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Stipendien (nicht) steuerfrei?

Stipendien von Stiftungen sind für den Bezieher häufig steuerfrei. Der Teufel steckt allerdings im Detail. Für die Befreiung kommt es auf die richtige Vertragsgestaltung, die Vergaberichtlinien und darauf an, dass es sich bei der das Stipendium gewährenden gemeinnützigen Körperschaft nicht um eine unselbstständige Stiftung handelt. So sieht es jedenfalls das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz.

Stipendium als Betriebseinnahme

Der Grat zwischen steuerfreien und steuerpflichtigen Stipendien ist schmal. Wie schmal, musste ein Historiker, der auch als Journalist arbeitet, kürzlich schmerzlich erfahren. Er erhielt von zwei Stiftungen Schenkungen zur Förderung seiner wissenschaftlichen Studien. Diese Zuwendungen verbuchte der Historiker nicht als Betriebseinnahmen, da er der Ansicht war, dass die Schenkungen nicht betriebsbezogen waren und im Übrigen die Steuerbefreiungen des § 3 Nr. 11 und Nr. 44 EStG gelten würden. Das FG Rheinland-Pfalz sah es freilich anders. Das Gericht stellte zunächst fest, dass sich aus den Verträgen und dem Schriftwechsel mit der Stiftung ergab, dass es sich bei den Zuwendungen um Betriebseinnahmen handelte. Sie wiesen nämlich einen wirtschaftlichen Bezug zum Betrieb des Steuerpflichtigen auf. Es handele sich also gerade nicht um private (nicht steuerbare) Zuwendungen, die das Lebenswerk, das Gesamtschaffen und die Grundhaltung des Zuwendungsempfängers oder dessen Vorbildfunktion würdigten.

Vergaberichtlinien der Stiftung zwingend für Steuerbefreiung

Auf § 3 Nr. 44 EStG konnte sich der Historiker nicht berufen. Zwar gewährt diese Vorschrift Steuerfreiheit von Stipendien, die u.a. eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung oder Fortbildung gewährt. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist allerdings, dass die Stipendien einen für die Erfüllung der Forschungsaufgabe oder für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag nicht übersteigen und der Geber diese nach seinen eigens erlassenen Richtlinien vergibt. Ferner darf der Empfänger im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet sein. Die Anwendung dieser Steuerbefreiung zu Gunsten des Historikers schied schon deshalb aus, weil die Stiftung nicht nur nicht ausreichende Vergaberichtlinien hatte, sondern gar keine.

Verpflichtung zu wissenschaftlicher Gegenleistung

Obgleich es darauf nicht mehr ankam, äußerte sich das Gericht auch noch zu der Frage, ob der Historiker zu einer bestimmten wissenschaftlichen Gegenleistung verpflichtet war, was zusätzlich die Steuerbefreiung ausgeschlossen hätte. Bemerkenswerterweise stellte das Gericht insoweit allerdings fest, dass zwar eine konkrete und sehr eng gefasste Verpflichtung des Historikers vertraglich vereinbart war, dieser jedoch den Vertrag selbst aufgesetzt hatte und sich selbst so eng gebunden habe. Dies sei unschädlich; auf diese Weise hätten die beiden Vertragsparteien keine bestimmte wissenschaftliche Gegenleistung i.S.d. § 3 Nr. 44 EStG vereinbart.

Steuerfreiheit nur bei unmittelbarer Förderung der Wissenschaft

Auch § 3 Nr. 11 EStG kam dem Historiker nicht zu Hilfe. Nach § 3 Nr. 11 EStG sind Bezüge aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung steuerfrei, die wegen Hilfsbedürftigkeit oder als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung oder Ausbildung, die Wissenschaft oder Kunst unmittelbar zu fördern. Von der Befreiungsvorschrift konnte der Historiker deswegen nicht profitieren, da er die Zuwendungen nicht unmittelbar für die Förderung der Wissenschaft einsetzte, sondern zu seiner allgemeinen Lebenshaltung, so das FG Rheinland-Pfalz.

Keine öffentlich-rechtliche Stiftung…

Das Gericht beschäftigte sich außerdem mit der Frage, wann eine öffentlichen Stiftung i.S.d. § 3 Nr. 11 EStG vorliegt. Zunächst stellte das FG Rheinland-Pfalz fest, dass eine öffentliche Stiftung nicht dasselbe ist wie eine öffentlich-rechtliche Stiftung. Eine öffentliche Stiftung könne auch eine privatrechtliche Stiftung sein, die einen der Allgemeinheit dienenden Zweck verfolgt.

… und keine unselbstständige Stiftung

Allerdings, so das FG Rheinland-Pfalz, falle unter den Begriff der öffentlichen Stiftung nicht die unselbstständige Stiftung, da sie der staatlichen Stiftungsaufsicht nicht unterliege. Nur durch eine behördliche Kontrolle, die bei einer unselbstständigen Stiftung nicht gegeben sei, könne eine missbräuchliche Ausnutzung der Steuerfreiheit verhindert werden. Für die Zuwendungsempfänger einer unselbstständigen Stiftung kommt die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 11 EStG nach Auffassung des FG Rheinland-Pfalz daher von vornherein nicht in Betracht.

Steuern vermeiden durch kluge Vertragsgestaltung

Das Urteil des FG Rheinland-Pfalz zeigt deutlich, dass sich durch eine kluge Vertragsgestaltung Steuern vermeiden lassen. Kommt es der Stiftung nämlich nicht primär auf die Förderung eines bestimmten Projektes des Beschenkten an, sondern auf die Förderung seiner Person, und wird dies entsprechend vertraglich festgehalten, handelt es sich bei den Stipendienzahlungen nicht um Betriebseinnahmen.

Das Urteil zeigt ferner, dass sich der Erlass von Vergaberichtlinien für Stipendien lohnen kann. Etwas merkwürdig mutet hingegen die Argumentation des Gerichts an, dass eine relevante Gegenleistung nicht vorliegen soll, wenn der Geförderte den Vertrag selbst aufsetzt und sich selbst zu einer bestimmten Leistung verpflichtet. Die Vorschriften der §§ 3 Nr. 11 und Nr. 44 EStG schließen nämlich die Steuerbefreiung schon dann aus, wenn der Geförderte eine bestimmte wissenschaftliche Gegenleistung schuldet. Sie differenzieren gerade nicht danach, von wem der Impuls dazu ausging. Wenn sich die Auffassung des FG Rheinland-Pfalz durchsetzen sollte, würde das zu Missbrauch geradezu einladen: Stiftungen könnten die Förderung faktisch von der Erbringung bestimmter Gegenleistungen abhängig machen. Solange der Geförderte mitspielt und den Vertrag selbst aufsetzt, käme er trotzdem in den Genuss der Steuerbefreiung.

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FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.12.2014, Az. 3 K 2197/11

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Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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