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Abschied von der bisherigen Geprägetheorie

Erwartungsgemäß verabschiedet sich die Finanzverwaltung im neuen AEAO von ihrer bisherigen Geprägetheorie. Nach dieser durfte das erwerbswirtschaftliche Handeln eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs der gemeinnützigen Einrichtung nicht das Gepräge geben. Hierzu stellten die Finanzämter insbesondere auf das betragsmäßige Verhältnis der erwerbswirtschaftlichen zu den sonstigen Einnahmen ab; daneben nahm die Verwaltung zwar auch schon bisher das „Gesamtbild“ der Körperschaft in den Blick und berücksichtigte zum Teil auch den Zeit- und Personalaufwand und das übernommene Risiko der wirtschaftlichen Tätigkeiten. An der bisherigen Unsicherheit in Bezug auf die Frage, nach welchen Kriterien ein wirtschaftliches Gepräge letztlich zu bemessen war, änderte dies aber nichts.

Die Geprägetheorie wird nun durch eine rein qualitative Bewertung ersetzt. Nach der neuen qualitativen Bewertung darf das erwerbswirtschaftliche Handeln nicht zum Haupt- oder Selbstzweck der Körperschaft erstarken, sondern darf ausschließlich dazu dienen, für die ideelle Fördertätigkeit die notwendigen Finanzmittel zu erwirtschaften. Entscheidend ist die „dienende Funktion“ des erwerbswirtschaftlichen Handelns, das auch die Vermögensverwaltung umfasst. Die qualitative Bewertung ist Ausfluss des Gebots der Ausschließlichkeit; die bisherige Geprägetheorie war noch als Teil des Gebots der Selbstlosigkeit verstanden worden.

Die Finanzverwaltung dokumentiert mit diesem Schritt, dass sie sich den tatsächlichen Gegebenheiten im Nonprofit-Sektor bewusst ist. Die betroffenen Akteure sind längst auf den erwerbswirtschaftlichen Hinzuerwerb angewiesen, um die Förderung der Allgemeinheit zu finanzieren. Zieht sich der Staat aus der Finanzierungsverantwortlichkeit zurück und überlässt das Feld den privaten, gemeinnützigen Akteuren, dann muss es diesen notgedrungen möglich sein, sich am Markt zu finanzieren. Solange die erworbenen Mittel für den Gemeinzweck eingesetzt werden und die wirtschaftliche Tätigkeit nicht zum Selbstzweck der Körperschaft wird, ist das wirtschaftliche Handeln gemeinnütziger Akteure nichts Schädliches. Die neuen Regelungen im AEAO machen diesen Perspektivwechsel deutlich. Inwieweit sich die Prüfung des Umfangs der wirtschaftlichen Betätigung künftig von der bisherigen Prüfung unterscheiden wird, bleibt aber abzuwarten. Es ist zu vermuten, dass für die Frage, ob die wirtschaftliche Tätigkeit noch dienende Funktion hat oder bereits darüber hinausgeht, die gleichen Kriterien (Einnahmenverhältnis, Zeit-, Personalaufwand, Risiko, s.o.) von Bedeutung sind, die regelmäßig auch schon bislang zur Abgrenzung herangezogen wurden.

Hinweis: Bei entsprechender Unterordnung ist mit der neuen Verwaltungsauffassung auch eine Finanzverfassung für gemeinnützige Organisationen möglich, die sich ausschließlich aus Vermögensverwaltung und wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb finanziert und keinerlei ideelle Einnahmen (z.B. aus Zweckbetrieben) vorweisen kann. Insbesondere für Stiftungen ist dies von Bedeutung. Andererseits müssten bei konsequenter Anwendung der neuen Regelungen z.B. Vereine mit umfangreichen Profiabteilungen um ihren Gemeinnützigkeitsstatus bangen. Das Einnahmenverhältnis, der Zeiteinsatz und Personalaufwand und auch das erhebliche wirtschaftliche Risiko lassen in aller Regel auf eine rein wirtschaftliche Zweckrichtung schließen; der Profibereich wird meist nicht einmal seiner notwendigen Finanzierungsfunktion gerecht, da erwirtschaftete Überschüsse ganz oder ganz überwiegend in das Profigeschäft, insb. in den Profikader, investiert werden.

Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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