Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) ist eine behördeninterne Verwaltungsanweisung zur Interpretation der Abgabenordnung (AO). Damit soll die Arbeit der Finanzbeamten erleichtert und bundesweit einheitlich gestaltet werden. Eine Änderung vom Anfang des Jahres betrifft auch Vorschriften des Gemeinnützigkeitsrechts.
Welche Zwecke sind steuerbegünstigt?
Während der Gemeinnützigkeitskatalog des § 52 Abs. 2 AO bereits umfangreich steuerbegünstigte Zwecke auflistet, kommt es in der Praxis häufig zu Interpretations- und Abgrenzungsfragen im Einzelfall. Der AEAO enthält daher eine Liste von Einzelfällen, in denen die Gemeinnützigkeit anerkannt werden kann – oder eben nicht. Neu in die Liste aufgenommen wurde nun die bereits auf Länderebene vertretene Auffassung, wonach kommunale Kinos unter bestimmten Voraussetzungen gemeinnützig sein können. Auch Anglervereine, Erfinderclubs und Freiwilligenagenturen erhalten nun Rechtssicherheit, unter welchen Bedingungen sie als gemeinnützig anerkannt werden können. Entsprechend eines Urteils des BFH wurde auch Turnierbridge (zumindest nach dem Regelwerk der World Bridge Federation) als gemeinnützig eingestuft – wenn auch nicht als Sport.
Definition des Sportbegriffs
Auch der Sportbegriff wird im AEAO nun weitergehend definiert: Die Finanzverwaltung definiert diesen als „körperliche Ertüchtigung“, für die nicht nur Kraft und Stärke maßgeblich seien, sondern auch Geschicklichkeit. Sie schließt sich damit der Rechtsprechung an. Das IPSC-Schießen ist jedoch noch nicht in den AEAO aufgenommen worden, offenbar ist die jüngste BFH-Entscheidung hierzu noch zu frisch.
Nachweis der zeitnahen Mittelverwendung
Mittel von NPOs müssen innerhalb von maximal drei Kalenderjahren zu gemeinnützigen Zwecken verwendet werden. Im AEAO sind nun Vorgaben dazu enthalten, wie der entsprechende Nachweis zu erbringen ist. So sind künftig am Jahresende sämtliche in diesem Jahr zugeflossenen Mittel, die weder einer Rücklage zugeführt noch im entsprechenden Jahr verbraucht wurden, in einer Nebenrechnung zusätzlich zur Bilanz bzw. EÜR auszuweisen. Der Verbrauch der Mittel in einem späteren Kalenderjahr wird innerhalb der Mittelverwendungsrechnung gegengerechnet. Es ist jedoch natürlich nicht erforderlich, jede einzelne Spendenbuchung nachzuvollziehen und den Umlauf jedes einzelnen Geldscheins nachzuverfolgen – vielmehr kommt es auf den Saldo an.
Vermögensanfall an ausländische Körperschaften
Für den Fall der Auflösung oder des Verlusts der Gemeinnützigkeit müssen NPOs in ihrer Satzung regeln, zu welchem Zweck ihre Mittel verwendet oder an welche Körperschaft sie fließen sollen (sog. Vermögensbindungsklausel). Die Finanzverwaltung stellt nun klar, dass nicht nur inländische Organisationen benannt werden können, sondern auch in einem anderen EU-Staat ansässige juristische Personen des öffentlichen Rechts. Privatrechtliche Organisationen in der EU können damit nicht begünstigt sein – eine Einschränkung, die angesichts europarechtlicher Grundsätze unzulässig sein dürfte.
Die Änderung des AEAO bringt überwiegend Klarstellungen, wirft aber vereinzelt auch neue Fragen auf. Gemeinnützigen Organisationen ist ohnehin ein regelmäßiger Check ihrer Satzung und Geschäftsführung anzuraten, um auch zwischen den Prüfungen durch das Finanzamt stets up-to-date zu sein und mögliche Gefahren für die Gemeinnützigkeit frühzeitig zu erkennen und zu beheben.
Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) v. 31.01.2019 – BMF-Dok 2019/0078150
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Tags: Vermögensbindung