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Ferien- und Bildungsstätte ist kein Zweckbetrieb

Erbringt ein Verein mit einem sog. Familienhotel sowohl gemeinnützige Leistungen gegenüber bedürftigen Personen (z.B. behinderte und/oder sozial schwache Menschen) als auch Leistungen gegenüber Dritten („Normalverdiener“), hat er den Nachweis zu erbringen, welche Einnahmen aus welchen Leistungen resultieren. Eine Schätzung ist insoweit nicht zulässig. Kann er diesen Nachweis nicht erbringen, ist der gesamte Betrieb ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.

Kein Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege

Eine als Verein betriebene Ferien- und Bildungsstätte, die wie ein Hotel geführt wird, ist kein Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege nach § 66 AO, wenn der Steuerpflichtige nicht belegen kann, dass wenigstens 2/3 seiner Leistungen gegenüber den in § 53 Abgabenordnung (AO) genannten Personen erbracht werden. Im vorliegenden Fall gelang dem Verein dieser Nachweis nicht. Eine Schätzung ließ der BFH nicht zu, da der Verein hierdurch belohnt werde, obwohl es an ihm gewesen sei, geeignete Aufzeichnungen zu tätigen und vorzulegen.

Kein Zweckbetrieb nach § 68 und § 65 AO

Auch nach anderen Vorschriften war der Hotelbetrieb nach Auffassung des BFH nicht als Zweckbetrieb anzuerkennen – weder nach § 68 AO (insbesondere § 68 Nr. 1 Buchst. a AO, § 68 Nr. 1 Buchst. b AO und § 68 Nr. 3 AO) noch nach der allgemeinen Regel des § 65 AO. Die letztgenannte Vorschrift verlangt, dass ein Betrieb in seiner Gesamtrichtung den satzungsmäßigen gemeinnützigen Zwecken dienen muss, um Zweckbetrieb zu sein. Der BFH sah diese Voraussetzung nicht als erfüllt an. Denn es war nicht erkennbar, dass der Betrieb des Hotels in seiner Gesamtrichtung dazu diente, die steuerbegünstigten Zwecke des Vereins (die Unterstützung hilfsbedürftiger Personen [Familien sind per se nicht hilfsbedürftig], die Förderung der Jugendhilfe und die Förderung von Ehe und Familie [Angebote der Familienfreizeit und -erholung fallen nicht hierunter]) zu fördern.

10%-Grenze nicht berücksichtigt

Die von der Vorinstanz noch ins Feld geführte sog. 10%-Grenze, wonach die Qualifizierung als Zweckbetrieb dann nicht scheitert, wenn die Leistungen des Betriebs gegenüber nicht Begünstigten nicht mehr als 10% aller Tätigkeiten ausmachen, erwähnt der BFH übrigens mit keinem Wort. Die Grenze hätte vorliegend, da eindeutig überschritten, wohl auch keine Rolle gespielt. Interessant ist das Schweigen gleichwohl, da sich der BFH damit ganz auf der Linie seines kürzlich (wenn auch zu umsatzsteuerlichen Fragen) ergangenen Urteils vom 10.08.2016, Az. V R 11/15 bewegt. In diesem Urteil hatte der BFH die 10%-Grenze aus europarechtlichen Gründen ausdrücklich abgelehnt.

Für den betroffenen Verein ist die Angelegenheit gleich doppelt unglücklich gelaufen: Nicht nur ist das Ergebnis des Urteils für ihn nachteilig. Schon die Tatsache, dass es überhaupt zum Rechtsstreit kam, ist ärgerlich und geht darauf zurück, dass der Verein seinen Sitz verlegt hatte und dadurch in den örtlichen Zuständigkeitsbereich eines anderen Finanzamtes geriet, dessen Prüfer offenbar etwas genauer hinschauten.

Unsere erfahrenen Anwälte beraten Sie gerne umfassend zur Abgrenzung zwischen einem Zweckbetrieb und einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.

BFH, Urteil vom 21.09.2016, Az. V R 50/15

Weiterlesen:
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Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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