Das Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG) wird umgangssprachlich als „Anti-Briefkasten-Gesetz“ bezeichnet. Es ist die Antwort der Politik auf das Phänomen der zunehmenden Steuerflucht (zuletzt: Paradise Papers). Ziel des Gesetzes ist es, Transparenz in die meist undurchsichtigen, vielschichtigen und verwobenen Geschäftsbeziehungen zwischen Steuerflüchtigen und deren Kreditinstituten zu bringen. Durch Aufbrechen der schützenden Anonymität sollen Briefkastenfirmen und Scheintochtergesellschaften zurückgedrängt werden.
Das Gesetz steigert die Mitwirkungspflichten sowohl aufseiten der Bank als auch aufseiten der Steuerpflichtigen. Ermittlungsbehörden erhalten erweiterte Befugnisse, und strafrechtliche Sanktionen werden durch die Aufnahme eines weiteren besonders schweren Falles der Steuerhinterziehung verschärft.
Bankgeheimnis noch weiter eingeschränkt
§ 30a AO, der bisher das Bankgeheimnis schützte, wurde gestrichen. Ein Auskunftsersuchen der Steuerbehörde zur Ermittlung einer Steuerstraftat war bislang nur möglich, wenn bereits ein Steuerstrafverfahren gegen den Betroffenen eingeleitet war und der Betroffene eigene Angaben verweigerte. Nun können Ermittler ohne Weiteres Auskünfte bei Banken einholen.
Erweiterung des automatisierten Kontenabrufverfahrens
Durch das automatisierte „Kontenabrufverfahren“ in § 93b AO ist es den Behörden möglich einzusehen, wenn Unternehmen oder Einzelpersonen ein Konto in einem Land führen, in dem die Vorschriften der Abgabenordnung keine Anwendung finden. Die Fälle, in denen die Behörde von dem automatisierten Verfahren Gebrauch machen darf, wurden durch die Gesetzesänderung erweitert. So können die Behörden in Zukunft leichter die Verbindung deutscher Steuerpflichtiger zu ausländischen Konten herstellen und einsehen, wer hinter dem entsprechenden Konto steckt bzw. als Berechtigter von diesem profitiert. Dies war gerade im Rahmen der Panama Papers ein häufiges Problem für die Ermittler, da die Kontoinhaber im Ausland oftmals mit Scheindirektoren besetzt waren, um die Person des wahren Kontoinhabers zu verschleiern.
Befugnisse der Ermittler gestärkt
Ermittlungsbehörden dürfen nun auch sogenannte Sammelauskunftsersuchen nutzen. Dadurch ist es den Behörden unter anderem möglich, den gesamten Kundenstamm eines Kreditinstitutes, das ihnen verdächtig erscheint, zu durchleuchten. Bisher war es den Behörden nur möglich, bezüglich eines einzelnen, konkreten Verdächtigen Informationen einzuholen.
Höhere Freiheitsstrafen
Eine (verdeckte) Beziehung zu einer Drittstaat-Gesellschaft wurde in den Katalog der besonders schweren Fälle der Steuerhinterziehung aufgenommen. Wenn der Steuerpflichtige seine Beziehungen nutzt, um steuerlich erhebliche Tatsachen zu verschleiern und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt, droht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
Steuernachzahlung für die letzten zehn Jahre
Die Zahlungsverjährungsfrist wurde im Fall der Steuerhinterziehung von fünf auf zehn Jahre erhöht. Betroffene müssen für alle hinterzogenen Steuern im Zeitraum der letzten zehn Jahre aufkommen. Zugleich erfolgte eine Anhebung der Frist, innerhalb der Kreditinstitute die Daten bei Auflösung eines Kontos zum Kontenabruf vorhalten müssen. Diese beträgt nun auch zehn Jahre. Betroffene müssen zudem Aufzeichnungen und Unterlagen über eine Beziehung zu Drittstaaten-Gesellschaften und allen damit verbundenen Einnahmen und Ausgaben sechs Jahre lang aufbewahren.
Selbstanzeige führt zur Straflosigkeit
Die Vorschriften zur Selbstanzeige wurden nicht gestrichen. Betroffene können daher weiterhin straflos davonkommen, wenn sie schneller als die Ermittlungsbehörden sind. Zwar müssen dann die hinterzogenen Steuern nebst Zuschlägen nachgezahlt werden, allerdings gehen die Betroffenen straffrei aus. Straffreiheit erlangen sie aber nur dann, wenn die strengen Anforderungen der Selbstanzeige erfüllt werden. Da das Erfüllen der Anforderungen durchaus schwierig ist, sollte eine Selbstanzeige nur nach vorheriger rechtsanwaltlicher Beratung erfolgen.
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Tags: Selbstanzeige, Steuernachzahlung