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Arbeitslohnspende (aktuell nur) für Flutopfer – ein Spendenmodell mit Zukunft

Jul 18, 13 • Spendenrecht1 Kommentar

Die Flutkatastrophe der vergangenen zwei Monate hat verheerende Schäden verursacht. Die betroffenen Regionen sind für ihren Wiederaufbau auf große finanzielle Unterstützung angewiesen. Dafür hatte der Bundestag am 28.06.2013 einstimmig beschlossen, einen acht Milliarden schweren Fonds einzurichten. Trotz einiger Differenzen über die finanzielle Lastenverteilung des Fonds zwischen Bund und Ländern haben die Bundesländer dem Aufbau-Fonds-Gesetz am 05.07.2013 im Bundesrat zugestimmt. Eine große Unterstützung leisten aber auch die vielen privaten Spender. Mit Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 21.06.2013 steht diesen Spendern nun auch der Weg über sog. Arbeitslohnspenden offen.

Bei einer Arbeitslohn- oder Gehaltsspende verzichtet der Arbeitnehmer monatlich auf einen Teil seines Lohns. Der Betrag wird vom Bruttogehalt abgezogen und an eine wohltätige Einrichtung weitergeleitet. Erst nachdem die Spende vom Lohn abgezogen wurde, wird die Steuer auf den Lohn berechnet, sodass sich im Ergebnis die Steuerschuld des Arbeitnehmers mindert. Allerdings dürfen die steuerfrei belassenen Lohnanteile bei der Einkommensteuer dann nicht noch einmal als Spende berücksichtigt werden. In der Lohnsteuerbescheinigung wird die Spende nicht angegeben, sie muss lediglich in einem Lohnkonto dokumentiert werden. Eine solche Methode des Spendens hatte das BMF schon einmal während der Naturkatastrophe in Japan im März 2011 erlaubt.

Allerdings lässt das aktuelle BMF-Schreiben Gehaltsspenden wieder nur für einen begrenzten Zeitraum zu – vom 01.06.2013 bis zum 31.05.2014. Zudem sind Arbeitslohnspenden nach dem BMF-Schreiben nur in zwei bestimmten Konstellationen möglich: Entweder der Arbeitnehmer verzichtet auf einen Teilbetrag seines Arbeitslohnes, um einen Beitrag zu einer Beihilfe des Arbeitgebers zu leisten, der vom Hochwasser betroffene Arbeitnehmer seines Unternehmens unterstützen will. Oder der Arbeitnehmer verzichtet auf einen Teil seines Lohns, um zu einer Spende des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto für Hochwasseropfer etwas beizusteuern. Mit anderen Worten: Dem BMF-Schreiben zufolge kann der Arbeitnehmer nicht entscheiden, wohin seine Lohnspende konkret gehen soll!

Anders als in Deutschland ist die Arbeitslohnspende im englischsprachigen Ausland ein übliches Verfahren, das sich durch seine einfache und automatisierte Handhabung auszeichnet. In Großbritannien beispielsweise wurde das „payroll giving“ (auch „Give as you earn“ oder abgekürzt „GAYE“ genannt) bereits 1987 eingeführt. Es funktioniert quasi wie ein „Spenden-Abonnement“: Monatlich wird ein bestimmter Betrag vom Bruttogehalt der sich beteiligenden Arbeitnehmer abgezogen, bevor es besteuert wird. Die Spende wird sodann an eine auf Gehaltsspenden spezialisierte Agentur überwiesen, welche die Summe an eine wohltätige Organisation weiterleitet. Der wesentliche Unterschied zu den Regelungen des BMF besteht darin, dass hier der spendende Arbeitnehmer bestimmt, welcher Einrichtung seine Spende zugutekommen soll. Außerdem handelt es sich beim britischen Modell um generelle Regelungen und nicht nur um ein zeitlich befristetes Ausnahmemodell.

