann leider kaum eine verlässliche Auskunft gegeben werden. Grundsätzlich ist es jedenfalls so, dass ein wichtiger Grund zwar vorliegen, aber nicht mitgeteilt werden muss. Die Satzung kann Mitteilung und Nachweis des Grundes jedoch zur Voraussetzung machen. Hinsichtlich des angemahnten Mitgliedsbeitrages ist grundsätzlich keine Befreiung vom Beitrag des bereits laufenden Beitragsjahres zwingend.
Beste Grüße
Alexander Vielwerth
Hallo, Herr Winheller –
wir sind einem Verein zum 01.07. diesen Jahres beigetreten, ohne zu wissen, dass die Kündigungsfrist bereits einen Tag zuvor, am 30.06. verstrichen war. Somit hatten wir nicht die Möglichkeit vor Verstreichen der Kündigungsfrist zu prüfen, ob uns das Vereinsangebot überhaupt zusagt. Der Verein hat unsere Kündigung nicht akzeptiert und sie zum Ende des nächsten Jahres vorgemerkt. Ist dies rechtlich zulässig?
Besten Dank & Grüße –
Ihr
Alexander Holtermann.
Hallo Herr Holtermann,
mit der Vereinsmitgliedschaft wird zwischen dem Verein und dem Mitglied ein Dauerschuldverhältnis eingegangen, das sich allein nach dem Vereinszweck und der Satzung richtet, nicht aber vom konkreten Leistungsangebot abhängig ist. Ein Verein muss daher keine Möglichkeit bieten, Interessenten als „Schnuppermitglieder“ aufzunehmen. Wird die Mitgliedschaft eingegangen, so ist sie dauerhaft und grundsätzlich erst zum in der Satzung bestimmten Termin kündbar. Der Verein wird bei neu eintretenden Mitgliedern allerdings die vorherige Einsicht in die Satzung ermöglichen müssen, sodass Sie sich über die Kündigungsfrist hätten informieren können. Diese Pflicht und die Folgen der Verletzung sind jedoch im Einzelfall zu prüfen. Ich hoffe, das hilft Ihnen etwas weiter.
Beste Grüße
Alexander Vielwerth
Hallo Herr Winheller,
ich bin Mitglied in einem Schützenverein. War dort auch bis im April auch Gesamtschiessleiter.
Da unser Sportleiter im Kreis sein Amt aufgehört hat, habe ich mich entschieden das zu übernehmen.
Seit diesem Tag habe ich bei uns im Verein mit meinem Jugendleiter nur Probleme.
Ich muss auch dazu sage das er der Vorgänger von mir als Sportleiter war. Da er sich in jede Angelegenheit eingemischt hat konnte ich das amt nicht richtig ausüben.
Es folgte mehrere Meinungsverschiedenheiten und Streiterreien.
Aus diesem Grund habe ich mich dann entschieden den Sportleiterposten mit sofortiger wirkung aufzuhören. Mit der Begrundung das ich vom Jugendleiter nur Einmischungen und Probleme hatte.
Am Montag den 26.11.2018 war ich im Vereinsheim und hätte nach aussage des Jugendleiters eine Aussage getroffen, was ihn betroffen hätte. Aber ich kann mich an keine der artige Äuserung erinnern.
Heute den 30.11.2018 war ich auch wieder im Vereinsheim zum Training.
Nach dem Training bin ich noch in die Wirtschaft und habe dort was getrunken.
Eine kurze zeit Später werde ich vom Besagten jugendleiter angeschriehen, was mir einfallen würde. Und wenn ich am Sonntag ins Vereinsheim zum Wettkampf kommen sollte. Wird er mich Persönlich aus dem Vereinsheim werfen.
Könnten sie mir an dieser Stelle weiterhelfen.
Ich bin jetzt an einem Punkt angelangt, das ich kein interesse mehr an diesem Verein habe.
Nur wegen einer Person.
Hallo Patrick,
ob eine Streitigkeit mit einzelnen Vereinsmitgliedern zum Austritt aus dem Verein berechtigt, ist zunächst anhand der Satzung zu prüfen. Eventuell bietet diese auch die Möglichkeit eines Schlichtungsverfahrens. Sollte Ihnen die Mitgliedschaft tatsächlich nicht weiter zumutbar sein, könnte ein außerordentliches Kündigungsrecht vorliegen. Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem im obigen Beitrag geschilderten Fall um eine Auseinandersetzung zwischen Mitgliedern und Vereinsorganen handelt. Bei Ihnen scheint es den Schilderungen nach jedoch mehr um eine zwischenmenschliche Auseinandersetzung zu gehen, die nicht unmittelbar zu einem Austrittsrecht aus dem Verein führen könnte.
Beste Grüße
Alexander Vielwerth
Sehr geehrter Herr Winheller,
in 2014 habe ich im Reitstall xxx E.V. eine Einstellbox gemietet. Ohne Vereinsmitglied werden zu müssen. In 2016 wurde ich aufgefordert Vereinsmitglied zu werden, da sonst der Einstellvertrag nicht fortgeführt werden könne. Aus Versicherungsgründen. Obwohl Pferd und Reiter privat Haftpflicht versichert waren. Zähneknirschend bin ich dann dem Verein als Mitglied beigetreten.-
Im September 2017 habe ich den Einstellervertrag gekündigt. Im Dezember 2017 bekam ich Vereinspost und habe darauf hin am 05.12.2017 auf meine Kündigung hingewiesen und gleichzeitig erneuert. Als Antwort bekam ich, dass es 2 unabhängige Verträge seien. Meine Kündigung galt nur für den Einstellvertrag. Die Boxen würden zum Reitbetrieb gehören, der inzwischen über die Reitschule Bracker läuft. Ein eigenständiges Unternehmen. Meine Kündigung für die Vereinsmitgliedschaft sei nicht fristgerecht und zum 01.02.2018 würde der Beitrag für 2018 fällig. – Dem habe ich widersprochen indem ich ein Sonderkündigungsrecht gefordert habe. Weil ich die beiden Verträge als gekoppelt betrachte. Da der eine ohne den anderen nicht möglich war. Und weil ich ohne den Einstellvertrag keinen Nutzen an der Mitgliedschaft habe. Ende Februar bekam ich eine Mahnung. Zu der ich mich identisch geäußert habe. – Und jetzt im Oktober habe ich Post vom Inkasso Büro. Ist die Forderung tatsächlich berechtigt oder hatte ich ein Sonderkündigungsrecht ?
