Als Arbeitnehmerüberlassung bezeichnet man einen Vertrag, der die zeitweise Überlassung eines Arbeitnehmers durch den sogenannten „Verleiher“ an einen „Entleiher“ regelt. Die Arbeitnehmerüberlassung wird umgangssprachlich auch oft als „Leiharbeit“ bezeichnet und stellt für Unternehmen ein praktisches Mittel dar, um kurze Zeitphasen zu überbrücken, in denen das Unternehmen mehr Arbeitskräfte benötigt als sonst. Die Einzelheiten der Arbeitnehmerüberlassung sind im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt.
Risiken der Arbeitnehmerüberlassung
Die Arbeitnehmerüberlassung birgt allerdings einige Risiken für Entleiher und Verleiher. So müssen die Beteiligten die strengen Anforderungen des AÜG einhalten und beispielsweise vor jeder Überlassung eine Erlaubnis bei der zuständigen Behörde einholen. Oftmals kommt es auch vor, dass ein Arbeitsverhältnis von den Beteiligten eigentlich als Dienst- oder Werkvertrag angedacht war, tatsächlich aber als Arbeitnehmerüberlassung anzusehen ist (sog. Scheinwerkverträge). Liegen dann die strengen Formalien der Arbeitnehmerüberlassung nicht vor, so muss der Unternehmer mit empfindlichen Strafen rechnen.
Reform des AÜG im April 2017
Nicht nur die fließende Grenze zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Werkvertrag sorgt bei Arbeitgebern für Rechtsunsicherheit. Zusätzliche Hürden für die Arbeitnehmerüberlassung kamen im April 2017 durch die Reform des AÜG hinzu. Beispielsweise begrenzte der Gesetzgeber die Höchstüberlassungsdauer eines Arbeitnehmers auf 18 Monate. Nach neun Monaten Überlassung greift der sogenannte Equal-Pay-Grundsatz. Das heißt, der Leiharbeitnehmer hat nach dieser Zeit einen Anspruch auf die gleiche Vergütung wie die Stammbelegschaft.
Keine Vorratserlaubnis mehr möglich
Auch die Konstruktion der sogenannten Vorratserlaubnis, die häufig Anwendung fand, um die oben angesprochene Problematik der „Scheinwerkverträge“ zu umgehen, entfällt künftig. Bei diesem Prinzip hat ein Unternehmen die „Leiharbeitnehmer“ des Verleihers im Rahmen eines Werk- oder Dienstvertrages beschäftigt, wegen der komplizierten rechtlichen Abgrenzung aber zur Sicherheit eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis beantragt. Falls sich das Verhältnis dann doch als Arbeitnehmerüberlassung herausstellte, konnte der Entleiher immer noch die Erlaubnis als letztes Ass aus dem Ärmel ziehen (sog. verdeckte Arbeitnehmerüberlassung). Durch die vom Gesetzgeber eingeführte Kennzeichnungspflicht, wonach Verleiher und Entleiher die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen haben, gehört diese Methode nun der Vergangenheit an.
Mögliche Lösung: Gemeinschaftsbetrieb
Das sind nur einige von zahlreichen Problemen, die die Arbeitnehmerüberlassung mit sich bringt. Eine mögliche Alternative stellt die Errichtung eines Gemeinschaftsbetriebes dar. Ein solcher liegt vor, wenn sich mehrere Unternehmen einen gemeinsamen Betrieb „teilen“. Laut Bundesarbeitsgericht heißt das, es muss eine gemeinsame Betriebsstätte vorliegen, bei der die gemeinsamen Betriebsmittel für einen einheitlichen Zweck zusammengefasst werden. Zudem muss die Leitung der Arbeitskräfte durch eine gemeinsame Führung der beiden Unternehmen erfolgen.
Durch den Gemeinschaftsbetrieb lassen sich die Risiken der Arbeitnehmerüberlassung zielsicher umgehen. Wie ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern unlängst bestätigte, stehen Gemeinschaftsbetrieb und Arbeitnehmerüberlassung in einem Entweder-Oder-Verhältnis. Liegt ein Gemeinschaftsbetrieb vor, finden die Vorschriften des AÜG keine Anwendung.
Errichtung eines Gemeinschaftsbetriebes
Ob ein Gemeinschaftsbetrieb besteht, bestimmt sich (wie so oft im Arbeitsrecht) nach den tatsächlichen Umständen. Die beiden Unternehmen müssen also lediglich die Rahmenbedingungen für einen solchen Betrieb schaffen, sich also zu einer rechtlich verbundenen Einheit in Bezug auf eine gemeinsame Führung zusammenfinden. Ein schriftlicher Vertrag muss dabei zwar nicht vorliegen, ist jedoch aus Beweisgründen angezeigt.
Gemeinschaftsbetrieb keine Allzweckwaffe
Eine grundsätzliche Alternative zur Arbeitnehmerüberlassung stellt der Gemeinschaftsbetrieb aber nicht dar. Die Konstruktion des Gemeinschaftsbetriebes bietet sich besonders an, wenn zwei Unternehmen ohnehin in einem regelmäßigen, gegenseitigen Austauschverhältnis bezüglich ihrer Arbeitnehmer stehen. Nicht jedes Unternehmen profitiert aber von einem solchen Zusammenschluss. Weil die Errichtung eines Gemeinschaftsbetriebes auch andere arbeitsrechtliche Folgen mit sich bringt, müssen die Vor- und Nachteile im Einzelfall gegeneinander abgewogen werden.
Bei der Beurteilung, ob der Zusammenschluss zu einem Gemeinschaftsbetrieb für Ihr Unternehmen sinnvoll ist, beraten unsere erfahrenen Anwälte Sie gerne.
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 13.06.2017 – 5 Sa 209/16
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Anwalt für Arbeitnehmerüberlassung und Zeitarbeit
Guten Tag,
ich arbeite seit 2006 als Hilfsarbeiter im Meister Büro von einer Chemie Firma und ich übe auch viele Arbeiten im Labor 9 stunden ins gesamt am Tag. Aber mein Arbeitgeber hat nur Werk Vertrag,darf er mich in dieser stelle gegen Geld zu Verfügung einstellen oder ist das illegale Arbeitnehmerüberlassung?
Mit freundlichen Grüssen.
Lehr