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Anforderungen an die Eventualeinberufung einer Mitgliederversammlung

Anforderungen an die Eventualeinberufung einer Mitgliederversammlung

Die Mitgliederversammlung ist das höchste Organ des Vereins und als solches für die wichtigsten Beschlüsse verantwortlich. Sind nicht genügend Vereinsmitglieder für die Beschlussfähigkeit anwesend, kann durch eine sogenannte Eventualeinberufung schnell Abhilfe geschaffen werden.

Eine Eventualeinberufung bedeutet, dass gleichzeitig mit der Einladung zur regulären Mitgliederversammlung auch eine Einladung zu einer direkt im Anschluss stattfindenden Mitgliederversammlung erfolgt – und nicht mit der Einladung zur weiteren Mitgliederversammlung gewartet wird, bis die Beschussunfähigkeit festgestellt wird. Die gleichzeitig verschickte weitere Einladung zur Mitgliederversammlung greift aber nur dann, wenn die Beschlussfähigkeit in der mit der ursprünglichen Einladung einberufenen Mitgliederversammlung nicht erreicht wird. Mit der Frage der Zulässigkeit einer solchen Eventualeinberufung hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe befasst.

Verein beschließt Satzungsänderung auf beschlussunfähiger Mitgliederversammlung

Im vorliegenden Fall ging es um einen Verein, der sich gegen die Zurückweisung seiner Anmeldung einer Satzungsänderung gewendet hat. In der Satzung des Vereins hieß es:

„Die Änderung [der Satzung] bedarf der Zustimmung von 2/3 der in der Mitgliederversammlung anwesenden Mitglieder und der beiden Gemeinden. Die Hälfte der Mitglieder muss anwesend sein. Sollte dies nicht der Fall sein, ist eine weitere Mitgliederversammlung einzuberufen, die berechtigt ist, die Satzung ohne Mitgliedermindestanzahl zu ändern.“

Am 27.06.2023 lud der Vorsitzende des Vereins zur Jahreshauptversammlung am 11.07.2023 ein. In dieser Einladung hieß es:

„Sollte die erforderliche Anzahl von der Hälfte der Mitglieder nicht anwesend sein und wir somit nicht beschlussfähig sein, erfolgt eine weitere ordentliche Jahreshauptversammlung im Anschluss am 11. Juli 2023, 18.15 Uhr.“

Am Tag der Jahreshauptversammlung wurde die für die Satzungsänderung notwendige Anzahl an Mitgliedern nicht erreicht, da zu wenige Mitglieder erschienen waren. Trotzdem wurde in der Hauptversammlung eine Satzungsänderung beschlossen und zur Eintragung in das Vereinsregister angemeldet.

Im Folgenden versagte das Registergericht dem Verein die Eintragung der fraglichen Satzungsänderung. Zur Begründung führte das Gericht an, dass das erforderliche Quorum der anwesenden Mitglieder nicht erreicht worden sei. Weiterhin sei auch die durch die Einladung vorgesehene Eventualeinberufung durch die Satzung nicht bestimmt gewesen. Vielmehr hätte eine gänzlich neue Mitgliederversammlung einberufen werden müssen. Hiergegen legte der Verein Einspruch vor dem OLG Karlsruhe ein.

Beschluss(un)fähigkeit und Eventualeinberufung der Mitgliederversammlung

Das Gesetz stellt keine Anforderungen an die Einberufung der Mitgliederversammlung, ermöglicht aber in § 32 Abs. 2 BGB die virtuelle oder hybride Mitgliederversammlung. Regelungen zu Form und Frist der Einladung und deren Inhalten finden sich in den Satzungen der Vereine. Hat ein Verein keine Regelung hierzu in seiner Satzung getroffen, kann sogar schon eine Mitgliederversammlung mit nur einem einzigen anwesenden stimmberechtigten Mitglied beschlussfähig sein. In den meisten Fällen wird in der Satzung jedoch ein Quorum festgesetzt, also eine Mindestanzahl an stimmberechtigten Vereinsmitgliedern, die anwesend sein müssen, um die Beschlussfähigkeit der Mitgliederversammlung herzustellen. Grund dafür ist, dass die auf der Mitgliederversammlung getroffenen Beschlüsse meist Bedeutung für den gesamten Verein haben und entsprechend auch von einer möglichst hohen Zahl von Vereinsmitgliedern getroffen werden müssen.

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Zusätzlich kann die Satzung auch Anforderungen an die Beschlussfähigkeit in einer Wiederholungsversammlung absenken. Eine solche Wiederholungsversammlung kommt in Betracht, wenn der erste Versuch einer Mitgliederversammlung mangels Beschlussfähigkeit gescheitert ist. Der Bundesgerichtshof (BGH) billigt dabei auch die sogenannten Eventualeinberufungen, sofern die jeweilige Satzung diese Möglichkeit vorsieht.

OLG Karlsruhe: Eventualeinberufung mangels Satzungsregelung nicht rechtmäßig

Die Beschwerde des Vereins vor dem OLG Karlsruhe blieb erfolglos. Es fehle, wie auch schon vom Registergericht festgestellt, an der für eine Satzungsänderung erforderlichen Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder. Eventualeinberufungen von Mitgliederversammlungen seien in der Satzung des betreffenden Vereins vorzusehen. Die Eventualeinberufung der Mitgliederversammlung, wie sie in der Einladung zur Hauptversammlung vom 27.06.2023 vorgesehen war, sei daher mangels Regelung in der Vereinssatzung nicht rechtmäßig gewesen.

Es müsse stattdessen eine weitere Mitgliederversammlung mit entsprechendem Zeitabstand einberufen werden, die unabhängig von der Zahl der anwesenden Mitglieder beschlussfähig sei. Diese Auffassung entspricht auch der ständigen Rechtsprechung und der allgemeinen Literaturmeinung.

Die Entscheidung des OLG Karlsruhe zeigt auch hier wieder, wie wichtig es ist, die Regelungen in der Satzung passend zu den Erfordernissen des jeweiligen Vereins aufzusetzen. Unsere erfahrenen NPO-Anwälte sind Ihnen dabei gerne behilflich.

OLG Karlsruhe (19. Zivilsenat), Beschluss v. 29.04.2024, 19 W 21/24 (WX)

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Dr. Isabella Löw

Rechtsanwältin Dr. Isabella Löw ist am Standort Frankfurt am Main in unserem Nonprofitteam tätig. Sie berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen.

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