Herzlichen Dank im Voraus
S. Ahlert
Sehr geehrte Frau Ahlert,
vielen Dank für Ihre ausführliche Frage. Ohne die Vereinssatzung zu kennen, kann ich hier jedoch leider keine Auskunft geben, da es entscheidend auch auf den Vereinszweck ankommt. Nur daraus lässt sich ableiten, ob die Vereinsmitgliedschaft ohne den Einstellvertrag tatsächlich „keinen Nutzen“ mehr für Sie bietet.
In einem individuellen Beratungsgespräch können wir uns Ihre Satzung gerne zusammen genauer anschauen. Kontaktieren Sie uns dazu gerne per Telefon (069 76 75 77 80) oder per E-Mail.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Winheller
Sehr geehrter Herr Winheller,
ist eine fristlose Kündigung berechtigt, wenn der Verein seiner Verpflichtung der theoretischen und praktischen Ausbildung nicht mehr nachkommt, da der Schulbetrieb im Verein zumacht. Leider besteht eine Kündigungsfrist von 6 Monaten bei einem Jahresbeitrag, aber die Schließung wurde jetzt erst im Oktober bekannt gegeben und die alternative für die Zukunft sieht für die nächsten 6 Monate schlecht aus. Also ist ein reiten ohne Schulpferde erstmals für die nächsten Monat nicht möglich.Ebenso hat es der Vorstand verpasst oder sogar unterlassen die Einrichtungen der Reitanlagen und Stallungen in einem Zustand zu pflegen/restaurieren, das es dem heutigen Standard (Veterinäramt)entspricht. Deshalb wird es schwierig eine neue Reitschule mit Schulpferden als Nachfolge rein zu bekommen. Die Haltung des Vorstands gegenüber der Vereinsmitglieder als Reitschüler gegenüber ist ebenfalls sehr passiv.
Sehr geehrte Frau Rademann-Wohlstreicher,
vielen Dank für Ihre ausführliche Frage. Leider können wir Ihnen hier ad hoc keine befriedigende Antwort geben. Wir müssten u.a. in die Satzung sehen, wie der Vereinszweck genau formuliert ist. Wenn der Zweck des Vereins nicht mehr erreichbar ist, könnte eventuell ein Sonderaustrittsrecht zugesprochen werden. Theoretisch müsste der Verein dann aber ohnehin aufgelöst werden. Sie sehen, eine ziemlich komplexe Angelegenheit. Eventuell bietet es sich hier an, ein Beratungsgespräch zu vereinbaren. Meist beraten wir Vereine/Verbände und Vorstände. Gern können Sie bei Bedarf dennoch einmal unser Sekretariat unter info@winheller.com zu den Möglichkeiten kontaktieren.
Vielen Dank!
Beste Grüße
Florian Demmler
Danke für den Artikel, Herr Winheller.
Wie sieht es nach der fristlosen Kündigung mit dem Jahresbeitrag aus?
Ist dieser dann noch vollständig, anteilig oder gar nicht geschuldet?
Peter
Hallo Peter,
das kommt ganz auf die Satzung bzw. Beitragsordnung Ihres Vereins an. Meist ist der Mitgliedsbeitrag dort als Jahresbeitrag geregelt und es kommt für seine Fälligkeit darauf an, ob Sie zu einem bestimmten Zeitpunkt Mitglied waren oder nicht. Treten Sie nach diesem Zeitpunkt aus, hätten Sie auch keinen Anspruch auf (anteilige) Rückzahlung. Für einen außerordentlichen Austritt gilt zunächst nichts anders.
Da ich die Regelung in Ihrem Verein jedoch nicht kenne, rate ich Ihnen zunächst zu einem Blick in die Beitragsordnung oder Satzung Ihres Vereins. Gern können Sie bei weiteren Fragen individuell auf uns zurückkommen.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Winheller
Guten Morgen und danke, Herr Weinheller.
Gilt dies auch wenn man gegen die guten Sitten verstößt?
Wenn man die Leistungen nicht nutzen kann, wenn man beispielsweise erst 1 Monat Mitglied wäre, wäre das sehr einseitig mit der dennoch Pflicht. Wie sieht es da mit der Abwägung der erfüllten oder nicht erfüllten Interessen aus, theoretisch müsste der Verzicht doch beiderseits bei grobem Fehlverhalten sein? Es gibt ja auch 2 Jahre dauernde Verträge.
Worin besteht denn dann der Zweck der fristlosen Kündigung, wenn nicht alles aufgelöst wird. Gibt es dazu denn Urteile oder einen Spielraum?
Peter
Hallo Peter,
Ihr Anliegen lässt sich so pauschal leider nicht beantworten. Für diese tiefergehenden Fragen bedarf es einer Übersicht über den genauen Sachverhalt. Gerne können wir diese Fragen in einem individuellen Beratungsgespräch klären. Kontaktieren Sie uns dazu gerne unter info@winheller.com.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Winheller