In Großbritannien hat sich payroll giving bewährt: Einem aktuellen Gutachten des Britischen Finanzministeriums zufolge haben in den vergangenen zwei Jahren immerhin rund 735.000 Arbeitnehmer ein solches „Spenden-Abonnement“ abgeschlossen. Im Einzelnen mag es sich oft nur um die Cent-Stellen nach dem Komma handeln, die der Arbeitnehmer von seinem Lohn abziehen lässt. Doch beteiligen sich so viele Arbeitnehmer wie in Großbritannien an einem solchen Spendensystem, addieren sich die Cent-Beträge schnell zu beträchtlichen Summen auf: In den vergangenen zwei Jahren haben die Briten dem Gutachten zufolge rund 118 Millionen Pfund mittels payroll giving gespendet, das sind umgerechnet knapp 138 Millionen Euro. Und die Tendenz steigt. Auch in den USA ist die Gehaltsspende weit verbreitet. Vorteil für die NPOs: Sie können mit einem konstant hohen Spendenvolumen kalkulieren und dadurch langfristig angelegte Projekte besser realisieren. Vorteil für den Arbeitnehmer: Er kann mit kleinen monatlichen Beträgen einiges bewegen, ohne am Jahresende noch einmal Sonderausgaben im Rahmen seiner Steuererklärung geltend machen zu müssen. Und der Vorteil für den Arbeitgeber: Durch das Angebot an die Belegschaft, sich der Zahlungsabwicklung anzunehmen, beweist er soziale Verantwortung und steigert seine Attraktivität für die Mitarbeiter. Steigern lässt sich der Effekt ggf. noch durch ein Aufstocken der von den Mitarbeitern gespendeten Beträge durch den Arbeitgeber.

In Deutschland gibt es ein dem payroll giving ähnliches System bisher nicht, mit Ausnahme der durch das BMF verkündeten Sonderregelungen bei Naturkatastrophen. Außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Sonderregelungen sind Arbeitslohnspenden daher wenig attraktiv: Verzichtet ein Arbeitnehmer hierzulande auf einen Teil seines Lohns und lässt den Betrag, noch bevor ihm der Lohn ausgezahlt wird, an eine gemeinnützige Einrichtung überweisen, verändert sich die Bemessungsgrundlage für seine Einkommensteuern nicht. Nur wenn sich der Arbeitnehmer um eine Zuwendungsbestätigung bemüht, wird die Spende im Wege des Sonderausgabenabzugs steuerlich bei ihm berücksichtigt. Doch selbst das Ausstellen einer Zuwendungsbestätigung kann sich schwierig gestalten: Erhält die gemeinnützige Einrichtung eine große Lohnspende von einem Arbeitgeber, kann sie die Teilbeträge darin oft nicht den einzelnen Arbeitnehmern zuordnen und damit keine Zuwendungsbestätigungen ausstellen.

Hinweis: Will der Gesetzgeber das zivilgesellschaftliche Engagement der Bürger und insbesondere ihre Spendenfreudigkeit erhöhen, sollte er eine einfache, zeitlich unbefristete und anlassunabhängige Möglichkeit der Lohnspende schaffen, so wie sie auch im Ausland bekannt ist und erfolgreich praktiziert wird. Sollte sich der Gesetzgeber eines Tages hierzu durchringen, dürfte dem Modell der Erfolg kaum zu nehmen sein: Der Dritte Sektor wird sich schnell entsprechend aufstellen und geeignete Marketing- und Fundraisingkonzepte entwickeln, mit denen NPOs insbesondere auf ihre Unternehmenskooperationspartner zugehen können, um über sie Gehaltsspenden der Belegschaft einzuwerben.

BMF, Schreiben v. 21.06.2013, Az. IV C 4 – S 2223/07/0015 :008.

HM Government, Consultation on Payroll Giving v. 24.01.2013 (in englischer Sprache).

Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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Eine Antwort zu "Arbeitslohnspende (aktuell nur) für Flutopfer – ein Spendenmodell mit Zukunft"

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